Mülheim. „Jetzt kommt alles auf einmal.“ – Mediziner berichten, welche unerfreulichen Folgen das erste Karnevalsfest ohne Einschränkungen in Mülheim hat.

Karneval wurde in diesem Jahr wieder wie in vor-pandemischen Zeiten gefeiert: Es durfte geschunkelt, gesungen und gebützt werden – ohne Abstandsgebot und Masken, ob drinnen oder draußen. Auch in Mülheim haben viele die Gelegenheit genutzt, endlich wieder ausgelassen zu feiern. Nicht wenige haben sich dabei offenbar angesteckt.

„Die Praxen sind voll“, sagt Monika Baaken, Sprecherin des Hausärzteverbands Nordrhein. Sie geht davon aus, dass es „viele Leute, die bis jetzt ohne Infektionskrankheit durch den Winter gekommen sind, durch die Feierlichkeiten zu Karneval erwischt hat“. Aber nicht nur Karnevalshochburgen vermelden offenbar hohe Krankenstände.

Die Welle steigt: So ist die Lage in den Mülheimer Hausarztpraxen

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Auch in Mülheim sei eine „erhöhte Frequenz“ spürbar, sagt Dr. Stephan von Lackum, niedergelassener Hausarzt in Speldorf und Geschäftsführer der Mülheimer Kreisstelle der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO). „So dramatisch wie vor Weihnachten“ sei die Lage aber aktuell nicht, die eher von einem Zusammenspiel verschiedener Viren und Erreger gekennzeichnet sei: „Jetzt kommt alles auf einmal.“

Wer sich in den letzten Jahren mit Maske erfolgreich vor einer Corona-Infektion geschützt hat, dem konnten höchstwahrscheinlich auch Grippe und Erkältung nichts anhaben. Jetzt, wo die Maskenpflicht auch bei Großveranstaltungen nicht mehr gilt, käme es wieder vermehrt zu Ansteckungen, erklärt Uwe Brock den jüngsten Anstieg von Krankheitsfällen. Am Anfang der Woche habe der Vorsitzende der Kreisstelle Mülheim der Ärztekammer Nordrhein in seiner Praxis in nur einer Stunde zehn Patienten wegen positiver Corona-Tests krankgeschrieben. Und doch sei der Gipfel wahrscheinlich noch nicht erreicht, so Brock.

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„Großer Unfug“ – Mülheimer Kinderarzt fordert ein Ende von „Gesundschreibungen“

Ähnliches Bild bei den Kinderärzten. Der Obmann der Kinderärzte in Mülheim, Dr. Olaf Kaiser, der als Kinderneurologe in einer kinder- und jugendärztlichen Praxis in Speldorf praktiziert, berichtet von Überstunden, gefüllten Wartezimmern und Personalausfällen, was die Lage zusätzlich verschärfe: „Aktuell sehen wir viele Kinder mit Atemwegsinfekten. Das Gros sind virale Infekte, vorrangig Adenoviren, die mit lange anhaltendem Fieber, Kopfweh, Bauchweh und geröteten Augen einhergehen.“

Um den Kinderärzten einen Teil der Arbeitsbelastung abzunehmen, appelliert von Lackum an die Eltern, für Kinder im schulpflichtigen Alter unbedingt auch die hausärztlichen Notdienste zu nutzen. Der Speldorfer Kinderarzt Kaiser würde sich wünschen, in Zukunft zumindest keine Kinder mehr ,gesundschreiben’ zu müssen: „Eine unnötige Mehrbelastung stellen aktuell von Schulen und Kitas geforderte Atteste zur Gesundschreibung dar, die völlig entgegen dem Infektionsschutzgesetz von den Eltern verlangt werden. Das ist gerade ganz großer Unfug und muss aufhören, weil wir sonst unserer Arbeit nicht nachgehen können.“

Mülheimer Krankenhaus verlängert Maskenpflicht wegen Krankheitswelle

„Auch wir spüren die Krankheitswelle in unserem Haus“, bestätigt auf Nachfrage eine Sprecherin des Evangelischen Krankenhauses. 40 Prozent mehr Krankschreibungen in der Pflege gäbe es zurzeit. Man habe sich deshalb entschlossen, die am 1. März bundesweit auslaufende Maskenpflicht für Pflegekräfte noch bis Mitte März aufrechtzuerhalten. Bis dahin könnte sich die aktuelle Krankheitswelle wieder abgeflacht haben.

Verschont geblieben scheint indes das St. Marien-Hospital zu sein: Aktuell könne nach eigenen Angaben weder bei den Patientinnen und Patienten noch beim Personal von einer Krankheitswelle die Rede sein.