Mülheim. Die Anstoßzeiten, die Katar-Diskussionen und dann auch noch das Ergebnis – wie Mülheims Kneipen Deutschlands Auftakt bei der Fußball-WM erlebten.
1:2 verloren – die deutsche Fußballnationalmannschaft hat den Auftakt bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar in den Sand gesetzt und trotz Führung gegen Japan verloren. Auch für Mülheims Kneipenwirte war der Auftakt kein Erfolg. Sie hoffen auf bessere Anstoßzeiten.
„Jetzt guck’ dir das an“, sagt Claus Kandelhardt verzweifelt. Von der hintersten Bank in seiner Kneipe Rauchfang aus starrt er auf einen der beiden Fernseher, als wollte er beim ersten WM-Spiel der deutschen Nationalmannschaft den Ball selbst ins Tor befördern. „Die hätten 4:0 oder 5:0 gewinnen müssen“, schimpft er. Stattdessen steht es aber auch nach fast achtminütiger Nachspielzeit noch 1:2 aus deutscher Sicht.
Noch keine WM-Stimmung mittags um 14 Uhr
Dass – ganz unabhängig vom Ergebnis – bei einem Spiel um 14 Uhr mittags keine großartige WM-Stimmung aufkommen würde, war im Vorfeld zu erwarten. In Mülheim-Eppinghofen kündigten immerhin zwei große Fahnen vor der Kneipe „Zum schrägen Eck“ an, dass gerade ein internationales Fußballturnier stattfindet.
Drinnen haben sich 16 Leute zum Fußballgucken zusammengefunden. Begeisterung ist nicht gerade erkennbar. Ein Gast ist im aktuellen DFB-Trikot gekommen, einer in einem Dress mit dem Namen von Bastian Schweinsteiger. Die Nationalhymne wird maximal zur Kenntnis genommen.
Stammgäste überreden Mülheimer Wirt zum Öffnen
„Ich hatte mich eigentlich schon darauf eingestellt, erst Kroatien zu gucken und dann Deutschland und dabei schön die Füße hochzulegen“, sagt Wirt Tomislav Pulic. Doch Stammgast „Menni“ überredete den Wirt, das „Schräge Eck“ drei Stunden früher aufzumachen. „Wenn ihr mindestens zehn Leute zusammen bekommt.“
Am Ende waren es 16 Fußballinteressierte, die um den Tresen verteilt das Spiel verfolgten. „So richtige Stimmung kommt da ja nicht auf“, beklagt Klaus nach den ersten Minuten. Abwarten, meint „Menni“. Er kommt schon seit 45 Jahren ins „Eck“. Auch zum Fußballgucken. Da soll die WM auch keine Ausnahme sein. Trotz der vielen Diskussionen. „Wir ändern ja eh nichts. Außerdem hätte man das alles vor zehn Jahren machen sollen“, meint er.
Mülheimer Gastwirt: „Mir ist das alles zu politisch bei dieser WM“
Auch Claus Kandelhardt ist eher genervt von den vielen Debatten rund um das Turnier. „Wenn man immer wieder auf die Stimmung drauf gießt, dann drückt das die Leute auch irgendwann runter“, glaubt er und sagt: „Dem wollen wir ein bisschen entgegenwirken. Ein Dutzend Fußballfans im Rauchfang an der Wallstraße will sich den Spaß nicht verderben lassen. „Mir ist das alles zu politisch bei dieser WM“, sagt der Gastwirt – und jubelt mit seinen Gästen lieber über den Elfmetertreffer von Gündogan zum 1:0. Da schien noch alles gut zu sein.
Im Café Leonardo läuft das Fußballspiel eher nebenbei. Viele der Gäste schauen nur hin und wieder auf den großen Fernseher im hinteren Bereich der oberen Ebene. „2:0 sollte ja reichen“, meint ein Gast, der gar nicht mitbekommen hat, dass das vermeintliche zweite Tor von Kai Havertz nicht zählte.
Mülheimer Wirte hoffen auf bessere Anstoßzeiten – und auf die Spannung
Dass der Zuspruch am Mittwochmittag generell noch überschaubar bleibt, hat Claus Kandelhardt nicht anders erwartet. „Wir sind keine Mittagskneipe. Die Studenten sind jetzt noch in der Uni und von der arbeitenden Bevölkerung nimmt sich für dieses Spiel keiner frei“, ist er sich sicher.
Er hofft auf die besseren Anstoßzeiten der beiden folgenden Gruppenspiele, zumal Deutschland gegen Spanien am Sonntagabend (20 Uhr) nun schon ein Endspiel ums Erreichen des Achtelfinales vor der Brust hat.