Mülheim. Der „Ratskeller“ in Mülheim hat eine lange Geschichte. Nun gibt der aktuelle Pächter das Restaurant auf. Warum? Politik muss über Neustart reden.
Ein Traditionsrestaurant in der Mülheimer Innenstadt hat zugemacht. Am „Ratskeller“ (Löhberg 55) hängt ein Schild mit der Aufschrift „Dauerhaft geschlossen“, auf der Homepage der Gaststätte dankt Pächter Dennis Kleischmann seinen Gästen und verabschiedet sich von ihnen. „Ich muss leider aufgeben“, sagt er auf Nachfrage unserer Zeitung. Der Grund? „Da kommt vieles zusammen, auf jeden Fall ist es mir finanziell nicht mehr möglich, weiterzumachen.“
Der junge Mann hatte den „Ratskeller“ erst im Frühjahr 2022 übernommen. Höhere Kosten für Energie und Lebensmittel, personelle Engpässe, eine veränderte Speisekarte und weniger Gäste als zuvor – das und noch mehr hat dem jungen Gastronomen wohl mehr zugesetzt als zuvor gedacht. Nun verhandelt er nach eigenen Aussagen mit dem Immobilienservice der Stadt darüber, ob und wie er aus dem Pachtvertrag aussteigen kann. Denn: Eigentümerin der Räumlichkeiten im Souterrain des alten Rathauses ist die Stadt. Seine Mitarbeiter, zuletzt waren es noch drei, will Dennis Kleischmann, wenn es geht, anderweitig unterbringen. „Ich habe ja einige Kontakte“, sagt er. Er selbst wolle erstmal pausieren, in der Gastronomie aber weiterhin tätig bleiben.
Rustikales Restaurant mit deutscher Küche in Mülheim
Den „Ratskeller“ hatte er im Mai 2022 übernommen – von Jörg und Janet Thon. Das Ehepaar hatte das rustikal eingerichtete Restaurant mit deutscher Küche und rund 175 Plätzen 29 Jahre lang geführt, sich im letzten Jahr aber dazu entschieden, nur noch den „Bürgergarten“ an der Aktienstraße zu betreiben. „Der Pachtvertrag für den Ratskeller lief Ende 2021 aus, wir haben dann noch bis April verlängert und das Restaurant mit Personal, Auftragsbüchern, Kundschaft, Energieverträgen und so weiter übergeben“, berichtet Jörg Thon, auch Vorsitzender der Ortsgruppe des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga NRW).
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Vorgänger der Thons im „Ratskeller“ war Norbert Bellenbaum, aber die Geschichte der Gaststätte reicht viel weiter zurück. Beim Rathausbau im Jahre 1911 wurde im Keller einst eine Ratstrinkstube eingerichtet. Dieser Bierkeller diente im Zweiten Weltkrieg als Luftschutzraum, nach den Krieg waren dort für einige zeit das Veterinäramt und auch das Aktienarchiv der Verwaltung untergebracht, bevor es zum Restaurant wurde. Nicht selten besuchten in früheren Zeiten Hochzeitsgesellschaften nach der standesamtlichen Trauung das Restaurant oder ließen sich zumindest an einer Sektbar verwöhnen. „Wir selbst hatten auch einen Catering-Betrieb und haben zeitweise die Rathauskantine geführt“, erzählt Jörg Thon.
Mülheimer Politik müsste sich zu Leerstand Gedanken machen
Bei der Stadt Mülheim bedauert man, dass der Ratskeller nun geschlossen ist. „Wir stehen in Verbindung mit dem Pächter, um zu klären, ob das tatsächlich der Schlussstrich ist“, sagt Tanja Schwarze, Sprecherin der Mülheimer Stadtverwaltung. Sei das tatsächlich der Fall, dann würde der Leerstand der Gaststätte wohl ein Fall für die Politik. Man müsse dann in den Austausch gehen, um zu entscheiden, was aus den Gastronomieräumen werden soll.