Mülheim. Ein Eigentümerveto und baurechtliche Hürden besiegeln das Ende der Kofferecke in Mülheim. Was die genauen Gründe hinter der Schließung sind.
Die Schaufenster des beliebten Mülheimer Lederwarengeschäfts „Kofferecke“ sind mit roter Schrift markiert: „Alles muss raus!“ Dies überrascht viele Mülheimer, besonders, da das Geschäft bereits seit 1956 an der Leineweberstraße ansässig ist. Auch in den sozialen Medien spekulieren Nutzer darüber, warum das Lederwarengeschäft räumt. „Eigentlich haben wir es klar ausgeschildert“, erzählt Mitarbeiterin der Kofferecke, Steffi Göttgens. „Die Filiale wird aufgeben, aber nicht, weil wir pleite sind.“ Jedoch seien die Gründe der Schließung von fragwürdiger bürokratischer Natur.
Jürgen Berensen, Geschäftsführer von Leder Berensen, zu dem auch die Kofferecke gehört, berichtet, dass das Geschäft aufgrund einer mangelhaften Fluchttür schließen muss. Vor fünf Jahren bereits sei das Gewerbeaufsichtsamt eingeschaltet worden und schloss den Laden. Das Problem damals: Ein Gitter versperrte die Fluchttür, der zugehörige Schlüssel fehlte. Obwohl das Unternehmen dafür sorgte, dass das Gitter innerhalb eines Tages aufgeflext wurde, forderte die Stadt die Schaffung eines neuen baurechtlich genehmigten Fluchtwegs.
„Dieser zweite Rettungsweg ist zwar in der Realität vorhanden, aber nicht baurechtlich gesichert. Daher mussten wir die Nutzung folgend nicht untersagen aber die korrekte formell saubere Führung des Rettungsweges einfordern“, erklärt Axel Booß, Leiter des Amtes für Bauaufsicht und Denkmalpflege. Dies erforderte die Zustimmung aller 110 involvierter Eigentümer auf der Eigentümerversammlung, da der Fluchtweg durch den Hinterhof vieler Wohneinheiten führt.
Jürgen Berensen: „Wir empfanden es fast als Schildbürgerstreich“
Einer der Eigentümer soll gegen die neue Fluchttür gestimmt haben, was dazu führte, dass der Bauantrag abgelehnt wurde. Die Gründe dafür sind nicht bekannt. Auf den abgelehnten Bauantrag folgte eine Klage inklusive Ortstermin, wie die Stadt auf Nachfrage erklärt. Vom Richter sei die Rechtsauffassung der Stadt bestätigt worden. „Ohne Zustimmung der Hofeigentümer kann der Rettungsweg über den Hof entsprechend nicht nachgewiesen werden“, sagt Booß.
Daraufhin habe der Vermieter der Kofferecke eine Einigung mit der Stadt erzielt, indem ein Schaufenster durch eine Fluchttür ausgetauscht werden sollte: „Abgestimmt war, dass diese neue Tür nicht direkt neben der bisherigen Eingangstür der Kofferecke errichtet wird, sondern möglichst weit von ihr weg. Im Ergebnis war eine Errichtung ganz links außen (neben der Hauseingangstür – in Richtung des italienischen Restaurants) erfolgt“, erklärt Booß. „Wir empfanden es fast als Schildbürgerstreich“, klagt Berensen angesichts der kleinen Fläche des Ladenlokals und des geringen Spielraums. „Diese Lösung war und ist für uns inakzeptabel.“
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Nicht nur sei ein Fluchtweg in der Nähe der Eingangstür überflüssig, er würde auch wertvollen Platz im Schaufenster und der Präsentationsfläche des Ladens einnehmen. „Daher haben wir uns entschlossen, die Filiale im Mai dieses Jahres zu schließen“, berichtet er. Auch sei unklar, wie der nächste Mieter mit diesem Problem umgehen könne.
Verkäuferin Marion Jakobs ist traurig über die Entwicklungen. „Viele Mitarbeiter, wie ich, sind schon um die 13 Jahre dabei. Aber zum Glück können wir bei Lederwaren Langhardt weitermachen“, erzählt sie. Eine weitere Filiale von Leder Berensen in der Friedrich-Ebert-Straße wird derzeit renoviert. Berensen hofft jedoch, dass spätestens nach Ostern die Kunden dort wieder begrüßt werden können. Die Neueröffnung soll in Kürze bekannt gegeben werden, aber eine „Kofferecke“ wird es in Mülheim nicht mehr geben.
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