Mülheim. Die Regenbogenfahne scheint die katholische Kirche zu spalten. Wie schon in Mülheim-Selbeck, haben Unbekannte nun in Heißen die Flagge abgehängt.

Ein Zeichen für gelebte Toleranz und Vielfalt sollten sie werden: Deshalb hisste die Deutsche Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG) am vergangenen Samstag zwei Regenbogenflaggen an der Heißener Kirche St. Joseph, im Vorgriff auf den Valentinstag. Sie könnten jedoch eines werden für eine unsichtbare Spaltung innerhalb der katholischen Stadtgesellschaft. Denn keine 24 Stunden später hatten Unbekannte die Fahnen über Nacht verschwinden lassen.

Warum und wer die Flaggen von den Masten holte? Ohne Brisanz ist die Frage nicht. Pastor Markus Kerner bestätigt nur die Fakten: Am 12. Februar hängte sie die DPSG auf, am 13. Februar um 10.01 Uhr waren sie verschwunden. An Spekulationen über die Motive oder gar Verdächtigungen will er sich nicht beteiligen. „In der Gemeinde sind die Flaggen eher positiv aufgenommen worden“, betont der Pastor.

Pfadfinder in Mülheim sind sauer: „Es steht gegen alles, wofür wir eingestanden sind“

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Denn bereits 2021 hingen die bunten Fahnen zum Segnungsgottesdienst stolz an der Heißener Kirche – „da ist nichts passiert“, meint Kerner. Auch habe er damals im Gottesdienst darüber gesprochen. Negative Reaktion oder Widerspruch seien damals nicht festzustellen gewesen. Der Fahnenklau – war er also ein bloßer Jugendstreich?

Daran glauben die Pfadfinderinnen und Pfadfinder nicht und finden auf Facebook deutlichere Worte: „Dies macht uns traurig, wütend und steht gegen alles, wofür Pfadfinder überall auf der Welt eingestanden haben und auch immer noch einstehen: Toleranz und Weltoffenheit sowie Frieden und Menschlichkeit. Wir vom Stamm St. Joseph werden diese Werte nicht aufgeben.“

Es gab auch kritische Stimmen gegen Flagge und gleichgeschlechtliche Beziehungen

Cara Zaremba, Kuratin und im Vorstand der Pfadfinderschaft, steht voll und ganz hinter der Regenbogenflagge, „gerade den jungen Leuten bei uns ist es wichtig gewesen, dieses Zeichen für Diversität zu zeigen“. Doch es habe in der Gemeinde auch andere Stimmen gegeben und Aussagen, „das“ habe mit der katholischen Kirche nichts zu tun.

Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass Unbekannte gegen die Regenbogenfahne vorgehen: In Selbeck hatte man im vergangenen Jahr drei Flaggendiebstähle gemeldet. Pfarrer Christian Böckmann von der Kirche der Hl. Theresia von Avila ordnete die Tat ein und sah darin eine „ziemliche Aggression“. Man stellte Strafanzeige. Und hisste eine neue Flagge.

Mülheims Pfadfinder: Kirche soll für alle Menschen offen stehen

Auch die Pfadfinderinnen und Pfadfinder von St. Joseph wollen auf ihr Bekenntnis zur Vielfalt in der Kirche nicht verzichten: „Die Kirche soll für alle Menschen offen stehen, egal, was man mitbringt.“ Die Pfadfinderschaft will sich deshalb nicht beirren lassen und weiterhin auch politisch aktiv sein.

Und die Fahnen? Sie hingen schon am Sonntag wieder. Für solche Fälle sei man gut ausgestattet, meint Zaremba mit feiner Ironie – notfalls, bis jeder Flaggendieb eine bei sich zu Hause hängen habe.