Mülheim. .

Bude, Trinkhalle, Kiosk: Es gibt viele Begriffe für die im Ruhrgebiet so typischen Lädchen, wo man oft auch sonntags noch ein Eis oder ein Bier bekommt. Das Ende der Kioske wurde schon heraufbeschworen, doch Mülheims Buden schlagen sich gut.

Horrorszenarien malten einige: Der Niedergang der Kiosk-Kultur stehe bevor, hieß es da. Etwa drohten Supermärkte, die bis 22 Uhr oder gar länger geöffnet hätten, oder Tankstellen. Mülheims Buden schlagen sich dennoch gut.

Tankstellen verkaufen schließlich auch Konserven, immer mehr Nichtraucher bräuchten keine Zigaretten mehr – so könne doch keine kleine Trinkhalle überleben lautete die Befürchtung. Das vermeintliche Todesurteil ist in Mülheim allerdings noch nicht angekommen: Buden-Besitzer von Broich bis Styrum zeigen sich zufrieden und selbstbewusst. Der Kiosk um die Ecke, sind sie sicher, ist kein bloßes Geschäft, sondern ein Treffpunkt mit Herz. Und die Treffpunkte der Stadt suchen sich ihre Nischen.

„Verkaufshalle“

Bei Bülent Yildirim kann man eintreten: Sein Kiosk in der Heimaterde ist eine „Verkaufshalle“. So steht es auf dem Leuchtschild über dem Eingang an der Kleiststraße, Ecke Gneisenaustraße. Drinnen erwartet den Kunden dann die klassische Buden-Optik. Süßigkeiten in Plastikboxen links, Getränke hinter Glas rechts, eine Theke dazwischen und dahinter jede Menge Tabakwaren, Getränke, Knabbereien und und und.

Nur eine Minute Fußweg trennt Yildirims Bude vom nächsten Supermarkt. Frisch renoviert ist der und, erzählt Yildirim: „Beim Umbau haben die da einen Kiosk reingebaut. Das merken wir schon ein bisschen.“ Dafür schließt die Filiale um 20 Uhr, er selbst steht bis 22.30 Uhr in seiner Verkaufshalle. Seit acht Jahren tut er dies. Seitdem ist der Kiosk auch Paketannahme. Ein Angebot, das gezielt Kunden anzieht, das ihn von Supermarkt und Tankstelle unterscheidet. Einen weiteren Vorteil einer Trinkhalle hat er zudem ausgemacht: „Hier kann man eben anhalten und eine Kleinigkeit mitnehmen.“

Keine langen Schlagen an der Kasse, dafür einen flotten Spruch – das gibt’s auch in ­Broich. Der „Nachtkiosk“ an der Duisburger Straße, Ecke Frankenallee, hat einige Discounter mit Konkurrenz-Angebot in der Nähe. „Aber dass sich deren längere Öffnungszeiten bemerkbar gemacht haben, kann ich für uns nicht sagen“, sagt Thomas Kähler. Er kann vergleichen, hat er doch mit einem Partner vor 13 Jahren die Trinkhalle übernommen. Auch dass weniger Raucher kommen, kann er nicht bestätigen. „Wir sind zufrieden“, sagt Kähler und ist sich sicher, dass sein „nettes Team“ ein Grund dafür ist.

Laufkundschaft gibt es reichlich

Viele Stammkunden habe man so, man kenne sich, man nehme sich Zeit zum Plaudern. Und so weiß Kähler gleich auf den ersten Blick durch das Verkaufsfenster, dass dieser Kunde ein Motorsport-Magazin möchte, dass der nächste gerne Matsch-Brötchen (also ein Brötchen mit Schokokuss) isst und überreicht Schokoriegel als „wohlverdiente Nervennahrung“. Bis 1 Uhr hat der Nachtkiosk geöffnet und gerade in den Abendstunden kämen gezielt Menschen zu ihm, berichtet Kähler: „Einige kommen immer aus Oberhausen und Duisburg zu uns, weil die wissen, dass wir aufhaben.“

Laufkundschaft hat auch Milena Hamidovic reichlich. Immerhin liegt ihre Bude an der Moritzstraße, Ecke Meißelstraße, direkt an der Durchfahrt zur Autobahn. Doch ihre Trinkhalle ist auch Treffpunkt für die Menschen aus dem Styrumer Viertel. Der Stehtisch unter dem Vordach beweist das. Gerade macht ein Mann dort seine morgendliche Zigarettenpause. Zucker, Kaffeesahne und Plastiklöffelchen stehen zudem vor dem Verkaufsfenster griffbereit – für die, die ihren Kaffee direkt an der Bude trinken und dort quatschen.

„Wir haben viele Stammkunden“, sagt die Inhaberin. Und auf die habe man sich mit Angebot und Öffnungszeit eingestellt: Morgens ab halb fünf steht Milena Hamidovic in ihrer Bude, um die Frühaufsteher auf dem Weg zur Arbeit mit Kaffee und Brötchen zu versorgen. Diese Öffnungszeit macht kein Discounter mit. „Abends haben wir bis 21 Uhr auf – das reicht.“