Mülheim. Schrank kaputt, Lampen sind auszuwechseln oder Bilder aufzuhängen? Wer das nicht mehr selbst hinbekommt, kann in Mülheim Hilfe finden.
Jan Berkenhaus ist schon ganz aufgeregt. Der 39-Jährige wartet bereits auf dem Balkongang vor seiner Wohnung. Dort müssen mehrere Lampen ausgewechselt werden. Doch aufgrund einer Sehbehinderung ist der Winkhausener dazu selbst nicht in der Lage, und seine Familie lebt in Köln und kann nicht spontan vorbeikommen. Gut, dass es in Mülheim das Heinzelwerk gibt.
Die ehrenamtliche Initiative hat sich vor 15 Jahren gegründet. Unter dem Dach des Diakonischen Werks und in Kooperation mit dem Centrum für bürgerschaftliches Engagement (CBE) übernehmen 18 Männer und zwei Frauen kleine handwerkliche Arbeiten, für die keine Fachfirma ausrückt.
Wem die Mülheimer Heinzelwerker unter die Arme greifen
Damit unterstützen sie Menschen, die sich entweder keinen Profi leisten können oder aufgrund ihrer körperlichen Verfassung oder Lebenssituation nicht in der Lage sind, solche Arbeiten selbst durchzuführen. Dazu gehören mittlerweile längst nicht mehr nur Seniorinnen und Senioren, sondern immer mehr Personen aus dem sozialbedürftigen Milieu wie Menschen mit Handicap.
„Aber auch immer mehr Migranten, die eine Wohnung zugewiesen bekommen, die dann eingerichtet werden muss“, erklärt Detlev Berghof, der am Mittwoch gemeinsam mit Achim Laib im Einsatz ist. Ausgestattet mit allerhand Werkzeug fackeln die beiden Rentner nicht lange und packen sofort die bereitliegenden Lampen aus. Schon nach wenigen Minuten steht Berghof auf der Leiter.
Was zu den klassischen Aufgaben gehört – und was nicht
Bilder aufhängen, Scharniere am Schrank erneuern, Schiebetüren am Kleiderschrank reparieren, Stuhlbeine wieder anleimen, klemmende Türklinken, kaputte Schubladen, ein verstopfter Siphon – all das gehört zu den typischen Aufgaben, wegen derer die Heinzelwerker im Schnitt ein- bis zweimal pro Woche unterwegs sind. Mittlerweile zählen auch das Einstellen der Fernsehprogramme, das Einrichten des Online-Bankings oder sonstige Hilfen am PC dazu.
Umfangreichere Gas- oder Wasserinstallationen lehnen die ehrenamtlichen Helfer aber ebenso ab wie Malerarbeiten. „Wir wollen dem örtlichen Handwerk keine Aufträge wegnehmen“, betont Detlev Berghof. Im Zweifelsfall werden die Klienten an Fachfirmen vermittelt.
Mülheimer Heinzelwerker: „Dafür kommt ja kein Elektriker raus“
Jan Berkenhaus, der im Fliedner-Werk arbeitet, hat sich seine neuen Lampen eigens im Baumarkt ausgesucht. Extra helle LED-Leuchten, damit er künftig besser in seiner Wohnung sehen kann. „Dafür würde ja kein Elektriker rauskommen, erst recht nicht, wenn es nicht die eigenen Lampen sind. Das kenne ich ja selbst aus meinem Beruf“, sagt der frühere Fliesenlegermeister Laib.
Nur etwa die Hälfte der Heinzelwerker hat einen beruflichen Hintergrund im handwerklichen Bereich. Wie etwa Gründer Erich Reichertz, der als Elektroingenieur beispielsweise auch Elektroherde anschließen darf. Detlev Berghof dagegen war in seinem Berufsleben IT-Manager, erfreut sich aber nun an der ehrenamtlichen Arbeit. „Viele von uns suchen als Rentner noch einen Job, weil sie nicht den ganzen Tag zu Hause sitzen wollen“, sagt Achim Laib.
Ehrenamtliche wollen mit handwerklicher Arbeit etwas zurückgeben
„Unser Dank ist, wenn wir sehen, wie die Menschen sich freuen“, sagt Berghof. Und Laib ergänzt: „Im Leben hat man schon so viel Geschenke bekommen, da kann man auch mal etwas zurückgeben.“
Zwar ist das Angebot ein ehrenamtliches, in den allermeisten Fällen gibt es am Ende aber eine Spende. „Interessanterweise geben diejenigen am meisten, die eigentlich am wenigsten haben“, berichtet Berghof. Von diesen Einnahmen finanziert das Heinzelwerk neues Werkzeug wie Bohrmaschinen, Schrauber, Zangen, Dübel, Dichtmaterial oder Scharniere. Zudem bekommen die Ehrenamtlichen für die gefahrenen Kilometer eine Aufwandsentschädigung.
Mülheimer Initiative sucht Nachwuchs
Denn im vergangenen Jahr kamen bei 416 Einsätzen nicht nur 2500 Arbeitsstunden zusammen, die Heinzelwerker legten dafür auch 5.884 Kilometer innerhalb des Stadtgebiets zurück.
Wie viele Vereine oder Initiativen sucht auch das Heinzelwerk Nachwuchs. Der jüngste im 20-köpfigen Team ist 60 Jahre alt, Detlev Berghof ist mit 79 der älteste. Wer die Heinzelwerker unterstützen möchte und über handwerkliches Geschick verfügt, kann sich beim CBE unter 0208 970 68 13 melden.
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