Mülheim. Die brutale Schlägerei vor der Diskothek “Ballermann 6“, geschehen Weihnachten 2009, ist noch längst nicht aufgeklärt. Der Prozess wird fortgesetzt, weil ein Zeuge nicht erschien und weiterhin viel Unklarheit herrscht.
Die brutale Schlägerei in der Diskothek "Ballermann 6", geschehen Weihnachten 2009, ist noch längst nicht aufgeklärt. Der Prozess wird fortgesetzt, weil ein Zeuge nicht erschien und weiterhin viel Unklarheit herrscht.
Vier Verhandlungstermine waren bereits angesetzt, dreimal gingen alle unverrichteter Dinge nach Hause. Auch am Freitag, dem fünften Termin, war nach zehn Minuten wieder Schluss im Mülheimer Amtsgericht, weil ein Zeuge nicht kam: Der Prozess zur Schlägerei an der Sandstraße, bei der in der Nacht zum ersten Weihnachtstag 2009 drei Jugendliche aus Oberhausen verletzt wurden, zeigt, wie schwer und langwierig es sein kann, zu einem gerechten Urteil zu kommen.
Es ist ein Aussagen-Marathon: Die drei Mülheimer Angeklagten wurden bereits angehört, ebenso fünf Oberhausener Zeugen, die an der Schlägerei beteiligt waren oder sie sahen. Gestern wurde zudem ein Stiefvater befragt, der 1000 € für Hinweise auf die Täter ausgelobt hatte. Ein wichtiger Belastungszeuge fehlte jedoch zum zweiten Mal unentschuldigt. Er sorgte abermals für eine Verschiebung und soll nun im Februar befragt werden, wie auch weitere Be- und Entlastungszeuginnen und Polizisten, die die Ermittlung leiteten.
Angeklagte beteuern ihre Unschuld
All dies soll helfen, den Tathergang zu konstruieren. Denn, erläutert der Vorsitzende Richter Bernd Fronhoffs, eines gelte grundsätzlich: „Wir müssen konkrete Tatbestände einzelnen Tätern zuordnen.“ Wenn man nicht genau weiß, der hat den getreten, kann man ihn nicht für diesen Tritt verurteilen. Gerade bei Schlägereien – „Rudelbildung“ nennt es Fronhoffs – sei das oftmals nicht leicht.
Noch schwieriger wird es, wenn sich Befragte widersprechen, wie sie es in diesem Fall tun: Die drei Mülheimer Angeklagten beteuern allesamt ihre Unschuld, erzählen dabei aber leicht unterschiedliche Varianten der Geschehnisse.
Die jugendlichen Zeugen aus Oberhausen erinnern sich derweil gar nicht mehr oder widersprechen sich bei ihrer Befragung vor Gericht gegenseitig und teils auch eigenen, bei der polizeilichen Vernehmung gemachten Aussagen. Die meisten erkennen zudem die drei jungen Männer nicht als Täter wieder, die sie als „südländisch“ beschrieben haben und die nun nicht so richtig danach aussehen.
Alkohol spielt eine Rolle bei den allgemeinen Gedächtnislücken, denn nach Stunden in der Diskothek „Ballermann 6“ waren weder Angeklagte noch Opfer nüchtern. Die Zeit, die seit jenem Abend vergangen ist, tut ihr Übriges. Inzwischen, so stellte sich beim gestrigen Termin heraus, feierten die Angeklagten auch Weihnachten 2010 im Ballermann.
Wahrheit braucht manchmal Zeit
Doch trotz der langen Prozessdauer und stetig verschobener Termine verteidigt Fronhoffs das Vorgehen – auch vor inzwischen zickenden Zeuginnen, die sich über stetige Vorladungen mokieren. „Es macht einfach Sinn, die nächsten Zeugen gemeinsam zu befragen, und da muss man sich die Zeit nehmen.“ Es gehe schließlich um Menschen, die ihre Unschuld beteuern, um drei junge Männer in der Ausbildung und deren Zukunft. Die Wahrheit braucht manchmal eben Zeit.
Stiefvater versprach 1000 € Belohnung
Nicht direkt in den Tathergang involviert war der Stiefvater eines der Jugendlichen, die bei der Schlägerei verletzt wurden. Der Arzt aus Oberhausen wurde aber dennoch befragt, weil er 1000 € Belohnung für Hinweise auf die Täter auslobte. Ziel dessen, so der 50-Jährige vor Gericht, sei eine rechtskräftige Verurteilung gewesen. Angehört wurde er, weil die ausgesetzte Geldsumme Zeugen zu einer Falschaussage gebracht haben könnte. Er habe aber keine brauchbaren Hinweise erhalten; bezahlt habe er auch nicht.