Mülheim. Diese Frage stellen sich manche Mülheimer noch heute und denken dabei vor allem an Talsperren und Stauseen. Was die Verantwortlichen dazu sagen.

Es gibt einen Spruch, den man immer wieder hört, wenn man sich in Mülheim über das Jahrhunderthochwasser vom Juli 2021 unterhält. „Da hätte man doch bestimmt was tun können“, lautet er. Daran geknüpft ist die Vorstellung, dass das Hochwasser hätte abgemildert werden können, wenn Talsperren und Stauseen anders genutzt worden wären. Auch Fred Momm, stark betroffener Anwohner aus Mintard, denkt ab uns zu darüber nach. „Man hätte früher Wasser aus den Talsperren ablassen müssen, damit sie neues Wasser aufnehmen können“, sagt er.

Für das Talsteppen-Management entlang der Ruhr ist der Ruhrverband zuständig. Dort weiß man von den Vorwürfen. „Wir haben nach dem Hochwasser 800 Anrufe in drei Tagen bekommen. Wir sind später vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss befragt worden und wir konnten belegen, dass wir die Hochwasserspitzen abgemildert haben“, sagt Britta Balt. Sie ist davon überzeugt, dass sich im Zusammenhang mit dem Hochwasser zwei Missverständnisse in der Bevölkerung halten.

Zum einen werde die Funktionsweise von den Stauseen in Baldeney und Kettwig falsch eingeschätzt. Denn diese seien im Gegensatz zu Talsperren gar nicht in der Lage, größere Wassermassen aufzunehmen. Zum anderen sei vielen die Lage der Talsperren nicht bewusst. „Wir haben ein Einzugsgebiet von 4500 Quadratkilometern. Gerade einmal 23 Prozent davon sind durch Talsperren erfasst“, sagt Britta Balt. „Das Wasser kam von überall. Die Talsperren können aber nur aufnehmen, was in ihrem Einzugsgebiet ist.“

Der Vorwurf aus Mülheim: Talsperren hätten Wasser ablassen müssen

Der Ruhrverband hat die Ereignisse an jenem Juli-Tag 2021 bis ins Detail dokumentiert und allein die nackten Zahlen sind beeindruckend. 1,2 Millionen Liter Wasser sind damals in der Sekunde am Pegel Hattingen geflossen. Berechnungen hätten ergeben, dass ohne das Fassungsvermögen der Talsperren 1,4 Millionen Liter pro Sekunde geflossen wären.

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Dennoch bleibt die Frage: Hätten die Talsperren schon vorher Wasser ablassen müssen, als es die Starkregenwarnung für NRW gab? „Wir haben Wasser abgelassen. Zunächst weniger. Dazu muss man sagen, dass wir zuvor drei extrem trockene Sommer hatten, in denen wir um jeden Liter Wasser gekämpft haben. Genügend Wasser für die Bevölkerung vorzuhalten, ist unsere Aufgabe.“ Später habe man mehr Wasser abgelassen, da seien die Pegel aber bereits gestiegen.

Mülheimer können sich über persönliches Starkregen-Risiko informieren

In Zukunft soll es mehr Starkregenereignisse in unserer Region geben. Wie können sich Städte und Bevölkerung darauf vorbereiten? In Mülheim beschäftigt sich damit die Stabsstelle Klimaschutz und Klimaanpassung. Seit dem Hochwasser habe man das gesamte Gebiet rund um den Deich in Augenschein genommen. „Unter anderem haben wir Gehölze zurückgeschnitten und entlang des Deichs überprüft, ob beispielsweise Querzäune die Abflüsse gefährden“, sagt Ulrike Marx, Leiterin der Stabsstelle.

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Daneben müssten sich auch Anwohner fragen, wie sie ihre Eigenheime schützen können, etwa durch Auframpungen. Zudem könne jeder Einzelne darauf achten, nicht zu viel Fläche zu versiegeln. Die Stabsstelle stellt inzwischen auf der Webseite der Stadt Starkregen- und Hochwasser-Gefahrenkarten zur Verfügung, in denen man sich über sein persönliches Risiko informieren kann. Aktuell wird dieses Angebot ausgeweitet, so dass man mit einem Online-Fragebogen einen ganz individuellen Risiko-Check machen kann.