Mülheim. Das Mülheimer Nachtleben lässt zu wünschen übrig. Einer der beliebtesten Jugendtreffs löste sich auf. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt.

Wenn Jugendliche aus Mülheim am Wochenende feiern gehen wollen, weichen sie oft nach Essen oder Düsseldorf aus. Denn in Mülheim ist die Auswahl sehr überschaubar. Wenn Maik Liethen beispielsweise mit seinen Freunden ausgeht, bleiben aus seiner Sicht in Mülheim nur die „Rathsstuben“, „Die Kneipe“ oder das Restaurant „Alex“. „Es könnte mehr sein“, sagt der Zwanzigjährige. Der Student wünscht sich beispielsweise mehr Musikangebote in Mülheim.

In der Vergangenheit hat es sich der Jugendstadtrat zur Aufgabe gemacht, dieses Problem anzugehen. Neueste Idee: Einen Mülheimer Nachtbürgermeister ins Leben zu rufen, der für die Organisation des Nachtlebens verantwortlich sein soll. Der Vorschlag wurde seitens der Stadt abgelehnt. Ihr Argument: Es fehlt an finanziellen Mitteln.

Mülheimer Jugendstadtrat will trotz Rückschlags dranbleiben

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Nach dieser Ernüchterung wollen die Jugendlichen auf jeden Fall weitermachen, es sei nämlich ein „großes Thema“, sagt Luisa Reichwein als Mitglied im Jugendstadtrat. Das Problem sei, dass es kein Nachtleben gebe. Die Schülerin findet, dass der Ballermann 6 als einziger populärer Club nicht ausreiche und mehrere Szenen abgedeckt werden sollten.

Wie der Name erahnen lässt, spielt der Club hauptsächlich Ballermann-Hits und Charts. So wie es jetzt ist, sei es schade für Mülheim, findet Luisa Reichwein. Sie persönlich geht trotzdem manchmal in den Ballermann, dort finden beispielsweise die Vorabi-Partys statt, aber auch sie weicht mit ihren Freunden oftmals in andere Städte wie Essen-Rüttenscheid oder Düsseldorf aus. Über die Reaktion der Stadt zum Nachtbürgermeister ist die Schülerin nicht glücklich.

Mülheim brauche laut der Stadt keinen Nachtbürgermeister

In der weiteren Begründung der Stadt heißt es, dass Mülheim keinen Nachtbürgermeister brauche, da dieser in anderen Städten lediglich für die Sicherheit sorgen würde. Die Sicherheit sei in Mülheim jedoch kein Problem. Kein Sicherheitsproblem, kein Nachtbürgermeister.

Luisa Reichwein hat die Sache anders verstanden. Für sie ist mit dem Amt jemand gemeint, der das Nachtleben in Schwung bringt. Wie es am Ende heißt, „sei doch egal“, sagt sie.

„Die Kneipe“: ehemals großer Treffpunkt für Jugendliche

Früher galt „Die Kneipe“ an der Duisburger Straße als Haupttreffpunkt für Schüler und Studierende. Doch dann kam erst ein Umzug an die Friedrich-Ebert-Straße am Rathausmarkt und wenig später Corona. Zuvor war die Kneipe oft so voll, dass es schwerfiel, durch die Menschenmenge an die Bar zu gelangen.

Heute wird sie deutlich weniger besucht. Somit hat sich der Haupttreffpunkt für junge Menschen in Mülheim nach dessen Umzug von Broich in die City so gut wie aufgelöst. Dies hatte zur Folge, dass das müde Nachtleben in Mülheim noch unattraktiver wurde. Zum Ärger vieler Schüler und Studenten.

„Man ist aus ganz Mülheim zusammengekommen“

Tom Hanisch (22), der in Mülheim lebt, kann sich an die früheren Zeiten in der Kneipe erinnern: „Man konnte sich kaum bewegen“, sagt der 22-Jährige. So voll sei es gewesen. „Man ist aus ganz Mülheim zusammengekommen.“ Laut ihm, sei es der Ort gewesen, wo Schüler und Studenten hingegangen seien. Aktuell sei die Kneipe relativ leer und die Stimmung eher ruhig. Man treffe kaum noch Leute. Der 22-Jährige findet, dass man in Mülheim abends nur wenig unternehmen könne. Deshalb fährt auch er abends in andere Städte.

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Tom würde sich freuen, wenn es außer dem Ballermann 6 einen anderen Club gebe. Er ist auch der Meinung, dass es mehr Bars und Kneipen auf der Schloßstraße geben solle, damit sich die allgemeine abendliche Stimmung verbessere.

Das sagt der Betreiber der „Kneipe“

Tom Buder, Betreiber der Kneipe, muss allein beim Wort Nachtleben schon lachen: „Es gibt keins“, sagt der 55-Jährige. Auch er sah die Kneipe als Hauptreffpunkt für junge Leute. In sein Lokal kämen zu 90 Prozent Schüler und Studenten. Nun habe er viel weniger Gäste: „In der Woche war es früher doppelt so voll.“ Das läge jedoch nicht am Umzug an die Friedrich-Ebert-Straße, sondern an Nachwirkungen der Coronapandemie und dem damit einhergehenden Lockdown: „Die Leute schließen sich ein und schauen lieber Netflix“, meint Tom Buder.

Jugendliche würden zudem, wenn sie was unternehmen, auf andere Städte ausweichen. Es gäbe an Angeboten für Jugendliche in Mülheim nur „Die Kneipe“ und die „Rathsstuben“, darüber hinaus eher Läden für ein älteres Publikum – oder, wie er es nennt: „Versackbaracken für Opas“. Da müsse man sich nicht wundern, wenn es kein Nachtleben in Mülheim gebe. Doch der Wirt hat Verständnis für diejenigen, die keine neue Kneipe mehr aufmachen wollen. Es sei schwer, über die Runden zu kommen: „Wir leben nur noch von den Wochenenden.“