Mülheim. Statt möglicher 80.000 Euro nutze Mülheim 2023 knapp 30.000 Euro an Fördermitteln für die Integration von Südosteuropäern. Wofür überhaupt?

Immer wieder sorgt die Einwanderung von Menschen aus Südosteuropa – vornehmlich aus Bulgarien und Rumänien – für öffentliche Debatten, politische Diskussionen und mediale Aufmerksamkeit. Erst im Juli hatte Familienministerin Josefine Paul (Grüne) den Ausbau des Förderprogramms für Kommunen mit Zuwanderung aus Südosteuropa angekündigt, um die Integration von Asylsuchenden aus Südosteuropa zu unterstützen. Auch Mülheim zählte zu den Kommunen, die erstmals mit Fördermitteln zu diesem Zwecke bedacht wurden. Von den beantragten und bewilligten 80.000 Euro sind im vergangenen Jahr aber nur rund 29.000 Euro abgerufen worden.

Bei einer Landtagssitzung Mitte Mai hatten die SPD-Angeordneten Wolfgang Jörg (Hagen) und Silvia Gosewinkel (Unna) eine Kleine Anfrage gestellt und darin vor allem die Verstetigung der Fördermittel, planmäßig soll es sie bis 2025 geben, abgefragt. 2023 gab es insgesamt 5.458.030,86 Euro für 26 Kommunen, je nach angemeldetem Bedarf. In der Antwort auf die Kleine Anfrage wurde auch offengelegt, wie viel Bedarf die 26 beteiligten Kommunen für 2023 beantragt hatten, aber auch, wie viel des Geldes tatsächlich abgerufen worden ist.

Mülheim lässt etwa zwei Drittel an Fördergeldern verstreichen

Dass Mülheim nur knapp mehr als ein Drittel der zustehenden Mittel in Anspruch genommen hat, um die Integration von Menschen aus Südosteuropa in der Stadt voranzutreiben, stößt auf Kritik. Der SPD-Landtagsabgeordnete Rodion Bakum wendet sich in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Marc Buchholz (CDU) und Stadtdirektor David Lüngen (CDU). „Wie kann ausgerechnet Mülheim an der Ruhr mehr Geld ungenutzt liegen lassen als jede andere Kommune in NRW“, prangert Bakum an. Für ihn herrsche „absolutes Unverständnis“, „zahlreiche Fragen“ blieben offen.

Stadtdirektor David Lüngen erklärt auf Nachfrage, dass er über die Vehemenz in Rodion Bakums Schreiben erstaunt sei. Für die Entwicklungen gebe es eine recht einfache Erklärung. „Wir sind erst Ende 2022 in den Kreis der antragsberechtigten Kommunen aufgenommen worden“, so Lüngen. Die Bewerbung um eine Förderung sei Anfang vergangenen Jahres erfolgt, die Zusage kam im Juni. „Wir hatten also erst Mitte des Jahres die offizielle Genehmigung und konnten ab dann auch erst richtig anfangen.“ Ab August, schildert der Stadtdirektor, habe die praktische Umsetzung begonnen. Entsprechend der Rahmenbedingungen war mit Ende der Förderperiode, also Dezember 2023, Schluss. Somit blieb aus Sicht des Stadtdirektors letztlich zu wenig Zeit, die Summe auszuschöpfen.

Stadtdirektor David Lüngen sieht in Mülheim Fortschritte in der Integration von Zugewanderten aus Südosteuropa.
Stadtdirektor David Lüngen sieht in Mülheim Fortschritte in der Integration von Zugewanderten aus Südosteuropa. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Stadt Mülheim setzt bei Südosteuropa-Integration auf drei Säulen

In einer öffentlichen Antwort an Rodion Bakum geht David Lüngen auf die Fragen des Abgeordneten ein, etwa: „Für welche Projekte wurde das abgerufene Fördergeld genutzt und mit welcher Effektstärke?“ Dazu erklärt der Stadtdirektor, dass es ein Handlungskonzept mit drei Säulen gebe: Anstellung von Bildungsmediatoren, Einrichtung eines MUT-Cafés und die Planung und Durchführung von Projekttagen. All diese Projekte seien erst der Anfang der städtischen Bemühungen, Brücken zur Roma-Gemeinde in der Stadt aufzubauen.

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„Der Fokus Ihrer Projekte auf Bildung und den Einbezug der Roma- und Sinti-Gemeinschaft ist begrüßenswert“, erklärt Rodion Bakum in einem Antwortschreiben an Lüngen und Buchholz. Die Handlungsansätze zum Förderprogramm „Teilhabe und Integration von Zugewanderten aus Südosteuropa“ sieht der Landtagsabgeordnete darin jedoch nicht erfüllt. Es mangele ihm an praktischen Hilfen für den Alltag: Etwa Sprachkurse, den Arbeitsmarkt oder die Wohnungssuche betreffend. „Nach Angaben der ‚Stabstelle Sozialplanung und Statistik‘ lebten zum 31.12.2023 in Mülheim an der Ruhr 7.769 Menschen mit einer Herkunft aus Südosteuropa (Bulgarien, Rumänien, Serbien, Montenegro, Kosovo, Albanien, Nordmazedonien, Bosnien und Herzegowina)“, so Bakum weiter. Seiner Erfahrung nach gehörte nur ein kleiner Teil der Minderheit von Sinti und Roma an.

Großstädte im Ruhrgebiet erhalten sechsstellige Summen vom Land

Für dieses Jahr ist bereits ein weiterer Förderantrag gestellt und auch schon bewilligt worden, wie David Lüngen im Gespräch mit der Redaktion berichtet. Die Höhe der beantragten Mittel liege ähnlich zum Vorjahr. Dass es für das laufende Jahr Fördermittel gibt, sei laut Rodion Bakum erfreulich. Er hakt nach: „Wie gedenken Sie, die Fördermittel des laufenden Jahres in die Integration von Menschen aus Südosteuropa in den Arbeitsmarkt, in das Gesundheitssystem sowie zum Abbau von Benachteiligungen auf dem Wohnungsmarkt einzusetzen – neben den Zielen der Bildungsförderung und Abbau von Antiromanismus?“

Im Vergleich zu Großstädten wie Essen, Duisburg und Gelsenkirchen, die übrigens allesamt 2023 einen Mittelbedarf von 350.000 Euro beantragt haben, ist die Förderung für Mülheim gering. „Dort liegt aber auch noch mal ein anderer Schwerpunkt auf der Zuwanderung aus Südosteuropa als in Mülheim“, so der Stadtdirektor. „In Mülheim sind wir noch nicht so weit wie die benachbarten Großstädte, aber wir arbeiten daran.“

Für 2024 ist Lüngen optimistisch, in Mülheim die gesamten Landesmittel für den Bereich Südosteuropa-Integration auch wirklich nutzen zu können. „Das haben wir uns zum Ziel gesetzt und wird uns sicherlich auch gelingen.“

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