Mülheim/Essen. Nach dem Brandunglück an der Stadtgrenze Mülheim/Essen bekommt die Familie ein neues Zuhause. Ein junger Nachbar war nächtlicher Lebensretter.
Vom Haus der Familie K. an der Velauer Straße ist nur eine verkohlte Ruine geblieben. Drei Menschen haben den nächtlichen Brand am vergangenen Mittwoch überlebt, doch sie verloren ihren gesamten Besitz.
Glücklicherweise sind sie in der Nachbarschaft auf der Heimaterde bekannt, beliebt und gut vernetzt. So werden der 77-jährige Vater, Sohn Markus (47) und Tochter Michaela (42) jetzt von einer breiten, bewegenden Hilfsbereitschaft getragen, auch über die Mülheimer Stadtgrenzen hinaus.
Mülheimer Zeugen berichten: Junger Nachbar rettete 47-Jährigen aus brennendem Haus
In der Brandnacht selber ging es ums Überleben. Nur die Tochter konnte auf die Straße flüchten - unverletzt. Ihr 47-jähriger Bruder wurde, wie Augenzeugen berichten, von einem jungen Nachbarn aus dem brennenden Haus gerettet, noch ehe gegen 23.30 Uhr die ersten Feuerwehrleute vor Ort waren.
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Extrem kritisch gestaltete sich die Rettung des 77-jährigen Vaters. Nach einer Schilderung in der Facebook-Gruppe „Die Heimaterdler“ sei es Polizeibeamten und Nachbarn zunächst nur gelungen, gewaltsam das Schlafzimmerfenster zu öffnen. Den schon bewusstlosen Mann konnten die Helfer wegen der massiven Rauchentwicklung nicht bergen - das gelang erst der Feuerwehr. Im Feuer starben die beiden Katzen der Familie.
Vater und Sohn schwer verletzt auf der Intensivstation
Vater und Sohn lagen am Montag immer noch schwer verletzt auf der Intensivstation. Beide seien aber nicht mehr in Lebensgefahr, berichtet Dinah Walter, Nachbarin und langjährige enge Bekannte der Familie. Sie war in der Brandnacht selber vor Ort und gehört jetzt zu den Organisatoren der Hilfsaktion über die Facebook-Gruppe „Die Heimaterdler“.
Innerhalb weniger Tage sind reichlich Sach- und Kleiderspenden eingegangen. Auch die Spendendosen, die Helfer in verschiedenen Geschäften aufgestellt haben, füllen sich. Bislang seien rund 1500 Euro an Bargeld zusammengekommen, berichtet Dinah Walter.
Neue Wohnung wird gerade renoviert - Spendencontainer am Reitstall
Während die beiden Männer wohl noch länger im Krankenhaus liegen müssen, ist die Tochter vorübergehend bei einer Patentante untergekommen. Für die Familie wird schon eine neue Wohnung hergerichtet: dreieinhalb Zimmer in Winkhausen. Hier helfen enge Kontakte zum Reit- und Fahrverein Hexbachtal - Michaela K. reitet seit etlichen Jahren selber auf dem Dümptener Hof.
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Nun stellt Vereinskollegin Miriam Helmus eine Wohnung zur Verfügung: „Als wir erfahren haben, dass Michaela jetzt vor dem Nichts steht, war die Betroffenheit am Stall riesengroß“, sagt sie. „Wir sind wirklich eine Gemeinschaft.“ Die Wohnung sei fast fertig renoviert. Eine Küchenzeile sei auch schon gespendet worden. „Außerdem steht jetzt am Stall ein Überseecontainer, in dem wir gespendete Möbel lagern können“, berichtet Miriam Helmus. Was Michaela und ihre Familie nicht nehmen, könne vielleicht der Mann am Nachbarsweg gebrauchen, der nur einen Tag später sein Zuhause verlor - ebenfalls durch einen Brand.
Familie K. möchte auf jeden Fall eines Tages nach Fulerum zurück ziehen, an die alte Stelle, das haben Freunde und Bekannte erfahren. „Die Familie wohnt dort seit 200 Jahren“, sagt Nachbarin Dinah Walter. „Sie wollen ihr Haus wieder aufbauen, sobald das möglich ist.“
Vereine in Essen-Haarzopf haben ein Spendenkonto eingerichtet
Getragen wird die Mülheimer Familie, die an der Stadtgrenze zu Essen wohnt, auch von vielen Menschen in Haarzopf. Der 47-jährige Sohn gehört dem Verein Bubo an, der sich für Umweltschutz engagiert und eine eigene Streuobstwiese hat. Mit seinem E-Bike war Markus K. häufig in Haarzopf unterwegs, um ehrenamtlich Müll zu sammeln.
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Spontan haben mehrere Vereine aus Essen-Haarzopf nach dem Unglück auf der Plattform betterplace.me ein Spendenkonto eingerichtet. Zu der Kampagne gelangt man unter dem Stichwort „Hilfe für Brandopfer“ oder direkt über den Link www.betterplace.me/hilfe-fuer-brandopfer95. Montagmittag waren auf diesem Wege bereits über 4200 Euro eingegangen. Ein Optiker aus dem Stadtteil habe für Markus K. schnell, unbürokratisch und kostenlos eine neue Brille angefertigt, schreibt ein Bekannter der Familie auf Facebook: „Er wird sich sehr freuen, denn ohne Brille sieht er fast nichts!“
Zweirad Spree will „Fahrrad-Markus“ ein neues Rad schenken
Auch um ein neues Rad muss sich „Fahrrad-Markus“, wie der 47-Jährige im Viertel genannt wird, keine Sorgen machen. Die Heißener Firma Zweirad Spree schenkt ihm eins. „Wenn Markus genesen ist und wieder Rad fahren kann, bekommt er von uns ein Fahrrad“, verspricht Geschäftsführerin Tanja Symanski. „Wir kennen ihn seit vielen Jahren und haben genau das Rad, das er fährt, hier als Gebrauchtrad stehen.“
Hilfe auch von Rolli Rockers
Unterstützung für die betroffene Familie kommt auch vom Mülheimer Verein Rolli Rockers Sprösslinge.
Nachdem ein Mitglied spontan 600 Euro gespendet hatte, stockte der Verein nach Auskunft seines Vorsitzenden Bernd Nierhaus um weitere 400 Euro auf.
Die Mülheimer Wohnungsgesellschaft SWB postete am Sonntag auf Facebook: „Wir wollen helfen“. Wer aufgrund von Brandschäden „oder ähnlichen Unglücken“ keine Bleibe mehr hat, könne sich melden - „wir finden einen Weg“.
Bei Zweirad Spree steht auch eine von mehreren Spendendosen für die betroffene Familie. „Viele kommen in den Laden, um nur etwas in die Dose zu werfen“, sagt Tanja Symanski. „Die Hilfsbereitschaft ist unglaublich.“
Die Brandermittlungen der Polizei laufen noch - an der Velauer Straße wie auch am Nachbarsweg in Saarn. Wie eine Polizeisprecherin am Montag mitteilte, ist frühestens in der kommenden Woche mit Ergebnissen zu rechnen.