Mülheim. Ein Pflegeheim verliert an Behaglichkeit, für besseren Brandschutz. Die Stadt Mülheim macht Druck. Im Haus gab es 2020 bereits ein Feuer.
Seit etwa anderthalb Jahren lebt Wolfgang Krülls Mutter im Evangelischen Wohnstift Uhlenhorst in Mülheim-Speldorf. Die 90-Jährige sei dort gut aufgehoben, sagt der Sohn. „Dort herrscht eine super Atmosphäre. Das Team ist nett, die Betreuung okay, die Räume sind großzügig und schön gestaltet. Man fühlt sich wie zu Hause.“ Die geräumigen Gemeinschaftsbereiche seien mit Möbelstücken hübsch dekoriert, die Wände mit netten Bildern.
Doch nun, nach einer behördlichen Begehung, muss in Sachen Brandschutz nachgebessert werden. Und Krüll sieht das wohnliche Ambiente des Altenheims in Gefahr. „Viele schöne Dinge sollen entfernt werden - das ist sehr schade“, findet der Mülheimer. Denn die gemütliche Atmosphäre sei einer der Gründe gewesen, warum seine Mutter in das Wohnstift gezogen sei.
Mülheimer befürchtet: Altenheim wird unpersönlich wie ein Krankenhaus
Er fürchtet, dass die Wohlfühlatmosphäre verschwindet, die dieses Pflegeheim ausmacht. Dass das Wohnstift „so unpersönlich wird wie ein Krankenhaus“ - wo es doch schwer genug sei für alte Menschen, ihr eigenes Zuhause zu verlassen. Nicht nur er, sondern auch die Mitbewohnerinnen und -bewohner seiner Mutter seien entsetzt, versichert Krüll. „Und meine Mutter schüttelt darüber auch nur den Kopf.“
Beim Leiter des Wohnstiftes Uhlenhorst, Andreas Rost, hat sich Krüll per E-Mail beschwert, er fragt: „Möchten Sie Ihre Eltern in einem steril wirkenden Seniorenheim leben lassen?“ Er bittet den Chef, die Maßnahme zu überdenken. Rost hat umgehend geantwortet: „Ich kann Ihnen mitteilen, dass Sie uns allen aus der Seele sprechen.“ Dennoch würden einzelne große Schränke und Kommoden zeitnah weggeräumt, so der Einrichtungsleiter.
Einrichtungsleiter: Maßnahmen wurden schon 2020 angeordnet
Andreas Rost schildert, auch im Gespräch mit dieser Redaktion, den Zwiespalt, in dem er sich befinde. Denn „leider“ sei er an Anordnungen der Aufsichtsbehörden gebunden, müsse im Ernstfall umfänglich haften. Bereits im Jahr 2020 hätten Mülheimer Feuerwehr und Bauordnungsamt nach einem Vor-Ort-Termin schriftlich angeordnet, dass auf allen Fluren und Wegen, die zu Rettungszwecken genutzt werden, Brandlasten beseitigt werden müssten. Bislang seien die Vorgaben jedoch nicht umgesetzt worden, so Rost, der die Leitung des Wohnstiftes Uhlenhorst vor fast genau drei Jahren übernommen hat. Seine Vorgängerin, Gudrun Gross, ging im Frühjahr 2021 in den Vorruhestand. Rost leitet damit alle drei Evangelischen Wohnstifte in Mülheim: Uhlenhorst, Raadt und Dichterviertel.
Die jüngste Brandverhütungsschau im Wohnstift Uhlenhorst erfolgte nach Angaben der Stadt Mülheim am 14. Februar 2024. Danach sei die Beseitigung baulicher, technischer und organisatorischer Brandschutzmängel angeordnet worden, erklärt Axel Booß, Leiter des Bauaufsichtsamtes.
Ordnungsgeld drohte oder teilweise Schließung des Heims
Andreas Rost ergänzt: Man habe ihn darauf hingewiesen, dass ein Ordnungsgeld drohe oder sogar die teilweise Schließung der Einrichtung, falls nichts passiert. Feuerwehr und Bauaufsichtsamt schauen nach seinem Eindruck inzwischen wesentlich genauer auf die Umsetzung von Brandschutzvorschriften. Nach folgenschweren Großbränden in Pflegeeinrichtungen und Kliniken seien die Aufsichtsbehörden sehr sensibel. Zuletzt waren Anfang März bei einem Feuer in einem Pflegeheim in Bedburg-Hau vier Menschen gestorben.
Im Wohnstift Uhlenhorst hätten die Behörden es am liebsten gesehen, „wenn die Flure steril leergeräumt und ohne die Sitzgruppen sowie Bilder oder Regale ausgestattet wären“, so der Einrichtungsleiter. Er habe sich gegen diesen Schritt „zumindest teilweise mit Erfolg gewehrt“. Möbelstücke würden auf den Fluren bleiben, damit keine Klinikatmosphäre aufkommt. Im Bereich von Brand-/Rauchschutztüren oder neben Feuerlöschern müssten jedoch einige Schränke und Kommoden weichen.
„Typisches deutsches Problem: Wenn etwas passiert, müssen alle leiden“
„Das Problem haben alle Einrichtungen“, so Andreas Rost auf Anfrage der Redaktion. Im Wohnstift Raadt seien ähnliche Maßnahmen schon erfolgt - ohne größere Beschwerden. Zum Schutz aller Bewohnerinnen und Bewohner müsse er die behördlichen Anordnungen umsetzen. Wolfgang Krüll, Sohn der 90-jährigen Dame aus dem Wohnstift, vermisst dagegen das „Augenmaß“, wittert hier ein „typisches deutsches Problem: Wenn irgendwo etwas passiert, müssen alle leiden.“
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Dagegen sieht der Leiter des Mülheimer Bauaufsichtsamtes keine erhöhte, sondern eine generelle Aufmerksamkeit, wenn es um Brandschutz in Seniorenheimen geht. „Bauaufsicht und Feuerwehr gehen immer sensibel mit Objekten um, in denen sich eine Vielzahl von Personen aufhalten, die im Brandfall auf Hilfe angewiesen sind“, erklärt Axel Booß. Die Bauaufsicht begehe Altenheime in einem Turnus von sechs Jahren auf Grundlage der gesetzlichen Vorgaben (PrüfVO), die Feuerwehr alle drei Jahre.
Jährliche Brandschutzunterweisung für Pflegekräfte ist Pflicht
Pflegeheimbetreiber seien verpflichtet, ihr Personal mindestens einmal jährlich zu unterweisen, insbesondere zur Lage und Bedienung der Feuerlöscher und Brandmeldeanlagen, zu den Betriebsvorschriften und dem Verhalten bei einem Brand. Das Bauaufsichtsamt kontrolliere die Schulungsnachweise im Zuge der regelmäßigen Begehungen.
Im Wohnstift Dichterviertel hat es tatsächlich im März 2020 schon einmal gebrannt. Das Feuer war in einem Appartement im zweiten Obergeschoss ausgebrochen. Ohne rasches Handeln der Pflegekräfte, die auch Bewohner in Sicherheit brachten, hätte es schlimm ausgehen können. Auch der Einrichtungsleiter sagt rückblickend: Der Brand habe nur „aufgrund des schnellen und besonnenen Eingreifens durch die Pflegekräfte“ eingedämmt werden können.
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