Mülheim. .

Der Streit zwischen dem Betreiber des Fallwerks an der Weseler Straße und den Nachbarn währt schon lange. Hauptsächlich geht es um Lärm. Nun mutmaßen die Anwohner ferner, dass auch gefährliche Abfälle zerkleinert werden.

Von Erschütterungen, die Bett und Schränke wackeln lassen, ist hier immer wieder die Rede. Von Lärm, der den eigenen Garten zur No-Go-Area macht. Der Streit zwischen dem Betreiber des Fallwerks an der Weseler Straße und den Bewohnern an der Hofacker- und Eltener Straße ist nicht neu. Seit vielen Jahren – das Werk wurde Ende der 50er Jahre gebaut – dauert er inzwischen an. Jetzt aber machen die Speldorfer Anwohner ein weiteres Fass auf: Es sollen dort auch Schrott und Abfälle mit hochbelastenden Schadstoffen zerkleinert werden, mutmaßen sie.

Horst Buchmüller, der die Metallbranche von Berufs wegen kennt, glaubt, dass auf dem Gelände „der mit Säuren belastete Abfall alter Ost-Block-Anlagen“ von den Stahlscheren und -kugeln zerbröselt wird. „Schauen Sie sich die Kennzeichen der Lieferwagen an: Moldawien, Litauen“, zählt er auf: „Was wird dort zertrümmert und was ist davon genehmigt?“ Buchmüller spricht von Gefäßen aus Gießereien, die möglicherweise mit Uransand behandelt worden seien. Sein Schreckensszenario: Beim Zerstoßen könnten diese Partikel in die Umwelt gelangen, „das wäre ein Skandal vergleichbar mit den Dioxin-Funden bei der Firma Envio in Dortmund“, so der ehemalige Thyssen-Mitarbeiter.

Ungewöhnliche Verbündete

Die angespannte Situation schafft jedoch ebenso ungewöhnliche Verbündete, denn auch der Eigentümer des Fallwerks – die Firma Paul Jost – möchte am liebsten, weg von den Querelen, an einen anderen Standort ziehen. „Es hätte ihn auch beinahe gegeben“, sagt Jost. Bereits 2004 hatte das Unternehmen ein Gelände am Südhafen in der Nähe des Golfplatzes im Auge. „Mülheim hat dann aber von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht“ und kaufte sich das Stück Land. Eine „Maritime Meile“ sollte angeblich dort entstehen. Das Projekt wurde jedoch nicht realisiert und das Gelände 2009 wieder verkauft. Nur Jost hatte man als potenziellen Käufer wohl vergessen.

„Damals hätte man den Sack zumachen können“, klagt der Unternehmer, „aber es gibt keinerlei Rückhalt für uns in der Stadt.“ Das mache es dem Entsorger nicht leicht, der „nur vernünftig und in Ruhe seine Arbeit machen“ wolle. Zum Beispiel im Hinblick auf Investitionen: Jost würde gerne eine Mio Euro in den Standort stecken, nur was helfe es, wenn dann die Querelen immer noch nicht endeten, fragt der Eigentümer. Denn immer wieder gebe es neue Vorwürfe neben dem Lärm: „Mal sind es Luftimmissionen, dann Bodenverunreinigungen – wir sind halt immer die Buhmänner. Wo sollen wir denn arbeiten können?“

Gutachten und Gegengutachten

Dann spare er doch lieber das Geld für ein neues Grundstück. In Aussicht stehe jedoch nichts. Auch seitens der Stadt gebe es keine Angebote, so Jost, der den Eindruck hat, diese ziehe sich aus der Sache mit dem Argument zurück, der Zankapfel Fallwerk-Gelände liege in der Zuständigkeit der Bezirksregierung.

Tatsächlich gilt dieses „Zaunprinzip“, wie der Pressesprecher der Stadt, Volker Wiebels, es nennt, im Bezug auf die Emissionswerte. Die Bezirksregierung muss diese prüfen und ebenso, ob diese eine Gefahr für das Trinkwasser darstellen, in dessen Schutzgebiet das Fallwerk liegt. Bekannt ist dies schon seit rund zwanzig Jahren: Der Rat der Stadt beschloss deshalb schon 1992, dass das Werk verlegt werden solle.

Es geschah jedoch vor allem eines: Es wurden Gutachten erstellt und Gegengutachten, „auf 15 Seiten hat die Bezirksregierung das ganze Industriegebiet prüfen lassen“, sagt Lothar Reinhard (MBI), der damals Akteneinsicht erhielt, „nur nicht das Fallwerk-Gelände.“ Auf Anfrage der WAZ recherchiert die Bezirksregierung nun die Belastungssituation, Ergebnisse in Kürze.