Mülheim. Die CBE-Talentwerkstatt ist umgezogen. Sie fördert Integration und Sprache, repariert Fahrräder. Wer im Mülheimer Stadtteil davon profitiert.

2016 wurde die Talentwerkstatt des Centrums für bürgerschaftliches Engagement (CBE) in Styrum gegründet. „Als Reaktion auf die Ankunft vieler Geflüchteter in unserer Stadt“, sagt Geschäftsführer Michael Schüring. „Wir wussten, dass diese Menschen nicht in den Gemeinschaftsunterkünften bleiben, sondern in Stadtteile ziehen und dort Anlaufstellen brauchen würden.“ Im Herzen von Styrum richtete man daher einen Ort für interkulturelle Begegnung samt Fahrradwerkstatt ein. Mit Erfolg. Jetzt, sieben Jahre später, will man in neuen Räumen an der Oberhausener Straße 192 noch mal durchstarten.

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Der Umzug war notwendig geworden, weil der ursprüngliche Raum anderweitig genutzt werden sollte. Glück war es, dass das CBE gleich nebenan zwei ehemalige Ladenlokale (einst Pizzeria und Kiosk) beziehen und umbauen konnte. Ein multifunktionaler Raum samt Küche und nebenan die Fahrradwerkstatt sind entstanden. „Das war viel Arbeit für unsere Ehrenamtlichen, denen wir sehr danken“, so Schüring. Im neuen Domizil könne man verstärkt wieder Angebote zur Integration machen: Kurse oder Treffs, die gut angekommen sind, aber zwischenzeitlich nicht mehr stattfinden konnten – oder auch ganz neue Workshops. „Jeder, der Ideen hat, ist herzlich eingeladen, Vorschläge zu machen“, so das CBE-Team.

Fahrradwerkstatt in Mülheim-Styrum ist eine Erfolgsgeschichte

Die Fahrradwerkstatt ist längst eine Erfolgsgeschichte. Werner Ungerland ist ehrenamtlicher Schrauber der ersten Stunde. „Insgesamt haben wir rund 2200 gespendete Fahrräder repariert und rausgegeben“, berichtet er. In letzter Zeit seien die meisten Räder, die abgegeben würden, gut in Schuss. „Viele kaufen sich E-Bikes und wollen ihre alten Räder, die noch einwandfrei funktionieren, loswerden“, weiß Ungerland. Ziel der Initiative war es von Anfang an, Geflüchtete mit Rädern zu versorgen. Angestrebt wurde aber auch, die Angekommenen an die Talentwerkstatt zu binden, sie zum Mitwirken zu animieren, Gemeinschaft zu stiften. „Der integrative Gedanke spielt eine große Rolle“, sagt Michael Schüring.

Das Team vom CBE: Geschäftsführer Michael Schüring, Anna Maria Allegrezza und Alina Kauert (v.l.) stellen die neuen Räume der CBE-Talentwerkstatt an der Oberhausener Straße in Mülheim vor. Das CBE ist ein gemeinnütziger Verein, der das Ziel verfolgt, bürgerschaftliches Engagement zu fördern.
Das Team vom CBE: Geschäftsführer Michael Schüring, Anna Maria Allegrezza und Alina Kauert (v.l.) stellen die neuen Räume der CBE-Talentwerkstatt an der Oberhausener Straße in Mülheim vor. Das CBE ist ein gemeinnütziger Verein, der das Ziel verfolgt, bürgerschaftliches Engagement zu fördern. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

So entstand aus dem Kreis der Zuwanderer eine Schraubertruppe. „Viele Geflüchtete arbeiten seit Jahren hier mit, sehen in dem ehrenamtlichen Engagement einen Sinn, wollen auch etwas zurückgeben“, hat Ulrich Tigges, ein weiterer Ehrenamtler, beobachtet. Freundschaften seien entstanden, „wir unternehmen auch mal privat etwas. Man lernt viel voneinander“, erzählt er. Die Fahrradcrew bietet darüber hinaus immer mal wieder einen Fahrradkurs für Frauen an. Viele geflüchtete Frauen können nicht radeln, sie lernen es bei Werner Ungerland und sind oft ganz begeistert, „weil sie dadurch mobiler und unabhängiger werden“. Zum Abschluss fährt der pensionierte Lehrer mit seinen Schülerinnen durch die Stadt, zeigt ihnen schöne Radwege und andere Stadtteile. „Viele sind vorher nicht rausgekommen aus Styrum“, berichtet er.

Mehrsprachige Lesungen machen Kultur in Mülheim bunter

Esmail Vosuoghi, aus dem Iran nach Deutschland gekommen, gehört zum Team der Radwerkstatt, er beteiligt sich aber auch an anderen Aktivitäten der Talentwerkstatt. Weil er ein begeisterter Gitarrist und Sänger ist, sorgt er beispielsweise bei mehrsprachigen Lesungen für die Musik. Diese werden vom „Sprachsalon“ der Talentwerkstatt organisiert. Der findet alle 14 Tage statt und möchte „durch Sprachen Kultur vermitteln“. „Es gibt eine enorme Vielsprachigkeit unter den Geflüchteten, manche von ihnen können sogar vier und mehr Sprachen. Das sind Talente, die wir nutzen können. Über die Sprachen können wir unterschiedliche Kultur in unsere Stadtgemeinschaft bringen“, sagt Alina Kauert, die den „Sprachsalon“ leitet. Aktuell veranstaltet man mehrsprachige Lesungen für Kinder und Erwachsene. Alina Kauert hat außerdem gerade einen „Sprachsalat“-Podcast produziert, in dem sie einen geflüchteten Arzt aus Syrien interviewt.

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„Wir haben ein großes Netzwerk, kooperieren mit vielen anderen Einrichtungen im Stadtteil und möchten niederschwellige Angebote machen“, erklärt Anna Maria Allegrezza, Leiterin der Styrumer Talentwerkstatt. Man würde sich freuen, Freiwillige zu finden, die wieder eine Nähwerkstatt auf die Beine stellen, oder auch eine Kochgruppe leiten möchten. Für 2024 ins Auge gefasst hat man auch Veranstaltungen zum Themenbereich „Nachhaltigkeit“. „Wir denken an Baumpatenschaften, Müllsammelaktionen, gemeinsames Gärtnern, Wasserprojekte, Workshops im Upcycling, Repair-Cafés, Handy-Schulungen und ähnliche Aktionen“, kündigt Michael Schüring an. „Für alle diese Aktivitäten suchen wir Menschen, die Spaß daran haben, uns ehrenamtlich zu unterstützen.“

Interessierte wenden sich an die Talentwerkstatt Styrum, an Anna Maria Allegrezza (Tel. 0208 97068-25) oder Alina Kauert (Sprachsalon, Tel. 0208 9706823)

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