Mülheim. Mehr Platz und Sicherheit fürs Rad: Fotos der künftigen Kaiserstraße zeigen, wie Politik und Stadt die Auto-Alternative in Mülheim stärken wollen.

Angenehm ist es für Fahrradfahrer derzeit kaum, die Kaiserstraße hoch zu strampeln – nicht nur wegen der Steigung: Rechts parken Autos, links wird man auf zwei Autospuren nicht selten eng überholt. Bergab ist das Sicherheitsgefühl nicht besser. Doch im kommenden Jahr soll die wichtige Nord-Süd-Achse deutlich von Verbesserungen für das Fahrrad profitieren. So wollen Politik und Stadt die Alternative zum Auto verbessern.

Der künftige Straßenschnitt sieht jeweils eine Autospur vor in Richtung Innenstadt und nach Holthausen. Die heute noch vorhandenen zweiten Autospuren werden dann zu einem guten Teil dem Fahrrad gehören, aber auch Bäumen und Begrünung dienen. Wobei: Die grünen Inseln sind bislang noch Vorschläge, etwa für Ersatzpflanzungen. Denn im Zuge der veränderten Spuren müssen an anderer Stelle Bäume fallen.

Breite Radwege auf Mülheims Kaiserstraße wären auch für Lastenräder geeignet

Noch ist das Foto eine Vision: Aber so sollen Fahrradfahrer die Innenstadt ab 2024 durchgängig erreichen können. Und künftig weiter durch den Tunnel zum Radschnellweg und in den Mülheimer Norden geführt werden. 
Noch ist das Foto eine Vision: Aber so sollen Fahrradfahrer die Innenstadt ab 2024 durchgängig erreichen können. Und künftig weiter durch den Tunnel zum Radschnellweg und in den Mülheimer Norden geführt werden.  © P3 Agentur/Total Real/Peter Obenaus | Peter Obenaus

Zweieinhalb Meter breit sollen die Radspuren überwiegend werden. Das ist ausreichend, um notfalls im Wiegetritt den Berg zu bezwingen, aber auch für ein Lastenrad. Zu den parkenden Autos in den Buchten wird ein Sicherheitsabstand von 75 Zentimetern eingehalten, um das berüchtigte Dooring – die Kollision mit überraschend aufgerissenen Autotüren – zu verhindern.

Dort, wo die Straßenbreite auch unter Verzicht auf eine Autospur nichts anderes zulässt, ist die Radspur immer noch 1,85 Meter breit. Berg runter zwischen Paul-Essers-Straße und Oberstraße wird es so sein. Oder zwischen Althofstraße und Muhrenkamp, wo in beide Richtungen die Fahrradspur entlang des Fußwegs geführt wird. In diesen engeren Teilabschnitten wird der Radweg baulich etwas erhöht, damit Autos dort nicht einfach auffahren können. Auch das schafft Sicherheit.

Die vierspurige Kaiserstraße und die Haltestelle samt Kehrgleis heute: ein wenig sicherer Platz für Fahrräder.
Die vierspurige Kaiserstraße und die Haltestelle samt Kehrgleis heute: ein wenig sicherer Platz für Fahrräder. © Martin Möller / Funke Foto Services | Martin Möller

Entscheidend aber – und auch komplizierter – wird das letzte Teilstück in Richtung Innenstadt. An der Althofstraße bei der Commerzbank sind Fuß- und Radweg parallel geführt. Fahrradfahrer müssen auch in Zukunft an der Ampel warten, weil es der rechtsabbiegende Autoverkehr nicht anders zuließe. Dem Co-Vorsitzenden der grünen Fraktion, Timo Spors, schwebt vor, dass ankommende Radler zuvor per Kamera erfasst werden und dann durch eine Grünphase den Vorrang bekommen können.

Anschließend führt der Radweg über die Fläche der heutigen Haltestelle Kaiserplatz zur Kreuzung Leineweberstraße/Dickswall. Die Haltestelle der Straßenbahnlinie 112 wird an die Leineweberstraße verlegt. Das noch vorhandene Kehrgleis verschwindet, weil es nicht mehr gebraucht wird.

Noch müssen Autos um Radler herumkurven, weil das Fahrrad keine eigene Spur hat.
Noch müssen Autos um Radler herumkurven, weil das Fahrrad keine eigene Spur hat. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Doch die Kaiserstraße soll nicht nur die Innenstadt ans Radwegenetz anbinden, das in Richtung Flughafen über den Bürgerradweg an der Zeppelinstraße komplettiert werden wird. In einem späteren Bauschritt wird der Radweg weiter durch den Tunnel unterhalb des Kurt-Schumacher-Platzes geführt. Dahinter hat man dann den Anschluss an den Radschnellweg und nach Eppinghofen, Dümpten sowie Oberhausen – sprich: eine durchgehende Nord-Süd-Achse geschaffen.

Für den verkehrspolitischen Sprecher der Grünen, Axel Hercher, ist der Umbau ein längst überfälliger Lückenschluss: „Es ist die letzte Hauptverkehrsstraße in die Mülheimer Innenstadt, der ein Radweg-Anschluss fehlt.“ Verkehrspolitisch kann die Kaiserstraße dem Rad vor allem im Alltag einen Schub geben, so Hercher, der hier mit künftig mehr Fahrradfahrern rechnet, denn es zählen dabei kurze und schnelle Routen – nicht anders als beim Auto auch.

Streitpunkt Parkplätze: Manche müssen dem Rad und Grün weichen

Lange Zeit aber blieb die Planung abstrakt in Zeichnungen und Plänen, die die Verwaltung in den vergangenen drei Jahren produzierte. Das merkten der grüne Co-Fraktionsvorsitzende Spors und Hercher vor allem im Gespräch mit Bürgern. Eine Aufbruchstimmung entstand so nicht. Wie eine neue Kaiserstraße nach Abschluss der Umbaumaßnahmen aussehen wird und welche Vorteile Fahrradfahrer haben werden, vermitteln deshalb jetzt Fotomontagen, welche die Grünen dafür in Auftrag gegeben haben. Sie sind – wenig überraschend – auch die treibende Kraft hinter dieser Verkehrswende.

Bevor der Bau beginnt, müssen das Land und auch die Mülheimer Politik ihre Hausaufgaben machen: Zum einen soll NRW grünes Licht für Fördermittel geben, die angesichts zu erwartender Kosten von wenigstens 1,08 Millionen Euro dringend benötigt werden. Zum anderen muss die Politik die Eigenleistungen von etwa 315.000 Euro im Haushalt beschließen.

Knackpunkt dürfte für manchen sein, dass im Zuge der Umgestaltung mancher Parkplatz zugunsten des Rades und der Begrünung weichen muss. Spors sieht dagegen ausreichend Ersatz auf dem Parkplatz an der Althofstraße und bleibt optimistisch, dass der Umbau der Kaiserstraße im kommenden Jahr begonnen und auch fertiggestellt wird.

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