Neben der Feinstaub-Belastung im Stadtgebiet rückt gemäß EU-Vorgaben mehr und mehr auch die Luftverunreinigung mit Stickstoffdioxid in den Fokus.

Mülheims Umwelt- und das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) rechnen damit, dass die von Brüssel vorgegebenen Grenzwerte überschritten werden. Wohl auch keine ausreichende Verbesserung wird es bei den Feinstaub-Immissionen geben.

Darauf deuten die vorläufigen Ergebnisse hin, die an der Messstation an der Aktienstraße aufgezeichnet worden sind. Seit dem 5. Januar wird dort, nach einer ersten Messung vor vier Jahren, erneut der Feinstaub-Eintrag in die Luft ausgewertet. An bisher 16 Tagen dieses Jahres war die zulässige Grenze von 50 Mikrogramm/m³ überschritten. 35 Überschreitungstage im Jahr sind zulässig. Möglich also, dass für 2010 wieder das gesetzliche Maß überschritten sein wird.

Im Jahr 2006 hatte es 60 Tage mit überhöhten Werten gegeben. Reagiert wurde mit einem Durchfahrtverbot für Lkw – zunächst für solche mit einem Gewicht ab 3,5 Tonnen, später ab 2,8 Tonnen. Wird diese Maßnahme die Belastung der Straße spürbar mindern? Vermutlich kaum, zu stark sind die Belastungen, die aus dem nahen und ferneren Umfeld herangeweht kommen. Freilich will sich Gabriele Wegner, stellvertretende Leiterin im Umweltamt, da noch nicht festlegen. Im Frühling nächsten Jahres will das Lanuv die Daten für 2010 ausgewertet haben. Bis Mitte 2011 sind die Feinstaub-Werte zwingend einzuhalten.

Zum Stickstoffdioxid: Erlaubt ist ein Jahresmittelwert von 40 Mikrogramm/m³. Im letzten Jahr sei an der Aktienstraße unter Einsatz kleiner Passivsammler ein Wert von 52 Mikrogramm/m³ gemessen worden, so Umweltamtsmitarbeiterin Regina Schmitt. Auch Lanuv-Experte Dr. Andreas Brandt geht davon aus, dass der Grenzwert nicht einzuhalten sein wird. Man werde Mitte 2011 bei der EU-Kommission wohl beantragen müssen, bis 2015 Zeit zu haben, um die Belastung durch ein Maßnahmenbündel zu reduzieren. In Frage kämen auch schärfere Regeln für Umweltzonen, etwa mit Fahrverboten für Fahrzeuge mit roter oder gar gelber Plakette. Bis Herbst will das Lanuv einen Bericht vorlegen, wie die Luftreinhaltepläne samt Umweltzonen gewirkt haben.

Mülheims Umweltamt vertritt weiter die Ansicht, dass es einer flächendeckenden Umweltzone fürs Revier bedarf, um nicht einen Schilderwald entstehen zu lassen und Umfahrungsverkehre, die die Probleme nur verlagern, zu provozieren. Die Mülheimer Mini-Zone rund um die Steinkampstraße in Styrum treffe nicht die Belastungsschwerpunkte im Stadtgebiet, so Wegner. Das sei dem Umweltministerium bekannt.

Grundsätzlich glaubt Wegner an die Wirkung des Luftreinhalteplans, der 2008 in Kraft getreten ist. Doch sie ist einer Meinung mit dem Lanuv, dass das Maßnahmenbündel nicht die geforderte Reduzierung der Schadstoffe bringen kann. „Ich wüsste nicht, was man an der Aktienstraße noch mehr machen sollte“, sagt sie. „Wir können sie ja nicht komplett sperren.“ Es sei nun mal eine Hauptverkehrsachse, mehr als den Lkw-Verkehr könne man dort nicht fernhalten. Welche Wege soll der Verkehr sonst nehmen?

Wegner wünscht sich, dass Städte mehr finanzielle Unterstützung bekommen, um sinnvolle Maßnahmen, die bereits im Luftreinhalteplan vorgesehen seien, ergreifen zu können. Das Land schreibe den Städten viel vor, etwa die Umrüstung des Fuhrparks oder eine Attraktivierung des ÖPNV. Nur: Woher solle man das Geld dafür nehmen?