Mülheim. Mülheims „Montagsspaziergänge“ gegen die Corona-Regeln waren Thema im Ausschuss. Die Stadt kündigt verstärkte Kontrollen der Maskenpflicht an.
Die „Montagsspaziergänger“ demonstrieren in Mülheim seit Wochen gegen Coronaschutzmaßnahmen: Wie Polizei und Verwaltung diese Demonstrationen bewerten, war ein Thema im Ausschuss für Bürgerangelegenheiten, Sicherheit und Ordnung (BSO).
Polizeioberrat Alexander Prim, Chef der Polizeiinspektion an der Von-Bock-Straße, leitete fünf der bisher acht Demos als Polizeiführer. Sein Eindruck: Die Gruppe sei interessiert daran, dass man sich an die Regeln halte. Versammlungsrechtlich habe es, bis auf Einzelfälle, keine Schwierigkeiten gegeben. Er sprach von einem „friedlichen Versammlungsgeschehen“. Da seit gut einer Woche neue Corona-Maßnahmen auch bei Versammlungen gelten, dürften die Corona-Verstöße künftig „differenziert betrachtet werden“ müssen. Es gilt derzeit Maskenpflicht bei Versammlungen, zudem ab 750 Teilnehmenden auch 3G.
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Polizei bekräftigt, die Mülheimer Demos mit aufmerksamer Sorge zu betrachten
Kriminaldirektor (KD) Ralf Wiehe, der Leiter des Staatsschutzes bei der Polizei Essen/Mülheim, verglich vor den Sicherheitspolitikern im Ausschuss die Mülheimer Demo und Gegendemo mit vergleichbaren Versammlungen, die sich seit Oktober bundesweit bilden: Zum Teil gehe es dort „hochemotional“ zur Sache. „Das ist in Mülheim nicht der Fall.“ 450 Teilnehmende habe es bei der angemeldeten Versammlung gegeben, dazu 100 Gegendemonstranten. Zwar seien die Mülheimer Anmelder von Kooperation geprägt, doch werde die Polizei das Geschehen weiterhin „mit aufmerksamer Sorge“ betrachten – wie auch in den Nachbarstädten Mülheim und Essen.
Man sei vor Ort ständig mit Kräften vertreten, „um sich ein Bild von der Lage zu machen.“ Wiehe bewertet die Montagsversammlungen in Mülheim als „gemäßigten Austausch verschiedener Auffassungen zu den Corona-Regeln“. Man habe keine rechte Klientel ausmachen können. Auch den Austausch in den sozialen Medien habe die Polizei im Blick. Auch dort: keine Hinweise auf ein rechtes Spektrum, so Wiehe.
Er betonte, dass die Versammlungsleitung in Mülheim bemüht sei, sich von Rechtsextremismus abzugrenzen: „Das ist nicht in allen Bundesländern der Fall.“ Den Hinweis der SPD auf die Teilnahme „stadtbekannter radikaler Rechter“ konterte Wiehe mit dem Hinweis, solche Feststellungen doch der Polizei zu melden. „Radikale und Extremisten haben wir hier nicht. Diese Probleme haben andere.“
Maskenpflicht wurde am Montag von vielen Demonstrierenden nicht eingehalten
Kein Verstoß gegen das Vermummungsverbot
Die Frage aus der Politik, ob bei der Demo gegen die Coronaregeln nicht auch gegen das Vermummungsverbot verstoßen worden sei – das ist im Versammlungsrecht so festgeschrieben – verneinte die Leiterin des Ordnungsamtes.„Wir wissen ja, wer in dem Kostüm steckt“, sagte Kerstin Kunadt. Demo-Initiator Christian Garcia Diaz tritt bei den Demonstrationen im Dino-Kostüm mit Megafon auf.
Ordnungsamtsleiterin Kerstin Kunadt teilt die Einschätzung der Polizei. Bei der Einhaltung der Coronaschutzordnung habe es am vergangenen Montag allerdings kein so positives Bild gegeben: „40 bis 50 Prozent haben sich während des Demozuges nicht an die Maskenpflicht gehalten.“ Teilweise seien Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht vorgezeigt worden, aber nicht von allen. Die Amtsleiterin kündigte an, die Einhaltung der Coronamaßnahmen in der kommenden Veranstaltung zu kontrollieren und einzufordern.
Stadtdirektor Frank Steinfort verwies auf das Versammlungsrecht als Grundrecht und die nötige Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen zur Einhaltung der Coronaschutzverordnung. „Vielleicht haben wir nicht so durchgegriffen, wie wir am nächsten Montag durchgreifen werden.“ Aber: Auch eine Versammlung sei kein rechtsfreier Raum. „Es findet ein Abwägungsprozess zwischen Ordnungsamt, Polizei und Veranstalter statt.“ Britta Stalleicken (Grüne) appellierte: „Es muss möglich sein, dass man mit Maske demonstriert und so andere schützt.“
Mülheims Oberbürgermeister bekräftigte: „Wir nehmen die Organisatoren in die Pflicht“
Oberbürgermeister Marc Buchholz, der am Ausschuss ausnahmsweise teilnahm, betonte, dass man in Mülheim eine ordnungsgemäße Demo und Gegendemo gehabt habe – anders, als anderswo. „Das Lagebild der Polizei zeigt ja, dass Meinungsvielfalt und Meinungsfreiheit in Mülheim so umsetzbar sind, dass man sich nicht Flaschen oder andere Dinge an den Kopf werfen muss.“
Der OB bekräftigte aber: „Wir nehmen die Organisatoren in die Pflicht, diese Demonstration ordnungsgemäß durchzuführen.“ Damit sprach er auch direkt die Veranstalter des „Montagsspaziergangs“ an, die auf der Besuchertribüne im Ratssaal saßen.