Mülheim. Begehrte Kunst, teure Uhren: Millionenschwere Auktionen stehen an. Viele Schätze stammen aus Mülheimer Privathäusern. Vor allem Frauen verkaufen.
Ein sonniger Nachmittag, Licht fällt warm durch bodentiefe Fenster im Auktionshaus an der Ruhr, streichelt das gepflegte Parkett und die gerahmten Kunstwerke an strahlend weißen Wänden. David Christian Wettmann, der Inhaber und Geschäftsführer, sitzt an seinem Schreibtisch im ersten Stock, von der Friedrichstraße aus einsehbar, und atmet durch. Sehr viel war hier los in der letzten Zeit. Jede Menge Arbeit wurde ihm und seinem Team beschert.
Das Auktionshaus hat in der vergangenen Woche an seinem Mülheimer Hauptsitz drei Expertentage veranstaltet, bei denen jedermann und jede Frau private Kostbarkeiten vorlegen und deren Wert von Fachleute schätzen lassen konnte. „Es war ein voller Erfolg“, fasst Wettmann zusammen. Mehr als 80 Personen hätten Termine gemacht, einige weitere um Hausbesuche der Fachleute gebeten. Von einem ist er gerade zurückgekehrt. Vor ihm auf dem Schreibtisch liegt eine dunkelrote Uhrenbox aus Leder. Sie trägt in Gold die fünfzackige Krone, das Markenzeichen von Rolex.
Mülheimer Auktionshaus versteigert Luxusuhren im Millionenwert
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Eine Mülheimer Kundin habe ihm mehrere wertvolle Uhren ihres Mannes angeboten, berichtet Wettmann, darunter eine ungewöhnliche goldene Rolex Datejust Oysterquartz aus den achtziger Jahren sowie eine sehr seltene Uhr von A. Lange & Söhne: Lange 1. Bei der nächsten Präsenzauktion für Schmuck und Luxusuhren am 2. Dezember kann sein Team aus dem Vollen schöpfen. Allein bei den Uhren betrage das Limit, also der Mindestpreis, insgesamt schon mehr als zwei Millionen Euro.
Bei der Rolex, die ihm die Dame eben übergeben hat, liege das Limit bei 9000 Euro, „das Modell von A. Lange & Söhne muss unser Uhrmacher noch bewerten“. Das Auktionshaus arbeitet mit freien Expertinnen und Beratern zusammen - auch für Orientteppiche oder Porzellan. Objekte kann man jederzeit anbieten, telefonisch, per Mail oder WhatsApp, möglichst umfassend fotografiert.
Objekte überwiegend von Kunden aus Mülheim und Umgebung
Der Geschäftsführer ermutigt alle, die den Wert privater Kunstwerke, Antiquitäten, etc. schätzen lassen möchten, sich ohne Scheu zu melden. Er möchte Hemmschwellen abbauen. Zu den drei Expertentagen in der repräsentativen Villa an der Friedrichstraße seien ganz überwiegend Privatleute aus Mülheim und den umliegenden Städten gekommen: „Unsere Hauptquelle ist das Ruhrgebiet und das Rheinland“, sagt David C. Wettmann. Etwa 55 bis 60 der angebotenen Objekte würden nun in Auktionen aufgenommen, begutachtet wurde mehr als das Zehnfache an Kostbarkeiten.
Nach fast einem Vierteljahrhundert im Geschäft kann der 48-Jährige sagen: „Dass Leute aus finanzieller Not verkaufen, kommt so gut wie nie vor.“ Aus welchen Gründen dann? Der größte Posten sei die Testamentsvollstreckung, die Versteigerung großer Vermögen, berichtet Wettmann. Auch generationenbedingt sei vieles in Bewegung: „Sammler werden älter und verkleinern sich räumlich, manche lösen ihr Haus auf und trennen sich dann von Sachen.“ Oder sie verkaufen Objekte, weil sie Neuerwerbungen planen.
Meist sind es Frauen, die Kunst verkaufen wollen
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Im Gespräch mit dem Auktionsexperten fällt häufig das Wort „Kundin“, und dies bilde auch sein alltägliches Geschäft ab, sagt Wettmann. Bei den Expertentagen seien etwa 70 Prozent der Gäste weiblich gewesen, „und auch die Kunst, die wir hier hängen haben, wurde zu zwei Dritteln von Frauen eingeliefert“. Über die Gründe könne man nur spekulieren - teilweise seien es Kundinnen, deren Männer verstorben sind.
Bei den Expertentagen habe ihn eines überrascht: „Wir sind relativ bekannt in Mülheim. Doch viele Kunden wussten gar nicht, dass man jederzeit hierhin kommen kann. Das ist unser Job.“ Das Auktionshaus bewertet und begutachtet Objekte auch für Versicherungen oder in Nachlässen: „Jährlich sehen wir etwa 30.000 Objekte.“ Die Chance, dass ein Stück tatsächlich für eine Auktion angenommen wird, beträgt etwa zehn Prozent.
Originalbild von Gerhard Richter wird versteigert - „ein Kracher“
Tatsächlich gebe es auch immer wieder „Dachbodenfunde“, so der Experte, und erzählt seine „Lieblingsanekdote“ vom Bild, das bei einer Entrümpelung in einem Hochhaus unter dem Bett hervorlugte. Ein Jawlensky, der später für 100.000 Euro an „eines der bekanntesten Königshäuser“ verkauft worden sei.
Das „absolute Highlight“ der anstehenden Kunstauktion hängt an einer Wand im gut gesicherten Mülheimer Auktionshaus. David C. Wettmann kann das Bild vom Schreibtisch aus sehen, doch um seine Bedeutung zu erfassen, benötigt man einen Kennerblick, so zierlich wirkt das Original von Gerhard Richter. Kaum größer als eine Postkarte, großzügig gerahmt. Das Echtheitsgutachten der Staatlichen Kunstsammlung Dresden hält Wettmann in den Händen, es ist just eingetroffen. Zur preislichen Untergrenze für dieses Bild müsse er sich noch mit seinem Team beraten. Klar sei schon jetzt: „Das ist ein ziemlicher Kracher.“
Eine Reihe von Präsenzauktionen veranstaltet das Auktionshaus Wettmann im Dezember in seiner Essener Dependance. So werden am 1.12. Interieur, Design & Antiquitäten versteigert (13 Uhr) , am 2.12. Alte Kunst (12 Uhr), Moderne und Zeitgenössische Kunst (13 Uhr), Luxusmode, Handtaschen & Accessoires (14.30 Uhr) sowie Schmuck & Luxusuhren (16 Uhr). Vorbesichtigungen finden Ende November teils in Mülheim, teils in Essen-Bredeney statt. Ausführliche Infos auf https://wettmann.com.