Mülheim. Die „Beratungsstelle Arbeit“ in Mülheim-Styrum arbeitet seit Jahresbeginn und wird offenbar dringend gebraucht. Hilfe nicht nur für Arbeitslose.

Eigentlich hätte das Projekt „Beratungsstelle Arbeit“ im Styrumer Treff schon Anfang des Jahres, spätestens jetzt im Dezember offiziell eröffnet werden sollen. Doch zum wiederholten Male musste dieser Akt verschoben werden.

Dabei hat das gemeinsame Projekt der KAB im Bistum Essen und der Kurbel aus Oberhausen, das aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert wird, seine umfangreichen Tätigkeiten schon Anfang 2021 begonnen.

Mülheimer „Beratungsstelle Arbeit“ wird offensichtlich benötigt

„Das Projekt ist toll!“, sagt Leiterin Christiane Meißler, „und man merkt, wir werden gebraucht.“ Sie verweist auf etwa 50 bis 60 sehr umfangreiche Beratungen. Etwa ein Drittel davon fand innerhalb der ersten Jahreshälfte statt, zwei Drittel dagegen in der zweiten. Es werden also merklich mehr.

Hinzu kommen wöchentlich zehn bis 20 „Kleinigkeiten“, die per Telefon, Mail oder auch per Zoom geklärt werden können. Das Projekt richtet sich an Arbeitslose, von Arbeitslosigkeit bedrohte Menschen und von ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen Betroffene, die in der Beratungsstelle kostenlosen Rat erhalten.

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Niederschwellige Begegnungsangebote wie Bewerbungstraining, theaterpädagogische Projekte zur Stärkung des Selbstwertgefühls und zum Sprechtraining oder auch Finanzworkshops und Webseminare existieren zusätzlich zur persönlichen Beratung.

Leiterin: Fast jeder Ratsuchende spricht eine andere Sprache

„Wir sind Ansprechpartner für alle, die Hilfe benötigen“, erklärt Meißler. Sie ist eine freundliche und aufgeschlossene Frau mit Sach- und Fachverstand, die aber auch gerne lacht, was ihr den Kontakt mit den Klienten sehr erleichtert. „Fast jeder, der kommt, spricht eine andere Sprache“, sagt sie. So ist sie sehr dankbar für die Dolmetscher-Unterstützung von der Kurbel, unter deren zirka 400 Mitarbeitenden viele mit Deutsch als Zweitsprache sind. „Denn Verstehen ist der erste Schritt, um helfen zu können.“

Es ist ein umfangreiches Projekt, was sich das Beratungsteam vorgenommen hat. „Ohne Corona hätten wir hier täglich den Laden voll!“, ist Meißler überzeugt. Dabei ist die Mülheimer Beratungsstelle nur eine vergleichsweise kleine, mit gerade mal anderthalb Stellen.

Kurse zu Themen wie Versicherungen, Haushaltsbuch, sparsames Einkaufen,

Zusätzlich zu Leiterin Christiane Meißler, die gleichzeitig als Koordinatorin für den Styrumer Treff fungiert, berät auch noch die von der „DenkArbeit.Ruhr“ kommende Lisa Alt, die sich hauptsächlich um Bildungsangebote kümmert: Kurse zu so wichtigen Themen wie Versicherungen, Haushaltsbuch, sparsames Einkaufen oder Überblick über die eigenen Finanzen. All das hilft schon oft enorm. Außerdem hilft die Beratungsstelle, Kontakte zu einem Fachanwalt oder einer Psychologin herzustellen.

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Leider mussten wegen Corona viele geplante Veranstaltungen und Feste ausfallen, bedauert Meißler. Erfahrungsgemäß führen gerade diese niederschwelligen Angebote zu wichtigen Kontakten, entstehen meist drei bis vier neue Beratungen aus Gespräche bei diesen lockeren Treffen.

Hilfe brauchen erschreckend viele, vor allem die, die unter ihrer Arbeitslosigkeit leiden, in Coronazeiten aber vor verschlossenen Arbeitsämtern verzweifelten. Denen half die Beratungsstelle, sich überhaupt erst mal arbeitslos zu melden. „Der Hilfe-Bedarf ist groß“, weiß Meißler.

Hilfebedarf geht weiter über Mülheim-Styrum hinaus

Und er geht weit über Styrum hinaus. Weshalb es ihr ein großes Anliegen ist, die Beratungsstelle im gesamten Mülheimer Stadtraum bekannt zu machen. Langfristig kann Christiane Meißler sich gut vorstellen, eine der vielen, in ganz Mülheim verteilten Außenstellen der Kurbel ebenfalls für Beratungstermine zu nutzen. Sie erhofft sich viel von einer örtlichen Erweiterung, denkt an eventuelle feste Einzeltage an anderen Standorten.

Was die Beratungsstelle bietet

Hilfestellung bei Anträgen (SGB I oder II, Schwerbehinderung, etc.), Mediation bei Problemen mit Sozialamt, Jobcenter und Sozialagentur (z.B. bei Sanktionen), Hilfe bei ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen (ggf. Unterstützung bei der Suche nach Rechtsanwälten).

Hilfe bei beruflicher (Neu-)Orientierung, beim Erstellen von Bewerbungsunterlagen sowie Online-Bewerbungen, Jobcoaching, Beratung zu Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten.

Allgemeine Beratung und Unterstützung bei weiterführender Hilfesuche (z.B. Schuldnerberatung, Jugendhilfe, Ärzte, Psychologen).

Beratungen sind nach Terminvereinbarung (3G-Regel) persönlich, telefonisch, per Mail oder Zoom möglich. Adresse: Styrumer Treff, Rosenkamp 3, reguläre Sprechzeiten sind montags bis donnerstags von 8.30 bis 16 Uhr, freitags von 8 bis 12 Uhr.

Die Beratungsstelle macht Weihnachtspause und ist bis zum 31. Dezember 2021 geschlossen.

Momentan machen sie und ihre Kollegin Lisa Alt auch viel so genannte „aufsuchende“ Arbeit. Gerade prekäre Arbeit stellt alle Beteiligten vor große Probleme. So wollen die Beraterinnen auch mit Flyern direkt in Betriebe gehen, damit die gesamte Belegschaft von der Beratungsstelle erfährt. Ein sehr diffiziler Bereich, bei dem Meißler aber immerhin Hilfe und ein gewisses Maß an Schutz geben kann. Sie ist voller Hoffnung, dass diese Hilfe in 2022 besser möglich sein wird als in 2021.

Christiane Meißler (links) und Lisa Alt haben zum Jahresbeginn ihre „Beratungsstelle Arbeit
Christiane Meißler (links) und Lisa Alt haben zum Jahresbeginn ihre „Beratungsstelle Arbeit" im Styrumer Treff in Mülheim gestartet. Zwischen den Jahren ist das Angebot allerdings geschlossen. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel