Mülheim.

Undichte Fenster, hohe Heizkosten: Zum Wohle des Klimas müssten viele Häuser energetisch saniert werden. Um die Hauseigentümer zu entlasten, will die Bundesregierung Mieter dabei stärker zur Kasse bitten. Mülheimer Experten sind da aber skeptisch.

Bewohner fürchten starke Belastungen – und auch Mülheimer Eigentümer sind mehr als skeptisch. „Unglaublich viel Ärger“ erwartet Pia Hackbeil, Geschäftsführerin der Haus & Grund GmbH, wenn die Regierung den Anteil, um den die Miete bei Sanierung auch jetzt schon steigen kann, tatsächlich noch erhöht. Momentan kann der Hauseigentümer die Miete dauerhaft um elf Prozent anheben. Schon so könne die Monatsmiete laut Geschäftsführerin um bis zu 100 Euro pro Monat steigen. „Und ich denke nicht, dass die Mieter bereit sind, noch mehr zu zahlen.“ Doch nicht nur sie fürchteten die Verdoppelung des Beteiligungssatzes, wie er bereits im Gespräch war. „Die Eigentümer sehen horrenden Leerständen entgegen, weil ihnen die Mieter weglaufen.“

Harald Bartnik, Rechtsanwalt und Geschäftsführer des Mieterschutzbundes Mülheim und Umgebung, hat auch ohne Gesetzesänderung schon genug zu tun. Denn sobald der Herbst kommt, dreht sich ein Großteil seiner Beratungen ums Thema feuchte Wände und dramatisch hohe Heizkosten. „Energetische Sanierung ist in Mülheim dringend nötig“, meint er deshalb, vielleicht ein Drittel der Gebäude entspräche heutigen Vorschriften.

„Völlig absurd“

Daher wehre sich der Mieterschutzbund auch heute nicht mehr gegen die elf Prozent Beteiligung. „Mehr wäre aber völlig absurd. Besonders für Rentner oder Hartz IV-Empfänger.“ Nach Bartniks Rechnung werde schon heute bei einer kleineren Sanierung für 10 000 Euro 91 Euro mehr an Monatsmiete fällig. „Der Vermieter hat die Kosten dann nach neun Jahren zurück. Doch viele Bewohner sind überfordert.“

Immerhin hätten sie kein Mitbestimmungsrecht, wenn sich der Eigentümer für ein klimafreundlicheres Haus entscheide – lediglich die Möglichkeit zur Sonderkündigung. „Eine weitere Mieterhöhung ist nicht durchsetzbar“, bestätigt ein privater Mülheimer Vermieter. Schon jetzt verspreche der Wohnungsmarkt kaum mehr Gewinne – oder, wie bei den Plänen der Bundesregierung, erst nach langer Zeit. Von den Politikern beschenkt sieht er sich damit nicht, die Anforderungen für Sanierungen seien hoch. Zwar könne durch kluge Sanierung bis zu einem Drittel der Energiekosten eingespart werden. „Ich glaube aber nicht, dass dies die höheren Mietkosten ausgleichen kann.“

Elf Prozent Beteiligung reichen völlig aus, meint Frank Esser, Vorstandsvorsitzender bei der Mülheimer Wohnungsbau. Im Fall der Genossenschaft sei auch dieser Anteil sehr selten – für alle Vermieter bleibe entscheidend, dass die Mieterhöhung, die möglich sei, vereinfacht werde. „Sie sollte unabhängig von der tatsächlichen Einsparung und so von vielen Widerspruchsrechten der Mieter sein.“ Denn der wahre Verbrauch sei stark personenabhängig – mit Sanierung oder ohne.