Mülheim. Das Geschäft mit Erdbeeren ist deutlich schwieriger geworden. Preis- und Lohndruck machen den Anbau weniger rentabel. Ein Landwirt berichtet.

In den vergangenen Monaten geisterten Nachrichten und Bilder durch die Medien, in denen es um die Vernichtung ganzer Erdbeerfelder ging – die freiwillige Vernichtung von prall mit Früchten gefüllten Erdbeerfeldern durch die Bauern, die sie dort angebaut haben. Warum pflügten diese Bauern ihre Feldfrüchte unter, statt sie zu ernten und zu verkaufen? Wieso wurden viele Erdbeer-Bauern damit zitiert, dass sie nie wieder Erdbeeren anbauen wollen?

Es gibt wohl wenige Menschen, die sich so gut mit den süßen, roten Früchten auskennen, wie Alfons Hülskemper. Der 61-jährige Landwirt entstammt gleich zwei Bauern-Familien, denn sowohl die Eltern seiner Mutter als auch die seines Vaters waren Landwirte. Sein Vater bot ab den 60er-Jahren als einer der ersten Erdbeeren zum Selberpflücken an und hatte damit sehr großen Erfolg. „Da standen an manchen Wochenenden 300, 400 Autos von Kunden am Feld.“

Mülheimer Erdbeerbauer beklagt Preiskampf der Supermärkte

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Hülskemper führt diese Familientradition unter anderem an der Mintarder Straße im Ruhrtal fort. Seit 1989 baut er auf einer Fläche von vier Hektar Spargel, Himbeeren und eben auch Erdbeeren an. „Bis ungefähr 2010 lief das mit dem Selbstpflücken sehr gut“, erinnert er sich. Die Kundinnen und Kunden kamen oft mit der ganzen Familie und pflückten ihre Erdbeeren selbst. „Ab dann ließ das stark nach.“

Ein Grund dafür seien vor allem die Angebote der Supermärkte und Discounter gewesen. Das steigerte den Preisdruck. Dieser Druck wird durch den steigenden Mindestlohn noch zusätzlich erhöht. „Im Juli lag der Mindestlohn bei 9,80 Euro, im August sind es 10,45 Euro und ab Oktober werden es zwölf Euro sein“, erläutert Alfons Hülskemper. „Der Kostendruck durch die Löhne ist definitiv da.“

Landwirt Alfons Hülskemper führt seinen Familienbetrieb unter anderem an der Mintarder Straße im Ruhrtal.
Landwirt Alfons Hülskemper führt seinen Familienbetrieb unter anderem an der Mintarder Straße im Ruhrtal. © www.blossey.eu | Hans Blossey

Die Supermärkte und Discounter spielen im Geschäft mit den roten Früchten eine große Rolle, betont der Erdbeer-Bauer. „Wenn man die beliefern möchte, dann gelingt das wirtschaftlich nur mit besten Pflanz-Anlagen und leistungsfähigem Personal.“ Auch das Erdbeer-Geschäft folge damit dem allgemeinen Trend. „Die Zahl der Betriebe wird immer kleiner und alles wird immer professioneller.“

Erdbeeren werden unnatürlich früh reif

Wie aber kam es nun zum Unterpflügen reifer Erdbeeren und der Abkehr vieler Bauern vom zukünftigen Anbau der Frucht? Grund ist der Klimawandel. „Wenn Sie mir vor zehn Jahren gesagt hätten, dass wir schon Mitte Mai im Freiland Erdbeeren ernten können, dann hätte ich das nicht geglaubt“, wundert sich der erfahrene Erdbeer-Bauer und Landwirt Alfons Hülskemper noch immer. Vor drei oder vier Jahren habe es erst ein einziges weiteres solches Jahr gegeben. Davor sei es immer erst Ende Mai oder auch Anfang Juni gewesen, bevor es mit der Erdbeer-Ernte losgehen konnte.

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Das unnatürlich frühe Reifen der Freiland-Erdbeeren in diesem Jahr wurde nun zum Problem, denn viele Bauern ziehen die Früchte auch in langen Folien-Tunneln, um sie früher ernten und zu höheren Preisen verkaufen zu können. Durch die vorgezogene Reifung der Früchte im Freiland fiel nun die Erntezeit aller Früchte auf denselben Zeitraum. Das ließ die Preise durch das Überangebot so stark sinken, dass es für manche Bauern schlicht nicht mehr wirtschaftlich war, Erntehelferinnen und –helfer einzusetzen. So erklären sich die Bilder der Landwirte, die eine ganze Erdbeer-Ernte unterpflügen.

Alfons Hülskemper macht sich um den Absatz seiner Mülheimer Erdbeeren keine Sorgen. „Erdbeeren sollte man in der Direktvermarktung kaufen und unsere Kunden wissen das. Wir haben viele Stammkunden.“