Mülheim. .
Bernhard Haake ist 75 Jahre alt. Er setzt sich im Ruhestand für die Kultur in Mülheim ein, ist unter anderem Sprecher der örtlichen Kulturfördervereine und seit elf Jahren Vorsitzender des "Freundeskreis der Stadtbücherei".
Menschen, die sich in ihrer Freizeit für die Kultur engagieren, tun das meist nicht laut. Dass Kultur ein wichtiges Lebensmittel ist, notwendige Nahrung für Geist und Seele, ist für sie selbstverständlich.
Doch als die Sparvorschläge der Stadtverwaltung das kulturelle Leben in Mülheim auszuhungern drohten, meldeten sich die acht Kulturförderverein-Fördervereine der Stadt zu Wort. Und sprachen mit einer Stimme: der von Bernhard Haake.
Freundeskreis der Stadtbücherei
Haake ist 75, ein Mann der eher leisen Töne, aber mit Nachdruck, wenn es um die Sache geht. Der studierte Betriebswirt kann mit Zahlen umgehen. Aber auch mit Menschen, was man können muss, wenn man in leitender Position im Personal- und Verwaltungsbereich tätig war. Erst seitdem er im Ruhestand ist, keine zwölfstündigen Arbeitstage mehr hat, kann er sich der Kultur widmen, der sein Herz gehört. Seit elf Jahren steht er dem „Freundeskreis der Stadtbücherei“ vor. Ein Verein, der nicht nur die Bibliothek mit wertvollen Buchspenden unterstützt, die sich das Haus aus dem Etat kaum leisten kann. Auch die „Schmökerstube“ in der Wallstraße 7, jenes ehrenamtliche Buch-Antiquariat, das gespendete Bücher verkauft (oder an die Bücherei weitergibt), geht auf die Initiative des Freundeskreises zurück.
„Ich habe das gesamte Interesse der Kultur beschädigt gesehen“
Wer sich wie Haake täglich bemüht, Geld für die Bibliothek aufzutreiben, konnte die Sparvorschläge nur als Missachtung der eigenen Arbeit empfinden. 800 000 Euro sollte bei den Stadtbüchereien eingespart werden. Den Förderern anderer Kultursparten ging’s kaum besser: Der Rotstift drohte Kunstmuseum, Tersteegenhaus, VHS-Angeboten, Musikschule, Sinfonie- und Kammerkonzerten. „Dass man das alles weggeben wollte, das war zu viel.“ Es wurde Bernhard Haake zu viel. „Ich habe das gesamte Interesse der Kultur beschädigt gesehen.“
Kulturförderer sind Individualisten, eigentlich, es gibt keinen Dachverband wie etwa beim Stadtsportbund, keinen Lobbyverein, erklärt Haake. Doch er erinnerte sich noch an das Bürgerbegehren, das der Freundeskreis der Stadtbücherei vor zehn Jahren angeschoben hatte, um zwei Stadtteilbibliotheken zu retten.
Kultur spricht mit einer Stimme
Alle Kulturfördervereine zusammen haben 2500 engagierte Mitglieder, rechnete er sich aus. Und er konnte die anderen Vereine rasch überzeugen. So wurde es möglich, dass die „Interessengemeinschaft der Mülheimer Kulturfördervereine“ der Oberbürgermeisterin wenig später 12 000 Unterschriften gegen das kulturelle Streichkonzert (in einem „Kulturbeutel“) überreichen konnte. „Das hat es ja noch nie gegeben, dass die Kultur mit einer Stimme spricht“, sagt Haake.
Er warb im Mai im Kulturausschuss für eine „faire anteilige Einsparquote“, und dafür, dass die Kulturpolitiker keine Einzelmaßnahmen diskutieren, sondern eine Sparsumme zusammenschnüren sollten.
„Wir müssen es hinnehmen, wie es ist“
Im Sommer wurde ein Betriebssicherungskonzept zur Erhaltung der Kultur auf den Weg gebracht, erarbeitet vom Kulturbetrieb, akzeptiert bei den Kulturfördervereinen. Das Ende ist bekannt: Der Rat stimmte dem Konzept im Rahmen des Doppelhaushalts zu. Auch wenn der Anteil der Kultur am Sparhaushalt von 2,4 auf 3,4% stieg, wie Haake ausrechnete. Weil doch der Kultur-Sparanteil von 1,25 Mio Euro bei einem Sparpaket von 37 Mio Euro Gesamtvolumen prozentual mehr ins Gewicht fällt als bei den ursprünglich angenommenen 52 Mio €. Das trübt die Stimmung, auch wenn im Sinne der Kulturleute entschieden wurde. „Wir müssen es hinnehmen, wie es ist.“
Der Bücherbus, schätzt Haake, werde wohl nicht zu halten sein. Es gäbe dann eine Möglichkeit weniger, Bücher zu den Bürgern zu bringen. „Bücher sind“, sagt Bernhard Haake, „das wichtigste Bildungsmittel. Und Bibliotheken sind nicht nur dazu da, den Erwachsenen Freizeitliteratur anzubieten.“ Wenn er davon berichtet, wie die Leseförderung in der Schmökerstube von den Kindern, viele darunter mit Migrationshintergrund, angenommen wird, merkt man: Hier spricht ein Überzeugungstäter. Sprecher der acht Kulturfördervereine will Bernhard Haake übrigens bleiben, „solange man mir den Auftrag dafür gibt.“