Mülheim. Im „EssZimmer“ in Mülheim-Eppinghofen geht bald das Licht aus. Kaum einer kommt noch zum Mittagstisch. Für Wirt Mario Bille sind die Gründe klar.

Mario Bille ist angeschlagen. Er trägt eine blaue Schiene am linken Unterarm, weil er sich beim Skifahren die Hand gebrochen hat. Die Operation liegt zwei Wochen zurück. Ein Krankenschein war nicht drin. Der 42-Jährige ist selbstständiger Gastronom, er führt zwei Restaurants in zwei Städten - noch. In einem davon, dem „EssZimmer“ in Mülheim-Eppinghofen, hat gerade der Endspurt begonnen. Am 31. März ist hier Schluss.

Gerungen hat Mario Bille mit dem Entschluss schon länger, gefasst hat er ihn dann „ganz kurzfristig“, wie er sagt. „Ich wollte mir diesen Winter noch mal anschauen und zum Jahresbeginn entscheiden.“ Das hat er getan. Ziel sei jetzt, das Lokal am oberen Eppinghofer Kreisverkehr ohne belastende Schulden zu verlassen. Wenn jemand das Restaurant zum April übernehmen möchte, samt Inventar: sehr gerne.

Mülheimer Gastronom gibt Restaurant „schweren Herzens“ auf

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Die Stammkunden wissen schon Bescheid, auch auf Facebook hat der Gastronom das baldige Aus verkündet: „Wir sagen schweren Herzens auf Wiedersehen“… In den letzten beiden Monaten will er Gas geben und dehnt die Öffnungszeiten aus. Zuletzt wurde im „EssZimmer“ nur noch donnerstags, freitags und sonntags gekocht. Jetzt kommt der Dienstag und Mittwoch hinzu. Mario Bille arbeitet meist selber in der offenen Küche, aktuell unterstützt ihn seine Partnerin Maja Malig, auch wegen der verletzten Hand.

„Früher standen wir hier mittags zu dritt und hatten 30 bis 60 Mittagessen täglich. Jetzt sind es vielleicht noch zehn.“ Viele Stammgäste kommen, beziehungsweise kamen, aus der Siemens-Belegschaft, doch auch nach der Pandemie seien viele im Homeoffice geblieben, berichtet der Gastronom. Für ihn ein gravierendes Problem. Das Abendgeschäft sei immer recht gut gelaufen, doch mit gut 30 Sitzplätzen ist das „EssZimmer“ relativ klein. Wenn die Gäste dann länger bleiben, fällt der Umsatz bescheiden aus.

Personalsituation sehr schwierig - Koch war lange krank

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„Außerdem ist die Personalsituation sehr schlecht, sonst hätte ich es vielleicht noch mal ein Jahr versucht.“ Im vergangenen Sommer sei der Koch lange krank gewesen, Ersatz nicht greifbar - das „EssZimmer“ blieb fünf Monate geschlossen. „Die Miete lief natürlich weiter.“ Inzwischen hat Bille dem Koch gekündigt, stößt aber an Grenzen. Vor rund einem Jahr hat er parallel ein Restaurant in Essen übernommen - die Gastronomie in einem Tennisclub in Bergerhausen. Er pendelt zwischen beiden Standorten. Das bedeute im Extremfall 70 Stunden Arbeit pro Woche, schildert der Gastronom, Vater von drei Kindern im Alter zwischen vier und 13 Jahren.

Für das „EssZimmer“ am Eppinghofer Kreisverkehr wird nun ein Nachmieter gesucht. Das Lokal hatte zuletzt nur noch an drei Wochentagen geöffnet, im Februar und März werden es fünf Tage sein.
Für das „EssZimmer“ am Eppinghofer Kreisverkehr wird nun ein Nachmieter gesucht. Das Lokal hatte zuletzt nur noch an drei Wochentagen geöffnet, im Februar und März werden es fünf Tage sein. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Das „EssZimmer“ hat er im Februar 2015 eröffnet, halb Imbiss, halb Restaurant. Bille ist angetreten mit frischer deutscher Hausmannskost: Seelachsfilet, Bratkartoffeln, wechselnde Eintöpfe, Schnitzel, hat aber auch internationale Gerichte und verschiedene Burger auf der Karte. Das Eckrestaurant bietet etwas mehr als 30 Sitzplätze. Im Sommer stehen Tische und Stühle an der Straße: „Aber nur wenige Leute hatten Lust, in meinem Bordsteingarten zu sitzen.“ In der warmen Jahreszeit herrschte also Flaute, das „EssZimmer“ lebte vom Catering - dieses Geschäft durchkreuzte Corona.

Kurz vor Corona wurde das „EssZimmer“ noch renoviert

Doch schon vor der Pandemie hatte der Gastronom mit dem Standort zu kämpfen. 2018/2019 lag die Großbaustelle des Eppinghofer Kreisels direkt vor seiner Tür, lange blieb der Parkplatz durch Schutt und Container blockiert. Vor drei Jahren hat Mario Bille das Restaurant noch komplett renoviert und „viel Zeit und Geld reingesteckt“. Fertig war er eine Woche vor dem ersten Lockdown. Durch die Corona-Pandemie kämpfte er sich mit einem Miniteam, im wesentlichen durch eigene Arbeitskraft. Und jetzt, fast drei Jahre danach, sind zwar alle Coronaauflagen gefallen, doch die Preise schießen hoch. Fast zwei Jahrzehnte ist Mario Bille in der Gastronomie tätig, zuvor war er zehn Jahre Küchenchef in der „Alten Fähre“ in Kettwig, wo er mit seiner Familie auch wohnt. Nun muss er einen Schritt zurückgehen.

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Dass „EssZimmer“ schließt Bille mit großem Bedauern. Er kennt viele Stammgäste mit Namen, er mag die Atmosphäre des kleinen Eckladens, den er hier führte. „Ich bin besonders traurig, dass ich die offene Küche verliere, wo man mit den Leute reden kann und für jeden Gast kocht wie in einer Familie“, sagt der Gastronom. Doch für einen Imbiss mit schwerpunktmäßig deutscher Küche sei die Lage nicht erfolgversprechend. Die meisten seiner Kunden kämen nicht aus Eppinghofen, meint Bille.

„Dicke“ Abschiedsparty am 31. März geplant

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Jetzt geht es ihm um Schadensbegrenzung: Er hofft, in den nächsten zwei Monaten noch viele Menschen bekochen zu dürfen, einen schmerzlosen Abschied zu schaffen. Am 31. März soll es eine „dicke Party“ geben, kündigt Mario Bille an, möglichst mit Livemusik in seinem kleinen Laden.

Danach trifft man ihn im Tennisclub Essen Süd an (Am Krausen Bäumchen 172), wo er nicht den Schläger schwingt, sondern die Gastronomie schmeißt, die er dort „EssBar“ nennt. Die Speisekarte sei sehr ähnlich der in Mülheim, sagt Bille: „Für jeden was dabei.“ Wenn das nur jeder wüsste. Immerhin: Einige Mülheimer Stammgäste seien schon in der Nachbarstadt gewesen, andere haben es fest versprochen.