Mülheim. . Bei Fahranfängern schafften im letzten Jahr viele die theoretische oder die praktische Prüfung nicht. Bei Zuwanderern verbessern sich die Zahlen.

In Mülheim fällt etwa jeder dritte Fahrschüler durch die Fahrprüfung, sowohl bei Theorie als auch in der Praxis. Die Zahlen sind – wie die Tabelle zeigt – in den letzten drei Jahren prozentual kontinuierlich gestiegen. Dabei ist die stärkste Zunahme bei den praktischen Prüfungen zu erkennen: Fiel 2015 mit 26,8 Prozent gut jeder vierte durch die Fahrprüfung, so war es im Jahr 2017 mit 32,5 Prozent schon fast jeder dritte Fahrschüler.

Wie Bürgeramtsleiter Reinhard Kleibrink, auch zuständig fürs Führerscheinwesen, den Politikern im Ausschuss für Bürgerangelegenheiten, Sicherheit und Ordnung (BSO) darlegte, stammen die Zahlen vom Tüv Nord in Duisburg und bestätigen einen Bundestrend, welcher Anlass für die MBI-Anfrage war. Die MBI wollten auch wissen, wie weit Zuwanderer an den hohen Durchfallquoten beteiligt sind.

Theoretische Fahrprüfung in zwölf Fremdsprachen

Kleibrink informierte darüber, dass die Umschreibung ausländischer Führerscheine aus nicht EU-Ländern wie Syrien, Russland, Türkei oder China gesondert erfasst werden. Wer aus solchen Drittländern mit einem Führerschein aus der alten Heimat nach Deutschland kommt, „der darf ein halbes Jahr legal ohne eine Befähigungsprüfung fahren“, so der Amtsleiter. Nach 185 Tagen kann der Führerschein auf ein deutsches Dokument „umgeschrieben“ werden, aber nur, wenn die praktische und die theoretische Prüfung bestanden wurden. Ohne diese darf man mit dem ausländischen Führerschein nicht mehr weiterfahren, so Kleibrink: „Wer es trotzdem tut, der begeht eine strafbare Handlung.“

Dass die Durchfallquote bei ausländischen Fahrerlaubnis-Prüfungen hoch sei, liege wohl an Sprachschwierigkeiten, die viele Zuwanderer noch hätten, vermutet Kleibrink. Die Theorieprüfung kann hierzulande, außer auf Deutsch, nach dem Gesetz in zwölf Fremdsprachen absolviert werden. 2017 wählten in Mülheim bei theoretischen Prüfungen in einer Fremdsprache 64 Prozent Hocharabisch. Das ist seit Ende 2016 möglich und für Kleibrink ein sicherer Hinweis dafür, dass die hohen Durchfallquoten nun einen positiven Trend zeigen: Waren 2015 noch 32,5 Prozent der Ausländer bei der Theorie durchgefallen, so waren es im vergangenen Jahr mit 27,3 Prozent weniger als bei den Fahranfängern mit 35,1 % Durchfallquote. Die Einführung von Hocharabisch habe den gewünschten Effekt gezeigt.

Fahrende Zeitbomben

Verbesserungen gibt es auch bei der praktischen Prüfung von Anwärtern, die ihre Fahrerlaubnis aus dem Ausland mitgebracht haben. Dennoch ist die Durchfallquote weiterhin sehr hoch, wenn sie sich in den vergangenen drei Jahren auch von 48,8% in 2015 auf 38,2 % in 2017 verbessert hat. Den Grund dafür sieht Reinhard Kleibrink in den völlig anderen Verkehrsbedingungen, die es in vielen Nicht-EU-Ländern gebe. Kleibrink spricht in Einzelfällen gar von „fahrenden Zeitbomben“, weil Zuwanderer aus Ländern mit sparsamer Infrastruktur mit ihrem alten Führerschein ein halbes Jahr hier fahren dürften. Theoretisch fahren jedenfalls, denn viele dürften sich gar keinen Wagen leisten können, bevor sie nicht in den Arbeitsmarkt integriert seien.

Fahrlehrer verweisen auf höhere Anforderungen im Verkehr 

Dass sich Auto-Anfänger bei der Prüfung zunehmend schwer tun, besonders im praktischen Teil, beobachtet auch der Mülheimer Fahrlehrer Ulrich Feldkamp. Er selber unterrichtet seit 38 Jahren und sagt: „In der Schule lernen die Jugendlichen anders als früher, und das meine ich überhaupt nicht negativ. Dort zählt reine Theorie. Aber für den Führerschein müssen sie den theoretischen Unterricht mit der Praxis verknüpfen können.“ Manche wüssten nach etlichen Fahrstunden noch nicht, was rechts vor links bedeutet.

Hinzu kämen: fragwürdige Vorbilder. „Sie sehen ja bei ihren Eltern und Freunden, dass es nicht so schlimm ist, mal eine rote Ampel zu überfahren. Und viele versuchen, diese lässige Art dann auch in der Prüfung durchzusetzen.“

Prüfung, wenn das Geld ausgeht

Verglichen mit früheren Jahrzehnten sei der Weg zum Führerschein auch wesentlich langwieriger und teurer geworden: „Der Verkehr stellt ganz andere Anforderungen“, erklärt Ulrich Feldkamp.“ Viele wollten aber unbedingt die Prüfung ablegen, wenn ihr persönliches Budget verbraucht ist.

Dass heute in der Regel viel mehr Fahrstunden nötig werden, längst nicht nur in Mülheim, sondern deutschlandweit, bestätigt Volker Freigang, stellvertretender Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Nordrhein. Das Verkehrsaufkommen sei insbesondere in den Ballungsgebieten stark gestiegen.

Von Eltern herumkutschiert

Die Fahrschüler brächten aber auch andere Voraussetzungen mit als noch vor 20 Jahren, sie bewegen sich im Alltag seltener zu Fuß oder mit dem Fahrrad, sagt Volker Freigang: „Jugendliche werden von ihren Eltern herumkutschiert, steigen ins Auto ein, beschäftigen sich mit ihren Smartphones und gucken oft erst hoch, wenn sie angekommen sind.“

>>> EU-FÜHRERSCHEIN MUSS NICHT UMGESCHRIEBEN WERDEN

Die theoretische Führerscheinprüfung umfasst ca. 2300 Fragen und wurde im vergangenen Jahr in Mülheim in diesen Fremdsprachen abgelegt: Hocharabisch (64%), Russisch, Türkisch (je 8%), Englisch (7%), Polnisch, Rumänisch (je 3%), Französisch, Kroatisch (je 2%), Spanisch, Portugiesisch, Italienisch (je 1%), Griechisch (0).

Wer eine mündliche Theorieprüfung machen möchte, muss dies in deutscher Sprache tun.

Führerscheine aus EU-Ländern müssen nicht umgeschrieben werden. Auch nicht Führerscheine aus Nicht-EU-Ländern, mit denen es ein bilaterales Abkommen gibt, wie etwa mit der Schweiz oder Norwegen.