Mülheim. Massenhaft falsche Inkasso-Schreiben landeten in Mülheimer Briefkästen. Wie man die Betrugsmasche durchschaut und sich Opfer richtig verhalten.

Sie sehen täuschend echt aus und fordern hohe Geldsummen: gefälschte Inkasso-Briefe, die zuhauf im vergangenen Jahr bei Mülheimerinnen und Mülheimern in den Briefkästen gelandet sind. Wer von Mahnbescheid, Zwangsvollstreckung oder Pfändung liest, dem rutscht zunächst das Herz in die Hose. Wie man richtig auf die Nepp-Schreiben reagiert, erklären die Beraterinnen der Mülheimer Verbraucherzentrale und schildern auch, in welche Fallen man beim Telefonieren tappen kann.

Vermeintliche Anwaltskanzleien, Glücksspielanbieter oder Behörden sind die Absender der ungeliebten Post. Besonders aktiv war nach Auskunft der Mülheimer Beratungsstelle der Verbraucherzentrale in der Ruhrstadt im vergangenen Jahr die KS Anwaltssozietät aus München, die Schreiben als Postwurfsendung verschickte, in denen rund 290 Euro für ein angebliches Glücksspiel-Abo gefordert wurden.

Mülheimer Beratungsstelle: Vermeintliche Anwaltssozietät hat Adressen eingekauft

Der Rat von Susanne Niermann, Beraterin bei der Mülheimer Verbraucherzentrale: „Nicht sofort bezahlen, sondern prüfen lassen, ob die Forderung überhaupt berechtigt ist. Und im Zweifel widersprechen.“ Im Fall der KS Anwaltssozietät ist man bei der Verbraucherzentrale überzeugt: „Die haben irgendwo die Adressen eingekauft.“ Spätestens beim Überweisungsträger hätte man aber stutzig werden können: „Der stammte aus Bulgarien.“

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Wenn solch ein Schreiben in der Post sei, gelte es, standhaft zu bleiben, denn Inkasso-Unternehmen bauten immense Drohkulissen auf, damit die Angeschriebenen die Geldsumme zahlen. „Die setzen die Leute fürchterlich unter Druck“, hat Christiane Lersch, Leiterin der Beratungsstelle Mülheim, mehr als ein Mal erfahren. Die Betroffenen kämen dabei oft erst zur Verbraucherzentrale, wenn das x-te Schreiben mit einer inzwischen exorbitanten Forderung eintrudelt.

„Ältere Männer“ haben durch Anruf bei Sex-Hotline Abo abgeschlossen

Zahlreiche „ältere Männer“, schildert Niermann, haben im vergangenen Jahr die Hilfe der Beratungsstelle in Anspruch genommen, weil bei ihnen Summen von nicht selten 90 Euro pro Monat für Telefonie aufgelaufen waren. Grund seien häufig Anrufe bei Sex-Hotlines gewesen, bei denen den Nutzern dann auf perfide Weise Abos untergeschoben worden seien.

Wenn Mahnungen von Inkasso-Büros ins Haus flattern, rät die Verbraucherzentrale Mülheim, die Forderungen genauestens zu prüfen.
Wenn Mahnungen von Inkasso-Büros ins Haus flattern, rät die Verbraucherzentrale Mülheim, die Forderungen genauestens zu prüfen. © Fabian Strauch

„Da wurden die Betroffenen teils auf der Nummer zurückgerufen und nach der Adresse gefragt mit dem Vorwand, sie erwarteten doch ein Paket und man wolle sichergehen, die richtige Anschrift zu haben.“ Damit hatte dann aber das Unternehmen, mit dem der Kunde bislang nur telefonisch in Kontakt war, die Adresse, um postalisch Geldforderungen zustellen zu können. Aus einer ursprünglichen Forderung von neun Euro würden dann im Mahnverfahren schnell 120 Euro, so Lersch und nennt Zahlen zu denen, die entweder aus Zweifel, Unwissenheit oder Scham die zunächst niedrige Forderung unwidersprochen begleichen: „In der Regel zahlen zehn Prozent der Menschen, die solche Schreiben erhalten.“

Plötzlich ruft die Polizei an: Wie man reagieren soll, erklärt die Verbraucherzentrale

Gleichwohl mahnen die Verbraucherberaterinnen: „Es ist nicht alles Fake, man muss schon reagieren.“ Falls man tatsächlich mal mit einer Zahlung in Verzug geraten ist, empfehlen die Beraterinnen, die Kosten genau unter die Lupe zu nehmen. Denn: Oft stellen Inkasso-Unternehmen viel zu hohe Verzugskosten in Rechnung. Seit einer Reform Ende 2021 sind die Verzugskosten gedeckelt, erklärt Lersch, für Sofortzahler auf 18 Euro, für alle anderen auf 32,40 Euro.

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Viele der Ratsuchenden, die sich im abgelaufenen Jahr an die Beratungsstelle an der Leineweberstraße gewandt haben, seien auch von vermeintlichen Behörden wie der Polizei Berlin oder der Staatsanwaltschaft Stuttgart angerufen und mit Forderungen unter Druck gesetzt worden. Beratungsstellenleiterin Lersch macht deutlich: „Die echten Behörden würden nie einfach anrufen.“ Aber sie weiß aus ihrer langjährigen Erfahrung auch: „Solche Anrufe machen gerade ältere Menschen schnell nervös.“ Im Zweifel ließen sie sich in ein Gespräch verwickeln, was Betrügern Angriffsfläche böte. Ihr Tipp an alle, die einen zweifelhaften Anruf erhalten: „Einfach auflegen.“

Die Mülheimer Beratungsstelle der Verbraucherzentrale sitzt an der Leineweberstraße 54 und ist montags, dienstags, donnerstags und freitags von 9 bis 14 Uhr sowie montags und freitags von 15 bis 18 Uhr geöffnet. Kontakt per Telefon: 0208/69 60 53 01. Informationen: verbraucherzentrale.nrw/beratungsstellen/muelheim