Mülheim. Der gefühlten Ohmacht etwas entgegensetzten: Was deutsche und ukrainische Ehrenamtliche in Mülheim antreibt und was jetzt dringend benötigt wird.
An die 150 Geschenke sind zusammengekommen, alles neuwertige Spielsachen, die zuvor von ukrainischen und deutschen Ehrenamtlichen gemeinsam verpackt wurden. Die schon am 5. Dezember zu verteilen, mag überraschen; aber auch der 6. Dezember wäre – aus ukrainischer Sicht – viel zu früh. Orthodoxe Christen feiern den Nikolaustag nämlich erst am 19. Dezember, so will es der julianische Kalender.
Gekommen ist es zu der Aktion aufgrund der hohen Spendenbereitschaft der Mülheimer. „Wir haben unglaublich viele Spielsachen bekommen, deswegen haben wir uns zu dieser kleinen Nikolausaktion entschieden“, erklärt die Geschäftsführerin der AWO-Mülheim Michaela Rosenbaum, sichtlich zufrieden an diesem Tag: „Das ist der beste Teil unserer Arbeit.“
Seit April gibt es am Dickswall 98 einen Schenk-Laden der AWO, der allen geflüchteten Menschen offensteht. Dort wurde neben den Spielsachen auch viel Kinderkleidung abgegeben. „Trotzdem benötigen wir gerade noch dringend Winterkleidung, besonders Jacken. Die Menschen aus der Ukraine sind ja meistens nur mit einer Tasche nach Deutschland gekommen“, erklärt Rosenbaum.
Ehrenamtliche aus Mülheim arbeiten Seite an Seite mit Ukrainerinnen
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Wer sich selbst engagieren will, kann bei der AWO zum Beispiel auch einzelne Schichten im Ladenlokal übernehmen. Dazu reicht eine einfache E-Mail (siehe unten). Eine Helferin, die schon länger mit dabei ist, ist die Rentnerin Elke von der Aue (78). Warum sie, wie die AWO-Chefin anerkennend durchblicken lässt, „eigentlich immer im Dienst“ ist? Auf die nach und nach ankommenden jungen Gäste blickend sagt sie: „Mir macht es einfach Spaß, den Kindern zu helfen. Und als Witwe und Rentnerin habe ich ja viel Zeit.“
Neben ihr sitzt Olena Kuzmenko, auch sie gehört mit zum Team. Ihr ganzes Leben hat sie im Einzelhandel gearbeitet, in der ostukrainischen Millionenstadt Charkiw war das. Bis der Krieg ausgebrochen ist. Alleine hat sie sich auf den Weg nach Deutschland gemacht. Ihr erwachsener Sohn konnte mittlerweile nachkommen. Ihr Mann blieb zurück.
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Gerade jetzt in der Weihnachtszeit ist die Trennung nicht einfach für sie. „Ich telefoniere jeden Tag mit meinem Mann. Er sagt: Einerseits will ich unbedingt, dass du auch hier bist. Aber jeden Tag gibt es Angriffe. Viele haben keine Heizung kein Wasser, keinen Strom.“ Froh sei sie deswegen, dass sie jetzt wenigstens anderen hier vor Ort helfen könne. Und Rosenbaum ist wiederum dankbar, sie als „Profi“ für den Laden gewonnen zu haben. „Für viele ist das auch wichtig als Ablenkung vom Kriegsgeschehen“, so Rosenbaum. Denn das Leben, so banal es klingt, müsse ja weitergehen.
Das Mülheimer Netzwerk Ukraine-Hilfe will der Ohnmacht etwas entgegensetzen
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Bei der AWO und dem dieses Jahr neu angedockten Verein Netzwerk Ukraine-Hilfe setzt man auf Zusammenarbeit und Initiative. Gemeinsam tätig zu werden, helfe allen Beteiligten angesichts eines weltpolitischen Geschehens, dessen Ausgang niemand kennt.
„Als der Krieg ausgebrochen ist, fühlten wir uns alle so ohnmächtig. Wir haben dann schnell einen Spendenaufruf bei Facebook gestartet.“ Und so fing alles an. Mittlerweile zählt der Verein 15 ständige Mitglieder aller Altersklassen. Mitstreiter sind herzlich willkommen, so Rosenbaum.
Wer helfen, Schichten im Laden übernehmen oder oder etwas Neuwertiges spenden will, schreibt einfach eine E-Mail an: schenkladen@awo-mh.de.