Mülheim. Kann Mülheim in nur 13 Jahren klimaneutral werden? Einen konkreten Fahrplan dazu gibt es derzeit nicht. Die SPD will das ändern. Aber wie?

Es ist knapp neun Monate her, dass auch in Mülheim der Wasserstoff als „klimaneutraler“ Energielieferer plötzlich in aller Munde war: Die Ruhrbahn kündigte ihre Offensive an, ihre Busflotte in der Stadt bis 2033 auf Wasserstoff umzustellen, Siemens Energy-Vorstand Jochen Eickholt kündigte an, Wasserstoff solle „wesentlicher Baustein“ des Geschäfts werden. Doch woher soll der notwendige „grüne“ Wasserstoff kommen? Die SPD will dazu Vorschläge für die nächste Ratssitzung einbringen.

So wollen die Genossen die Verwaltung damit beauftragen, ein kommunales Standortkonzept zum Thema Wasserstoff zu erarbeiten. Und dabei Mülheimer Akteure, wie die Ruhrbahn, Siemens Energy, RWW, aber auch den Unternehmerverband, Gewerkschaften, weitere Industrie, Krankenhäuser und die HRW einzubeziehen.

Die vordringlichste Aufgabe für Mülheim: grünen Wasserstoff herstellen

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Grundsatz des Konzeptes soll es sein, eine sogenannte grüne Wasserstofferzeugung, also solche Formen, die Wasserstoff aus regenerativer Energieerzeugung herstellen, aufzubauen. Das könnte, so die SPD, im Rahmen einer später auszuweitenden Pilotstudie mit dem Anlagenbauer Siemens Energy getestet werden.

Neben der Busflotte der Ruhrbahn schlägt die SPD vor, ebenfalls die der MEG umzustellen. Doch den größeren Klimagewinn verspricht sie sich von den Nutzungen durch die Mülheimer Industrie. 2019 zumindest hatte die hiesige Industrie ähnlich viel Energie etwa aus Gas bezogen wie alle Privathaushalte in Mülheim zusammen: 865.074 Megawattstunden. Und damit die Hälfte des durch Gas gestillten Energiehungers der gesamten Stadt. Das geht aus offiziellen Daten der Stadt zum Klimaschutz hervor.

Industrie müsste ihren Energiehunger auf grünen Wasserstoff umstellen

Ihr Anteil hingegen an der regenerativen Energie? Null. Somit lag die Industrie wenig überraschend auf Platz 2 unter den größten Produzenten von Treibhausgasen: 422.211,95 Tonnen CO2 kamen hier zustande. Im Vergleich: Die privaten Haushalte produzierten 2019 rund 423.796 Tonnen, der Verkehr rund 359.366 Tonnen Treibhausgas in Mülheim.

Zwar hat die Menge an CO2 im Industriesektor zwischen 2016 und 2019 um circa 130.000 Tonnen abgenommen, doch gibt es hier weiterhin viel Potenzial zu heben. Und im Verkehr haben sich die Emissionen im selben Zeitraum nicht nur leicht erhöht, hier ist die Tonnenzahl sogar in den vergangenen 30 Jahren nahezu unverändert.

SPD: „Mülheim darf regional nicht ins Hintertreffen geraten“

Allein muss die Stadt diese Mammutaufgabe der Klimaneutralität übrigens nicht stemmen: Die SPD will eine „regionale Wasserstoffwirtschaft“ mit den Industriestandorten Essen und Duisburg anregen. Dazu seien auch Fördermittel des Landes und Bundes auszuschöpfen.

In den Nachbarstädten habe man sich schon aufgemacht und dazu die kommunalen Wirtschaftsförderungen eingebunden, meint die SPD-Fraktionsvorsitzende Margarete Wietelmann, nicht zuletzt mit Blick auf den frisch gewählten Dezernenten Felix Blasch, der sowohl die Bereiche Umwelt als auch Wirtschaftsförderung vereinbaren muss: „Daher ist es dringend geboten, hier nachzuziehen, wenn Mülheim regional nicht ins Hintertreffen geraten will.“