Berlin. .
Bei der Gebäudesanierung kommt Kanzlerin Angela Merkel den Hausbesitzern weiter entgegen. Sie sollen künftig einen größeren Teil der Kosten für Wärmedämmung oder neue Heizungen auf die Mieter umlegen dürfen.
Kritik vom Mieterbund, Beifall von den Hausbesitzern, Sorgenfalten bei den Einzelhändlern: Bundeskanzlerin Angela Merkel sorgt mit ihrem Vorstoß, Mieter stärker an den Kosten für klimafreundliche Gebäudesanierungen zu beteiligen, für neu Aufregung auf breiter Front. „Das ist für uns nicht nachvollziehbar und offensichtlich nicht zu Ende gedacht“, sagte der Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB), Franz-Georg Rips, am Mittwoch. Die Eigentümer-Gemeinschaft Haus & Grund sprach dagegen von einem Schritt in die richtige Richtung. Der Einzelhandelsverband HDE fürchtet dagegen Umsatzeinbußen, sollten die Wohnkosten noch stärker an den Einkommen nagen.
Merkel sprach sich in einem Interview dafür aus, dass die Vermieter die Kosten für eine energetische Gebäudesanierung stärker auf die Miete umlegen können. „Das findet natürlich nicht jeder gut, aber es ist doch verständlich, dass sich solch eine Investition in die Zukunft sowohl für den Vermieter als auch für den Mieter lohnen muss“, sagte die CDU-Vorsitzende der „Süddeutschen Zeitung“. „Der Mieter profitiert ja seinerseits auf Dauer auch, weil er viel niedrigere Energiekosten hat.“
Mieterbund empört
„Bei einer Wohnkostenbelastung von derzeit schon 30 bis 40 Prozent sollten die Bundeskanzlerin und ihr Kabinett über Entlastungen und nicht über neue und zusätzliche Belastungen für Mieter nachdenken.“, forderte DMB-Präsident Rips. Mieterhöhungen sollten deshalb auf die Ersparnisse begrenzt werden, die eine bessere Wärmedämmung oder neue Heizungen bringen. Die Vermieter könnten schon heute elf Prozent der Kosten für die energetische Gebäudesanierung auf die Jahresmiete draufschlagen. Bei Ausgaben von 20.000 Euro könne die Monatsmiete damit um 180 Euro angehoben werden. Der Mieter einer 70-Quadratmeter-Wohnung spare aber nur 80 Euro an Heizkosten ein. Die Lasten einer Modernisierung dürften nicht allein den Mietern aufgebürdet werden. „Der Vermieter gewinnt durch die Sanierung schließlich auch, denn sie sichert langfristig die Vermietbarkeit und steigert den Wert der Immobilie“, sagte DMB-Sprecher Ulrich Ropertz. Auch müsse der Staat sich stärker an den Kosten beteiligen. „Die staatliche Förderung ist unverzichtbar - aber die schraubt die Bundesregierung gerade zurück.“
Die Linkspartei äußerte die Befürchtung, dass für viele Familien Wohnraum unerschwinglich werden könnte. „Die Regierung arbeitet mit viel Energie daran, dass künftig noch mehr Menschen ihr vertrautes Obdach verlieren“, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion, Dagmar Enkelmann. Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Olaf Scholz sprach von einem Eingriff in die Lastenverteilung. Merkel gehe mit ihrem Vorstoß an den eigentlichen Problemen vorbei, zusätzliche Anreize zur Modernisierung zu schaffen.
Wohnkosten schon heute größter Kostenblock
Zuspruch erhielt die Kanzlerin vom Eigentümer-Verband Haus & Grund. „Für die meisten Vermieter ist es heute nicht wirtschaftlich, energetisch zu sanieren, weil sie auf den Kosten sitzen bleiben“, sagte ihr Sprecher Alexander Wiech. Die schon mögliche Umlage von elf Prozent der Kosten auf die Miete sei zu kompliziert. Daher schreckten viele Eigentümer davor zurückschreckten. Auch Mietminderungen während der Sanierungszeit müssten wegfallen, forderte Wiech.
Der Einzelhandelsverband HDE befürchtet Geschäftseinbußen, sollten die Mietbelastungen spürbar steigen. „Mehr Geld für Wohnkosten heißt weniger Geld für den Konsum“, sagte HDE-Sprecher Kai Falk zu Reuters. „Entscheidend ist, dass die Bürger nicht überfordert werden.“ Wohnkosten sind nach Angaben des Statistischen Bundesamtes bereits heute der größte Kostenblock für die Verbraucher: Durchschnittlich 731 Euro im Monat geben sie für das Dach über dem Kopf aus. Für Wohnen, Energie und Instandhaltung gehen damit ein Drittel des Konsumbudgets drauf. (rtr)