Mülheim. Ein teurer Durchlauferhitzer überlebt den Stromausfall nicht. Ein Mülheimer Ehepaar fordert Schadenersatz. Doch die Firma Westnetz lehnt ab.
Auf der Schippersheide in Mülheim-Dümpten hat es vor knapp zwei Wochen geknallt. So schildert es jedenfalls Renate Krämer (* Name geändert). Am Freitagabend, 9. September, besagter Knall, „und am nächsten Morgen gab es im Badezimmer nur noch kaltes Wasser“. Am Küchenherd war die Zeitschaltuhr erloschen, ein Rollo streikte. Auch in der Nachbarschaft: teils gar kein Strom mehr, teils Schwierigkeiten mit PC oder Fernsehen.
Die Mülheimerin und ihr Mann gehen fest von einem Stromausfall aus. Getroffen habe es ihren Durchlauferhitzer im Bad, den sie vor vier Jahren gekauft haben – „ein ziemlich teures Gerät“. Der rasch herbei gerufene Installateur habe es für irreparabel erklärt und ein neues Modell eingebaut. Krämers erwarten jetzt eine Rechnung um die 600 Euro und finden, dass Westnetz für den Schaden aufkommen müsse.
Stromausfall in Mülheim: Westnetz sieht sich nicht für Schaden verantwortlich
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Ihr Sohn meldete sich per Mail beim Netzbetreiber, wenige Tage später kommt die Antwort. Westnetz sieht sich nicht für den Schaden verantwortlich, doch die Familie sieht dies anders. Tatsächlich ist es für Stromkunden gar nicht leicht, mögliche Ansprüche durchzusetzen, das gilt nicht nur im Fall der Krämers.
Dabei hat es den Stromausfall in Dümpten in besagter Nacht zweifelsfrei gegeben. Facebook-Nutzer berichteten davon, etwa auch in der Siedlung Randenbergfeld. Eine Westnetz-Sprecherin bestätigt, dass es am 10. September von 4 bis 6 Uhr zu einem Stromausfall in Teilen von Mülheim-Dümpten kam. „Ursache war eine defekte Muffe (Verbindungsstück).“ Für Kundinnen und Kunden, die nach einer Störung einen Schaden feststellen, verweist der Netzbetreiber auf ein umfangreiches Meldeformular auf seiner Website.
Verbraucherberaterin erklärt, wann der Netzbetreiber haftet
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Um die Rechtslage besser zu verstehen, hilft eine Nachfrage bei der Verbraucherzentrale. Wer haftet, wenn aufgrund eines Stromausfalls zu Hause elektrische Geräte kaputtgehen, Lebensmittel verderben oder andere Dinge beschädigt werden? „Wenn Frequenzschwankungen auftreten, ist zunächst einmal der Netzbetreiber dafür verantwortlich“, erklärt Gudrun Schäfer, Beraterin bei der Verbraucherzentrale Mülheim.
Geregelt ist das Ganze in § 18 der Niederspannungsanschlussverordnung (NAV). Dort geht es um die Haftung des Netzbetreibers bei Störungen der Stromversorgung. Die Verbraucherberaterin fasst die Rechtslage so zusammen: Falls der Sachschaden durch den Netzbetreiber verschuldet wurde (Vorsatz oder Fahrlässigkeit), muss dieser haften. Verschulden bei Stromausfällen wird zunächst grundsätzlich vermutet. Der Netzbetreiber muss dies widerlegen, muss nachweisen, dass er alles getan hat, um den Stromausfall zu verhindern.
Es gibt aber Einschränkungen: Wenn der Schaden nicht vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig verursacht wurde, reicht die Haftung nur bis zu einer Höhe von 5000 Euro. Sachschäden unter 30 Euro werden gar nicht erstattet. Eventuell gebe es noch die Möglichkeit, auf das Produkthaftungsgesetz auszuweichen, ergänzt die Mülheimer Verbraucherberaterin Gudrun Schäfer, „dort gilt dann aber eine Selbstbeteiligung bis 500 Euro“.
Wichtig: Schaden sofort melden und gut dokumentieren
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Entscheidend ist, dies steht auch in der NAV: Der Schaden muss dem Netzbetreiber „unverzüglich“ angezeigt werden. „Man sollte den Schaden sofort melden“, rät Schäfer. Verbraucherinnen und Verbraucher können meist nicht beurteilen, aus welchem Grund es zu den Spannungsschwankungen gekommen ist. „Wichtig ist, den Schaden zu dokumentieren, gegebenenfalls mit Fotos, Zeugenberichten oder Aussagen von Nachbarn, falls es dort zu ähnlichen Problemen gekommen ist.“ Eine andere Möglichkeit, den Schaden ersetzt zu bekommen, könnte die Hausratversicherung sein. „Manchmal finden sich auch Stromausfallversicherungen in den Energielieferverträgen. Man könnte sich schlaumachen, ob es im eigenen Vertrag so etwas gibt.“
Keine Haftung für kaputten Durchlauferhitzer
Zurück zum kaputten Durchlauferhitzer in Dümpten: Gegenüber Familie Krämer bedauert Westnetz die Störungen und den Schaden, erklärt aber schriftlich, am Abend des 9. September sei an der Lieferstelle Schipperheide „keine Unregelmäßigkeit in der öffentlichen Stromversorgung aufgetreten“. Am 10. September habe es „nach einem Kanalfehler im Mittelspannungsnetz in Mülheim“ einen Stromausfall gegeben, von der auch die Anlage der Krämers betroffen war. Westnetz habe das Problem so schnell wie möglich behoben, aber nicht verschuldet. Daher: keine Haftung.
Verbraucherberaterin Gudrun Schäfer räumt ein: „In diesem Bereich ist vieles noch nicht eindeutig geregelt.“ Es lohne sich jedoch immer, an den Netzbetreiber heranzutreten. „Und dann muss man sehen, wie weit man geht, um seine Rechte durchzusetzen.“
Einen gewissen Überblick über die Häufigkeit von Stromausfällen hat die Bundesnetzagentur, obwohl sie diese Daten nicht systematisch erhebt. Bei einer freiwilligen Befragung der Unternehmen 2020 habe man jedoch „keine Auffälligkeiten bei der zeitlichen Entwicklung der Anzahl kurzschlussartiger Fehler“ festgestellt, teilt ein Sprecher der Bundesnetzagentur mit. 2020 gab es in Mülheim insgesamt rund 120 Stromausfälle, aus verschiedensten Gründen. Durchschnittlich war jeder Mülheimer Bürger 9,53 Minuten ohne Strom, deutlich unter dem Bundesschnitt von über 12 Minuten. Neuere Daten hat auch Westnetz noch nicht veröffentlicht. Eine Sprecherin sagt aber, Stromausfälle seien in diesem oder im Vorjahr nicht häufiger geworden. „Alles bewegt sich im normalen Rahmen.“