Mülheim. Egal ob Notfallsanitäter oder Brandmeister – die Feuerwehr Mülheim hat ein Nachwuchsproblem. Dabei sind die Anforderungen deutlich gesunken.
Der Mülheimer Feuerwehr mangelt es an Nachwuchs, die Zahl der Bewerbungen ist deutlich gesunken. „Wir kriegen etwa nur noch halb so viele Bewerbungen, wie noch vor einigen Jahren. Eine Entwicklung, die uns durchaus Sorgen bereitet“, sagt Brandamtsrat und Feuerwehrsprecher Florian Lappe. Den negativen Trend beobachte die Behörde seit etwa zwei Jahren. Im April etwa hatte die Feuerwehr zwölf Stellen an Brandmeisteranwärter zu vergeben. „Davon haben wir nur elf mit Mühe und Not besetzt bekommen“, so Lappe. „Dabei sind die Anforderungen an die Bewerber deutlich gesunken.“
Um Feuerwehrmann oder -frau zu werden, gibt es verschiedene Möglichkeiten, es braucht aber die Ausbildung zum Brandmeisteranwärter und zum Notfallsanitäter. „In welcher Reihenfolge sie absolviert werden, ist egal“, sagt Florian Lappe. „Aktuell laufen für beide Ausbildungen bis zum 22. Juli noch die Bewerbungsfristen.“
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Mülheimer Feuerwehr macht Sporttest nach Hochschul-Vorbild
Für beide Ausbildungen verlangt die Feuerwehr das Bestehen einer Prüfung, die an den NRW-Sporttest der Sportfachhochschule in Köln angelehnt ist. Elf Stationen beziehungsweise Disziplinen gilt es für die Bewerberinnen und Bewerber zu absolvieren. Darunter 100 Meter Sprint, 3000 Meter Laufen, 200 Meter Schwimmen, Streckentauchen, Liegestütze, Wandsitzen, Beugehang sowie diverse Koordinationsübungen. „Der Test ist nicht ohne, aber mit ein wenig Vorbereitung und bei guter Fitness zu schaffen“, so Lappe. Die Anforderungen seien über die Jahre stellenweise gesunken. „Beim 3000 Meter-Lauf ist die maximale Zeit von 15 Minuten auf 17 erhöht worden, um nur mal ein Beispiel zu nennen.“
Ein weiteres Zugeständnis, das die Feuerwehr in Sachen Bewerberauswahl macht, betrifft die Anforderungen an Brandmeisteranwärter. Statt der bislang benötigten handwerklichen Ausbildung wird auch eine abgeschlossene Berufsausbildung anderer Art anerkannt. Neben der sportlichen Eignungsprüfung müssen Bewerberinnen und Bewerber hier auch einen schriftlichen Einstellungstest absolvieren. Darin werden etwa Grammatik und Rechtschreibung, Mathematik, Logik, technisches sowie physikalisches Grundverständnis, räumliche Vorstellungskraft, Konzentrationsfähigkeit, Belastbarkeit und Allgemeinwissen in Sachen Weltgeschehen, Geografie und Geschichte abgefragt.
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Feuerwehr Mülheim bildet erst seit 2022 Notfallsanitäter aus
Einer, der das erfolgreich hinter sich hat, ist Joel Kehle (25). Die anderthalbjährige Ausbildung zum Brandmeisteranwärter hat der gebürtige Bottroper in Düsseldorf absolviert. Sein Berufswunsch ganz klar: Feuerwehrmann. „Das ist einfach mein Traumjob.“
Auf der Mülheimer Wache wird er seit 2021 zum Notfallsanitäter ausgebildet. „Für die Tests muss man sich auf jeden Fall vorbereiten“, erzählt er. „Aber es ist kein Ding der Unmöglichkeit.“ Aktuell befindet sich Joel Kehle im Rettungswachenpraktikum der drei Jahre dauernden Ausbildung zum Notfallsanitäter. Das Praktikum auf der Wache macht mit 1960 Stunden den größten Teil der Ausbildung aus, gefolgt vom theoretischen und praktischen Unterricht (1920 Stunden) und 720 Stunden Krankenhauspraktikum.
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„Man verbringt viel Zeit mit den Kollegen und lernt sich wirklich gut kennen. Da entstehen auch Freundschaften“, so der 25-Jährige. Gerade bei langen Schichten komme man unvermeidlich ins Gespräch, bei allem Stress, der zwischendurch auch mal aufkommen mag. Im Schnitt rückt ein Krankenwagen auf der Mülheimer Feuerwache 10 Mal pro Tag aus. Helles Glockenläuten, ähnlich dem einer Schulklingel, macht gefolgt von einer Computerstimme mit Einsatzinfos darauf aufmerksam. „Es ist wirklich sehr vielseitig“, sagt Joel Kehle. „Kein Tag ist wie der andere.“ Kaum hat er diese Worte gesprochen, muss der 25-Jährige los, Glockenläuten. Bahnstraße, diffuser Brustschmerz.
„Das erinnert mich an meine Anfänge“, sagt Florian Lappe, der seit gut 20 Jahren bei der Mülheimer Feuerwehr arbeitet, seit einigen Jahren im gehobenen Dienst. „Die Aufstiegschancen sind gut, die Vergütung auch.“ Den Nachwuchsmangel kann er sich nicht so richtig erklären. Viel zu oft komme es vor, dass sich Leute zwar bewerben, dann aber im Laufe des Verfahrens abspringen. „Das ist dann natürlich doppelt ärgerlich.“ Die Zukunft der Berufsfeuerwehr in Mülheim sei zwar noch nicht in Gefahr, „aber das wird uns die nächsten Jahre bestimmt noch beschäftigen“.
Die Stellenausschreibungen der Feuerwehr sind online abrufbar. Fragen beantwortet Lisa Marie Hüneburg von der Personalabteilung der Feuerwehr, Telefon: 0208 455 3711.