Mülheim. Tonnenschwer auf Stelzen gebaut: Zwei Mülheimer Musiker haben sich in einem Hinterhof ihren ganz eigenen Traum von einem Tonstudio erfüllt.
Es ist ein 28 Quadratmeter großer Raum, der – auf Stelzen stehend – in einen anderen Raum hineingebaut wurde und etwas mehr als zwölf Tonnen wiegt. Das müsse so sein, „um Schwingungsübertragungen zu vermeiden“, erklärt Maik Drozdzynski. Er muss es wissen, denn er ist neben Daniel Lyall die zweite Hälfte der Musik-Formationen „Scot and Millfield“ und „Virage“. Es ist das Tonstudio der Beiden, um das es geht und das sie selbst gebaut haben.
Über einen Zeitraum von vier Monaten verwirklichten die beiden Männer Anfang 40 in hunderten Arbeitsstunden ihren Traum vom Profi-Tonstudio. Der Raum, den die Beiden in ein unscheinbares Lagergebäude in einem Hinterhof an der Aktienstraße gebaut haben, hat die Außenmaße von sieben mal vier Metern. Wenn man im Inneren steht, sind davon allerdings nur noch 4,30 mal 3,30 Meter übrig. Der Rest ist der Schalldämmung zum Opfer gefallen.
Eine Profitonstudio in Eigenregie bauen: Eine Materialschlacht
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Der Material-Einsatz war immens. „Für den Bau der Wände wurden vier Paletten mit schmalen Rigipswänden angeliefert“, erinnert sich Daniel Lyall. 75 Pakete mit Mineralwolle und etwas mehr als 10.000 Schrauben kamen noch hinzu. „Zeitweise stand der gesamte Hof mit Material voll“, ergänzt Drozdzynski grinsend.
Da die Einfahrt zum Hinterhof sehr schmal ist, musste das meiste davon allerdings vom rund 50 Meter entfernten Straßenrand ins Gebäude geschleppt werden, denn weiter konnte das auf Paletten gelagerte Material nicht angeliefert werden – eine Arbeit, an die die Beiden sich nicht unbedingt gerne erinnern.
Mülheimer Hobbymusiker verbauen allein sechs Tonnen Betonplatten für den Boden
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„Vom Gesamtgewicht dieses Raums entfällt fast die Hälfte auf den Boden“, erklärt Maik Drozdzynski, in seinem nagelneuen Tonstudio stehend. Gemeinsam mit Daniel Lyall hat er rund sechs Tonnen Betonplatten für den Boden des Studios verbaut. Das Ganze ruht auf einer Konstruktion, die wiederum auf speziellen, dicken Kunststoff-Puffern aufliegt. Das soll sicherstellen, dass kein Schall aus dem Lager-Gebäude dringt. „Je schwerer etwas ist, desto schwieriger ist es in Schwingung zu versetzen. Der Studio-Raum ist durch die Puffer zudem – schalltechnisch – nicht mit dem ihn umgebenden Gebäude verbunden.“ Das sei im Grunde das ganze Geheimnis der Schalldämmung, so Lyall.
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Die Tür mit Glaseinsatz, die das Studio vom Rest des Gebäudes trennt, sieht aus wie eine vielfach verglaste Terrassentür. Der Effekt ist frappierend: Selbst dann, wenn drinnen laut die Bässe wummern, ist vor der Tür so gut wie nichts davon zu hören. Auch die Planung des Studios haben die beiden Freunde, die ihre Begeisterung für elektronische Musik schon zu Schulzeiten teilten, selbst übernommen.
Freunde aus Mülheim greifen für ihren Traum tief in die Tasche
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Trotz dieser riesigen Mühen und den nicht unbeträchtlichen Kosten, den die Beiden investierten – von einem fünfstelligen Betrag mit einer Eins davor ist die Rede – betreiben sie die Musik nur als Hobby. Maik Drozdzynski ist im bürgerlichen Leben promovierter IT-Fachmann und Produktmanager im IT-Bereich. Lyall verdient seine Brötchen als Projektmanager in der Telekommunikationsbranche.
Beide begeistern sich bereits seit knapp 25 Jahren für elektronische Musik und machen sie gemeinsam. Zu Beginn unter dem Namen „Scot and Millfield“ – später kam dann noch das Projekt „Virage“ hinzu. Unter dem erstgenannten Namen produzieren sie Musik, die primär der Entspannung dienen und für eine angenehme Atmosphäre sorgen soll. „Virage“ dagegen solle die Menschen in den Clubs zum Tanzen bringen, so Drozdzynski.
Was auch immer Daniel Lyall und Maik Drozdzynski in Zukunft zu produzieren gedenken, sie haben sich selbst mit ihrer eigenen Hände Arbeit optimale Bedingungen dafür geschaffen – und werden die Nachbarn sicher nicht akustisch belästigen.