Mülheim. In Mülheim gibt es mehr als doppelt so viele Ausbildungsplätze wie Bewerber. Was Anreize sein können, mit Abi eine Duale Ausbildung zu machen.

Der August ist einer der klassischen Monate zum Start einer Berufsausbildung. Doch in Mülheim blieben viele Lehrstellen leer. Derzeit gibt es laut Agentur für Arbeit mehr als doppelt so viele Ausbildungsstellen wie Bewerber. Dabei unterstreicht auch der örtliche Unternehmerverband den Wert der Dualen Ausbildung. Viele Betriebe seien inzwischen bereit, in Richtung „New Work“ umzudenken und Bewerberwünschen entgegenzukommen.

Corona zeigt auch am Ausbildungsmarkt Langzeitfolgen. „Das wichtige Werkzeug des persönlichen Miteinanders war weg, Hineinschnuppern in Berufe, etwa durch Praktika, war nicht möglich“, skizziert Kerstin Einert-Pieper, Geschäftsführerin des Unternehmerverbandes Mülheimer Wirtschaft. Für den Unternehmerverband ist deutlich, dass Schülerinnen und Schüler Hemmungen haben, den Schutzraum Schule zu verlassen und sich ins Berufsleben zu wagen. „In der Umgebung Schule kennen sie sich aus. Im Unternehmen aber stehen sie vor unbekannten Erwachsenen in der neuen Umgebung Arbeitswelt“, schildert Jennifer Middelkamp, Pressesprecherin und Regionalgeschäftsführerin der Kreise Borken und Kleve im Unternehmerverband.

Mehr als zwei unbesetzte Berufsausbildungsstellen kommen auf einen Bewerber

Die aktuellen Zahlen der Mülheimer Agentur für Arbeit spiegeln diese Einschätzung wider: Ende Juli gab es in Mülheim demnach noch 539 unbesetzte Ausbildungsstellen, 82 mehr als im Vorjahr. Demgegenüber standen 208 unversorgte Bewerberinnen und Bewerber, 56 weniger als Ende Juli 2021. Damit gibt es laut Arbeitsagentur in der Ruhrstadt rein rechnerisch 2,59 unbesetzte Berufsausbildungsstellen je Bewerber.

Kerstin Einert-Pieper, Geschäftsführerin des Unternehmerverbandes Mülheimer Wirtschaft, und Wolfgang Schmitz, Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbandsgruppe.
Kerstin Einert-Pieper, Geschäftsführerin des Unternehmerverbandes Mülheimer Wirtschaft, und Wolfgang Schmitz, Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbandsgruppe. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

„Heute ist der Faktor zwei zu eins, wo es vor drei, vier Jahren noch hieß, dass die Betriebe nicht genug ausbilden. Das hat nicht nur mit Demografie zu tun“, ordnet Wolfgang Schmitz, Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbandsgruppe, ein. Viele, die die Schule verlassen, gingen an die Uni, weil sie der Dualen Ausbildung keinen Wert beimessen würden, obwohl diese gute Aufstiegsperspektiven böte, so Schmitz.

New Work mit ausgewogener Work-Life-Balance wird für Bewerber wichtiger

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Um junge Leute für die Ausbildung zu gewinnen und damit auch künftige Fachkräfte, öffneten sich immer mehr Betriebe für New Work, so Einert-Pieper: „Den Firmen ist klar, dass sie ihre Leute heute anders an sich binden müssen, und kommen den Bewerbern entgegen, etwa bei Arbeitszeiten oder Mobilität. Das Jobrad spielt bei unseren Beratungen eine große Rolle.“

Gabriele Sowa, Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit Oberhausen/Mülheim, betont, dass Schulabgänger auch noch nach dem Ausbildungsstart am 1. August oder 1. September einsteigen können.
Gabriele Sowa, Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit Oberhausen/Mülheim, betont, dass Schulabgänger auch noch nach dem Ausbildungsstart am 1. August oder 1. September einsteigen können. © FUNKE/Fotoservices | Gerd Wallhorn

Angesichts der offenen Ausbildungsstellen sagt Gabriele Sowa, Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit Oberhausen/Mülheim: „So gut wie aktuell waren die Chancen für Ausbildungssuchende noch nie. Auch nach dem Ausbildungsstart am 1. August oder 1. September ist noch alles möglich.“

Die hiesigen Unternehmen präsentieren ihre Ausbildungen in den kommenden Wochen mit dem Hashtag #NRWirtschaftBildetAus in den Sozialen Netzwerken.