Der Weg zur Wahrheit führt über den Tathergang. Doch herauszufinden, was am Morgen des 25. Dezember 2009 an der Sandstraße nahe der Discomeile passierte, gestaltete sich am Mittwoch am Amtsgericht schwierig.

Wie Frage war, wie kam es dazu, dass drei Oberhausener Jugendliche blutend und verletzt ins Krankenhaus eingeliefert wurden. Die Angeklagten wollen selbst verprügelt worden sein; die meisten der angehörten Zeugen erkennen die Beschuldigten nicht wieder und ständig tauchen neue Widersprüche auf.

Nur in einem sind sich an diesem Mittwochmorgen im Saal 118 alle einig: „Es ist ja schon ein Jahr her.“ Die drei Beschuldigten auf der Anklagebank sagen dies mehrfach und auch die gehörten fünf Zeugen begründen Gedächtnislücken so.

Grundsätzlich stehen sich aber zwei sehr verschiedene Geschichten gegenüber: Die drei beschuldigten Mülheimer geben an, sie seien gegen 4 Uhr nachts an der Sandstraße von „Sturzbetrunkenen“ beleidigt und provoziert worden. Sich darauf nah an einen der zwei Kontrahenten gestellt zu haben, gibt einer zu. Er habe den anderen „am Kopf weggeschubst“, sein Freund nennt es eine Ohrfeige. Dann hätten sich andere eingemischt. Er will zweimal zu Fall gebracht und mit Tritten traktiert worden sein. Sein Kumpel habe seinem Freund helfen wollen, sei selbst angegriffen worden. Der dritte Angeklagte will später dazugekommen sein und andere von seinen Freunden gezogen haben. Gemeinsam sei man geflüchtet. Von fünf, sechs Angreifern reden die jungen Angeklagten – doch die Jugendlichen, die an diesem Morgen gegen sie aussagen, sollen es nicht gewesen sein. Durch seinen Anwalt lässt einer mitteilen: „Er hat diese Leute noch nie gesehen.“

Das scheint teils auf Gegenseitigkeit zu beruhen, denn auch die meisten Zeugen erkennen die Drei nicht wieder. Nur einer bestätigt vor Gericht: „Ja, die waren da.“ Der Polizei sagte er kurz nach der Tat jedoch, er könne sie nicht identifizieren. Bei seinen Freunden ist es meist eher umgekehrt: Einige von ihnen wollen bei polizeilichen Vernehmungen die Täter auf Fotos erkannt haben, so kam es zur Anklage. Vor Gericht bleibt das Erkennen aber aus.

Mit der Zeit begründen sie das mit dem Tumult bei der Schlägerei. Auch Alkohol hat wohl eine Rolle gespielt. Besonders die Jungen, die schwerer verletzt wurden, erinnern sich nur bruchstückhaft. Von einem Täter, der auf einem der Opfer saß und auf ihn einschlug, berichten sie alle. Von ihrem Freund, dem Schläge den Kiefer zertrümmerten, von viel Blut und Chaos. Anderes blieb nicht so im Gedächtnis. Teils patzig reagieren die Jugendlichen auf Fragen der Anwälte: „Ich bitte Sie, wie soll ich das noch wissen?!“ Unsicherheit herrscht auch bei der Zahl der Angreifer. Die meisten sprechen von vier oder mehr, berichten von anderen, die später hinzukamen und wohl auch nichts mit den Angeklagten zu tun hatten. Der Weg zur Wahrheit ist noch weit.