Mülheim. Im September noch drohte Beschäftigten der Mülheimer Werkstätten das Aus, weil kein Normalbetrieb möglich war. Doch Fliedner wurde erfinderisch.

Corona hat den Arbeitsmarkt auch für Menschen mit Behinderung verändert: Von den 700 Menschen in den sechs Mülheimer Fliedner-Werkstätten arbeitet aktuell nur rund ein Drittel vor Ort. Zumindest noch bis zum 14. Februar gelten Sondervereinbarungen, die der Betrieb mit dem Kostenträger Landschaftsverband Rheinland (LVR) getroffen hat. Mancher Betroffener bangt jedoch, ob die Sicherheit des Arbeitsplatzes danach noch gelten wird.

Denn lang ist es noch nicht her, dass der LVR überraschend drohte, die Mittel für Eingliederungsmaßnahmen und Teilhabe am Arbeitsleben zu streichen, wenn diese Arbeiten nicht im Betrieb vor Ort erbracht würden. Noch vor einem halben Jahr, als der Sommer die Infektionszahlen nicht nur in Mülheim nach unten drückte, drückte der LVR die Werkstätten in Richtung „Normalbetrieb“.

Fliedner reagierte mit zusätzlichen Konzepten

Die Fliedner-Werkstätten reagierten prompt – erst mit Verwunderung, denn „niemand kehrt derzeit zum Normalbetrieb zurück“, erklärte im September der Werkstättenleiter Daniel Möller. Dann aber mit zusätzlichen Konzepten: „Um den für alle Beschäftigten wichtigen Arbeitsalltag zu ermöglichen, unabhängig vom Arbeitsort, sind unzählige individuelle Lösungen gefunden worden“, sagt eine Sprecherin.

Diese reichten von telefonischer Betreuung, rollierender Beschäftigung, über die Entsendung von Personal in Wohnheime zur Unterstützung im Wohnsetting bis hin zur Teilnahme von Beschäftigten über digitalisierte Materialien, die über die Homepage verfügbar sind.

Die Werkstätten setzen dabei auch Kurierdienste ein, um Materialien in die Homeoffice-Stuben zu liefern oder von dort abzuholen. Das habe man schon während des Betretungsverbots im vergangenen März und April so gemacht: „Alle Beschäftigten und ihre Angehörigen werden von uns regelmäßig und zeitnah über Änderungen und Bestimmungen in den Werkstätten bezüglich der Pandemie schriftlich informiert“, so die Sprecherin. Darüber hinaus werde auch mit allen Beschäftigten, Angehörigen und gesetzlichen Betreuern immer telefonischer Kontakt aufgenommen.

Beschäftigte wünschen sich wieder einen normalen Tagesablauf

In der Nachbarstadt Essen allerdings, hatte mancher Betrieb wie die „Gesellschaft für Soziale Dienstleistungen“ im November auch vorübergehend Kündigungen ausgesprochen. Das soll aber bei den Fliedner-Werkstätten nicht drohen, die Zusammenarbeit und der Austausch mit dem LVR darüber, wie neue Bestimmungen im Rahmen der Pandemie umzusetzen seien, sei intensiv und gut, heißt es.

Eine Prognose über weitere Lockerungen könne wohl derzeit leider niemand geben, so die Sprecherin, auch für die Werkstätten nicht. „Gleichzeitig wünschen sich viele Beschäftigte einen möglichst normalen Tagesablauf und kommen nach wie vor gerne in die Betriebsstätten.“