Mülheim. Dass der Radschnellweg über Speldorf hinaus immer noch nicht ausgebaut wird, ärgert Radfahrende in Mülheim. Jetzt äußert sich Straßen.NRW.

Immer wenn ein Fahrrad, Pedelec oder Roller die Zählstelle auf dem Radschnellweg kurz hinter dem Mülheimer Hauptbahnhof passiert, springt die Anzeige um eine Ziffer weiter. Im vergangenen Jahr waren es täglich im Durchschnitt fast 2000. Nun wurde eine historische Zahl erreicht, doch der Ärger über den stockenden Ausbau bleibt.

Als Ursula (77) und Jürgen Harders (79) über den RS1 in Richtung Heißen radelten, war die Zahl von drei Millionen Radfahrerinnen und Radfahrer erreicht, die seit der Eröffnung des Abschnitts zwischen Ruhr und Hochschule Ruhr-West am 15. Mai 2019 die Zählstelle auf der Hochpromenade passiert haben.

Warum der Radschnellweg für einige Mülheimerinnen und Mülheimer ein Segen ist

Für das Mülheimer Ehepaar ist der Schnellweg ein Segen. „Wir müssten sonst immer den Hingberg rauffahren“, sagt Ursula Harders. Liebend gerne würden sie auch in Richtung Duisburg auf einer ausgebauten Strecke weiterstrampeln. „Das wäre natürlich ideal, aber das werden wir wohl nicht mehr erleben“, bedauert die Heißenerin.

Gudrun Fürtges (li.) vom ADFC sowie von Ralf Bayerlein (2.v.l.) vom VCD beglückwünschen Ursula und Jürgen Harders als dreimillionste Radfahrende auf dem RS1 in Mülheim.
Gudrun Fürtges (li.) vom ADFC sowie von Ralf Bayerlein (2.v.l.) vom VCD beglückwünschen Ursula und Jürgen Harders als dreimillionste Radfahrende auf dem RS1 in Mülheim. © Marcel Dronia

Weil der RS1 nach wie vor hinter der HRW endet, nehmen die Harders bei Radtouren in Richtung Duisburg den Umweg über Styrum. „Natürlich kommt man ganz gut nach Duisburg hin, aber es ist eben schade, dass es immer noch nicht auf direktem Weg funktioniert“, sagt Ralf Bayerlein vom Verkehrsclub Deutschland (VCD).

Radverkehr in Mülheim: Weitere Nachrichten

Dabei sei der RS1 im VCD-Landesvorstand mehrfach als Vorzeigeprojekt bezeichnet worden. Eine Fachgruppe aus Stuttgart sei sogar vor Ort gewesen, um sich die Radstrecke anzuschauen. „Drei Millionen ist eine richtig große Zahl, aber wenn wir noch die Duisburger dabei hätten, dann hätten wir noch ganz andere Zahlen“, ist sich Bayerlein sicher.

„Mir ist das ein Rätsel, warum es nicht weitergeht“

„Die Planungsgrundlagen sind eigentlich alle erfüllt, mir ist das ein Rätsel, warum das nicht weitergeht“, zuckt auch Axel Hercher vom Mülheimer Kreisverband des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) mit den Schultern.

Der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen (Straßen.NRW) kann auf Nachfrage noch immer keine „belastbare Aussage zum Zeitpunkt des Baus dieses Teilabschnitts des RS1“ nennen.

Welche Belange beim Ausbau des RS1 berücksichtigt werden müssen

Das Warten geht also weiter, wenngleich Straßen.NRW verspricht, intensiv daran zu arbeiten, eine Planung aufzustellen und baulich umzusetzen. „Dafür müssen viele Belange berücksichtigt werden, unter anderem die gesetzlichen Vorgaben zum Umweltschutz, das Eigentumsrecht oder die Planungen Dritter, die Einfluss auf den RS1 haben können“, teilt die Behörde mit. Dazu sei man in engem Austausch mit den zuständigen Fachbehörden.

An der Hochschule Ruhr-West in Mülheim müssen Radfahrende weiterhin vom Radschnellweg abbiegen.
An der Hochschule Ruhr-West in Mülheim müssen Radfahrende weiterhin vom Radschnellweg abbiegen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Im Fall des Abschnitts von Speldorf in Richtung Duisburg hatte es zuletzt Bedenken wegen eines denkmalgeschützten Bereichs gegeben. Unabhängig davon könne aber auf dem Grundstück gebaut werden, hatte Roland Jansen vom Amt für Verkehrswesen und Tiefbau erst jüngst in der Bezirksvertretung verlauten lassen.

Keine klaren Aussagen vom Landesbetrieb Straßen.NRW

„In dem genannten Fall gilt es nun, die abgestimmte Lösung in die technische Planung einzuarbeiten und die sich daraus ergebenden Fragen zu lösen“, heißt es dazu seitens Straßen.NRW. Weiterhin bestehe das Ziel, „in den nächsten Jahren einen Großteil der Strecke zwischen Hamm und Moers für den Verkehr freizugeben.“

In einigen Abschnitten seien Planungen und Abstimmungen soweit fortgeschritten, so die auch in diesem Punkt vage Aussage, „dass der Start der Bauarbeiten in naher Zukunft bekannt gegeben werden kann.“

Mülheimer Radexperten: Ausbau ist innerhalb der Bevölkerung gewollt

Dass der Ausbau von der Bevölkerung gewollt ist, daran kann es in den Augen von VCD und ADFC keinen Zweifel geben. „Wenn sonst Verkehrsprojekte eröffnet werden, gibt es viele Demonstranten dagegen, bei der Eröffnung 2019 waren 2000 Leute da“, meinte ADFC-Sprecherin Gudrun Fürtges.

VCD-Mann Ralf Bayerlein bleibt bei aller Kritik auch realistisch: „Wir hatten damals Glück, dass die Bahn damals die Strecke nicht mehr brauchte. Heute würde die Bahn vielleicht sagen, dass sie das als Ausweichgleis nutzen würden, weil das heute schon wieder ganz anders aussieht.“