Mülheim. Fahrschüler bekommen aktuell nur schwer einen Termin für die praktische Prüfung – auch in Mülheim. Es hakt beim TÜV und dafür gibt es Gründe.
Wer aktuell seinen Führerschein machen will, muss Geduld aufbringen. Fahrschülerinnen und Fahrschüler warten oft wochenlang auf einen Termin für die praktische Prüfung. Von sechs bis acht Wochen Wartezeit spricht Volker Freigang, Bezirksvorsitzender des Fahrlehrerverbandes Nordrhein. Das bestätigt Jörg Barnscheidt, Fahrlehrer bei der Mülheimer Fahrschule Küper. Der TÜV Nord, der die Prüftermine vergibt und die Prüfer entsendet, gibt zu: „Die Situation ist unbefriedigend“, so Pressesprecher Claas Alexander Stroh.
Das Problem sei massiv, regional unterschiedlich ausgeprägt, aber in Mülheim deutlich zu spüren, sagen die Vertreter des Fahrlehrerverbandes. „Verschiebungen hat es auch früher mal gegeben – um vier, fünf Tage. Jetzt sind es Wochen bis Monate“, so Volker Freigang. Gründe dafür gebe es mehrere, nicht nur die Pandemie mit ihren Auswirkungen auf den TÜV und die städtischen Ämter spiele eine Rolle. „Hauptproblem ist gerade fehlendes Personal“, sagt Jörg Barnscheidt. Der TÜV verfüge einfach nicht über genügend Prüfer, deshalb könnten nicht genug Prüftermine gewährt werden.
Fahrerlaubnisprüfer sind auch in Mülheim hoch qualifizierte Spezialisten
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Der TÜV Nord weiß das natürlich selbst. Man arbeite aber an dem Problem. „Wir haben eine Einstellungsoffensive gestartet, die Kollegen leisten Mehrarbeit, verschieben ihren Urlaub, prüfen zusätzlich samstags. Außerdem versuchen wir, Ruheständler zu rekrutieren“, berichtet Claas Alexander Stroh. Was die Sache nicht ganz einfach macht: Fahrerlaubnisprüfer sind hoch spezialisierte Fachkräfte, die meist ein Maschinenbaustudium absolviert haben und dann beim TÜV noch eine zweijährige Ausbildung zum amtlich anerkannten Prüfer bei der technischen Prüfstelle absolvieren. „Wenn wir jetzt also Hochschulabsolventen einstellen, sind die nicht sofort verfügbar“, erklärt der Pressesprecher des TÜV. Man prüfe gerade, ob man die TÜV-interne Ausbildung unter Umständen verkürzen könne.
Ein recht hohes Fahrschüleraufkommen und relativ hohe Durchfallquoten tragen ebenfalls zum Stau vor den Praxisprüfungen bei. Auch die Tatsache, dass die Fahrprüfung 2021 optimiert wurde, schlägt sich laut Fahrlehrern nieder: Sie ist wegen neu hinzugekommener Aufgaben nun zehn Minuten länger als früher. Das aber heißt: Jeder Prüfer schafft pro Tag eine, eher zwei Prüfungen weniger als bisher. „Der Zeitpunkt für diese Neuregelung ist unglücklich beziehungsweise kontraproduktiv“, findet Volker Freigang. „Wir Fahrlehrer plädieren dafür, diese Regelung auszusetzen, aber stoßen da bei den Verantwortlichen auf kein Verständnis“, ergänzt Jörg Barnscheidt. Gespräche zwischen dem NRW-Ministerium, dem TÜV und den Verbänden gab und gibt es weiterhin.
Lange Pause tut Mülheimer Fahrschulabsolventen nicht gut
Die lange Pause bis zur praktischen Prüfung tut den Fahrschülern nicht gut. „Nach 30 bis 60 Fahrstunden sind unsere Kunden prüfungsreif, wir bereiten sie punktgenau auf den Prüfungstag vor“, so Freigang. Eine Unterbrechung werfe die Leute zurück. Mancher Fahrer strecke die Termine gegen Ende, damit keine so große Lücke entstehe. Damit sie in der Übung bleiben, nehmen die meisten Kandidaten weitere Fahrstunden – und bezahlen dafür je nach Fahrschule unterschiedliche Gebühren. Der Führerschein wird also auch noch teurer als gedacht. Was ohnehin schon der Fall ist: Die längere Praxisprüfung kostet nämlich ebenfalls mehr (rund 25 Euro).
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Neben den Prüfungen für den Führerschein B (Pkw) sind auch die verschiedenen A-Prüfungen (Motorrad) von Prüfungsverschiebungen betroffen. Fahrlehrer Volker Barnscheidt sieht da ein weiteres Problem auf die Fahrschüler zukommen. „Die Motorrad-Saison ist zu Ende. Im Winter kann wegen der Witterung bei den Motorrädern nur sehr eingeschränkt geprüft werden.“ Für manchen Fahrschulabsolventen könnte die (Zwischen-)Zeit bis zur Prüfung dann richtig lang werden.