Mülheim. Über 3000 Zuhörer schwelgen in Erinnerungen bei der Ruhrbühne. Superstar Suzi Quatro und Sweety Glitter & The Sweethearts heizen ein. Wie war’s?
Endlich hatte das Warten ein Ende. Nach der grandiosen Premiere 2019, als Albert Hammond auf der „Ruhrbühne“ zu Gast war und diese erstmals auf der großen Müga-Wiese stand, gab es nun erneut ein Open-Air-Konzert mit Erinnerungsfaktor. Über 3000 Zuhörer hatten wegen Corona satte drei Jahre lang gewartet – auf das „Girl from Detroit City“. Nämlich die in allen Ehren gereifte und inzwischen 72 Jahre alte Suzi Quatro, die in ihrer Jugend mit frechen Rocksongs und im hautengen Leder-Fummel ihre Fans begeisterte.
Der Vergleich fiel leicht, schließlich prangte über der Band ein Foto aus der Frühzeit ihrer Karriere, als ihr Bravo-Starschnitt wohl bei nicht wenigen ihrer männlichen – mittlerweile längst ergrauten oder kahl gewordenen – Fans für wilde Träume sorgte. Die an einem lauschigen, dank leichten Windgangs nicht allzu heißen Sommerabend freilich längst schon zu nostalgischem Schwelgen verpufft sein dürften.
Vorband begeistert Mülheimer Publikum mit Cover-Songs
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Doch vor das Wiedersehen mit dem Schwarm ihrer Teenager-Tage hatte der Herr der Ruhrbühne, Jens Weber als Leiter des Eventmanagements bei der Mülheimer Stadtmarketing und Tourismus GmbH, traditionsgemäß eine mächtig abrockende Vorgruppe gestellt. Statt großer Namen, man erinnert sich etwa an „The Equals“ vor „The Sweet“ und die legendären „Rattles“ als Einheizer für Albert Hammond, gab es diesmal mit „Sweety Glitter & The Sweethearts“ jede Menge Glamour zu sehen. Traten die Braunschweiger doch in kunterbuntem 70er-Dress samt gewaltigen Plateau-Tretern und wilden Mähnen (Alice Cooper nix dagegen) den mitreißenden Beweis an, dass große Rock-Songs einfach zeitlos sind.
Dass sie ihre Show still und leise mit John Lennons „Imagine“ begannen, war ein ebenso klares wie dezentes Statement zur Weltlage. Und dann wickelten die Glam-Rocker ihr Publikum zügig um den kleinen Finger mit astrein gecoverten Songs der glorreichen Seventies – von „Fox on the run“ über „Don’t bring me down“ bis hin zu „Paranoid“ und „Ballroom Blitz“. Hitparade pur, die begeistert auch von den Jüngeren auf der großen Wiese mitgesungen wurde. Dass Sweety Glitter im opulenten Zugabenteil schließlich befand „I love Rock’n’Roll“, hatte er da mit „The Sweethearts“ längst schon überzeugend bewiesen – der lautstarke Jubel vor der Bühne hatte mehr als genug gute Gründe.
Rockige Soundgewitter mit leicht funkiger Note bei Mülheimer Konzert
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Nur wenig später hatten drei lange Jahre Warten ein Ende – die Currywurst gab’s übrigens diesmal deutlich rascher als das mit fünf Euro nicht gerade billige und dennoch reichlich fließende Bier. Großer Trommelwirbel, und dann ging „The Wild One“ mit ihrem babyblauen Bass auf die Bühne, um mit eben jenem Song in ihre eigene Hitparade zu starten. Vor großer Kulisse zweier Background-Sängerinnen und dreier Bläser, die den rockigen Soundgewittern eine latent funkige Note gaben, scherzte Suzi Quatro erst „I may be too young“, um dann den „Daytona Demon“ raushängen zu lassen.
Doch wer ihren fantastischen Auftritt vor vier Jahren in der Essener Lichtburg erlebt hatte, der wunderte sich über die vergleichsweise verhaltenen Reaktionen ihres Publikums. Begeisterung ja, aber ekstatische „Suzi, Suzi“-Rufe so gut wie nicht. Ob der immer noch satt und sauber singende „Sweet little Rock’n’Roller“ („That’s me!“, so ihr Kommentar im Finale) nach dem alten Heuler „Stumblin’ in“, bei dem Keyboarder Jess Davis höchst ordentlich Chris Norman mimte, deshalb den sonst so tierisch abgehenden Song „48 Crash“ zwar nicht versemmelte, doch ziemlich harmlos absolvierte, wer weiß?
Heiterer Sommerabend voller nostalgischer Erinnerungen
Immerhin beherrscht die rastlos über die Bühne tigernde Suzi Quatro noch die guten alten Rock-Posen – samt machomäßig gereckter Bass-Präsentation. Ja sogar Balladen kann sie, was sie allein an den Tasten mit dem ihren Eltern gewidmeten „Can I be your girl“ gefühlvoll demonstrierte. Doch am besten war sie, wenn es rockig groovte wie bei „Glycerine Queen“, als ihr Osnabrücker Saxophonist Tommy Schneller seinen großen Moment hatte. Nur über „Can the can“ schweigen wir lieber getreu ihrer ersten Zugabe „If you can’t give me love“. Aber sei’s drum – es war trotz leichter Schwächen ein heiterer Sommerabend voller nostalgischer Erinnerungen, bei dem die Zuhörer reichlich Spaß hatten.
Eine Fotogalerie zum Konzert finden Interessierte auf www.waz.de/muelheim