Mülheim. Rettet sich Karstadt im Rhein-Ruhr-Zentrum? Das Zittern geht weiter, alle Filialen werden geprüft. Was für den Mülheimer Standort spricht.

Der Stresslevel bei Karstadt bleibt hoch. Überlebt die Filiale im Rhein-Ruhr-Zentrum? Auch die mit Spannung erwartete Aufsichtsratssitzung am Mittwoch hat keine endgültige Klarheit gebracht. In der krisenerprobten Belegschaft der Mülheimer Karstadt-Arkaden hatte man der dritten Januarwoche mit Bangen entgegen gesehen und erwartet, dass nun betroffene Warenhäuser konkret benannt würden. Am 31. Januar muss ein Insolvenzplan beim Essener Amtsgericht eingereicht werden. Doch die Entscheidung über einzelne Standorte zieht sich. Wie am Mittwoch durchsickerte, hält Sanierungsexperte Arndt Geiwitz, der im Schutzschildverfahren tätig ist, höchstens noch 70 Filialen für zukunftsfähig. Möglicherweise auch nur eine starke Ansage, um Druck auf Vermieter zu machen.

„Es gibt noch keine finale Schließungsliste“, sagte Andrea Grisail, Betriebsratsvorsitzende bei Karstadt im Rhein-Ruhr-Zentrum, bereits am Dienstagnachmittag. Kurz zuvor hatte der Gesamtbetriebsrat von Galeria Karstadt Kaufhof getagt, dem sie ebenfalls angehört. Jede einzelne Filiale werde noch überprüft und bewertet: Fläche, Auslastung, Umsatz. Jedes Haus werde in den kommenden Wochen daraufhin durchleuchtet, ob es ein Fortführungskonzept realisieren kann oder nicht, so Grisail.

Karstadt Mülheim: Betriebsratschefin erwartet erst im März endgültige Entscheidung

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„Es wird wohl bis März dauern, ehe wir eine verlässliche Information bekommen“, meint die Betriebsratsvorsitzende. Ziellinie wäre dann die Gläubigerversammlung Ende März, die mit einem tragfähigen Zukunftskonzept überzeugt werden muss. Die neuerliche Verzögerung sieht Andrea Grisail zwiespältig. Einerseits verlängert sich die Ungewissheit der Betroffenen um vielleicht mehr als zwei Monate. Andererseits meint sie: „Ich freue mich, dass sich das Unternehmen sehr viel Zeit nimmt und genau hinschaut, welche Filialen Potenzial haben. Lieber Gründlichkeit als Schnelligkeit.“

Dass sie ihr eigenes Haus für robust und zukunftsfähig hält, hat Grisail schon häufig betont, und sie bleibt dabei: „Wir haben die Pandemie einigermaßen überstanden. Trotz Kaufkraftverlust: Wir haben unsere Frequenz und unseren festen Kundenstamm. Man kann uns vorzeigen, wir sehen nicht aus wie eine Filiale auf dem absteigenden Ast.“

In der Sitzung des Gesamtbetriebsrates am Dienstag in Düsseldorf habe der Interessenausgleich und Sozialplan im Vordergrund gestanden. Laut Mitteilung von Galeria habe man sich auf Eckpunkte geeinigt. „Umstrukturierungen bedeuten leider immer auch Entlassungen“, weiß die Mülheimer Betriebsrätin aus langer Erfahrung. Im Jahr 2020, als Karstadt im Rhein-Ruhr-Zentrum schon einmal auf der Kippe stand, habe sie auch in Kontakt mit der Mülheimer Wirtschaftsförderung gestanden, sagt Andrea Grisail, aktuell sei das nicht der Fall.

Mülheimer OB schrieb Ende 2022 an Galeria-Chef Müllenbach

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Während die Stadtspitzen anderer Ruhrgebietskommunen teils geräuschvoll für den jeweiligen Galeria-Standort kämpfen, war es in Mülheim bislang still. So hat sich der Dortmunder OB Thomas Westphal ganz oben auf einer Unterschriftenliste für den Erhalt von Karstadt auf dem Westenhellweg verewigt und einen Runden Tisch einberufen. Auch in Duisburg und vor allem in Essen machen sich städtische Repräsentanten und Wirtschaftsförderer bei der Galeria-Geschäftsführung für den Erhalt der Kaufhäuser stark.

Mülheims Oberbürgermeister Marc Buchholz erklärte am Mittwoch auf Anfrage, er habe bereits Ende 2022 Kontakt zur Galeria-Geschäftsführung aufgenommen, dies aber nicht öffentlich gemacht, „denn es gehört zu den selbstverständlichen Aufgaben eines OB dazu“. Im Brief vom 22. Dezember, der dieser Redaktion vorliegt, plädiert Buchholz für den Erhalt der Filiale im Rhein-Ruhr-Zentrum. Das Schreiben ist direkt an Galeria-Chef Miguel Müllenbach adressiert.

Der OB verweist unter anderem auf die „optimale Lage dieses Flaggschiffs direkt an der A 40, mitten im Ruhrgebiet“, auf 5000 kostenlose Parkplätze am Center. Sowohl als Arbeitgeberin als auch für die Kundschaft sei das Warenhaus eine besondere Größe und ein besonderer Anziehungspunkt im RRZ. Und mit Blick auf die Zukunft gibt sich Buchholz zuversichtlich: „Die geplanten Veränderungen und Modernisierungen der Investoren werden zu einer Steigerung des Attraktivität des Standortes beitragen“, teilt er dem Galeria-Geschäftsführer mit. Eine Antwort sei bislang noch nicht eingegangen, heißt es aus dem Büro des Mülheimer OB.

Karstadt-Betriebsratschefin: Umbau des Rhein-Ruhr-Zentrums entscheidet über Zukunft

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Dass der stockende Umbau des Centers, das gerade dringend einen neuen Geldgeber sucht, die Perspektive trüben könnte, ist Marc Buchholz klar. „Daher tauschen wir uns auch mit den Investoren regelmäßig und intensiv aus.“

Die Karstadt-Betriebsratsvorsitzende hält es tatsächlich für entscheidend, dass der überfällige Umbau des Centers angegangen wird. „Wenn das Rhein-Ruhr-Zentrum weiterentwickelt wird und eine Zukunft hat, dann sehe ich unsere Zukunft auch“, sagt Andrea Grisail. Sie vermutet, dass die Galeria-Verantwortlichen diesen Zusammenhang ebenfalls in die Waagschale werfen.