Mülheim. Das Areal rund um Mülheims Hauptpost ist eines der Filetgrundstücke der Stadtentwicklung. Warum die Investorin noch keine Pläne präsentiert hat.

Als vorerst letzte Wasserstandsmeldung hatte die SWT Verwaltungsgesellschaft als Eigentümerin des Areals rund um die Hauptpost in Mülheims Innenstadt verkündet, wohl Mitte dieses Jahres eine Entscheidung zu präsentieren für die Planungen, was vor Ort entstehen soll. Doch die Entscheidung steht weiter aus. Aus gutem Grund.

Ende 2018 und 2019 hatte SWT zweifach in Mülheim investiert. Zunächst kaufte die Gesellschaft, die eigenes und fremdes Vermögen verwaltet, die siebengeschossigen „Twin Towers“ am Hauptbahnhof von Mülheims Immobilien-Größe Jochen Hoffmeister. Ein Jahr später erwarb SWT auch noch das Gebäude der Hauptpost mitsamt 11.050 Quadratmeter großem Grundstück ringsum, um es für neue Nutzungen zu entwickeln.

Mülheims Hauptpost schließt Ende 2023, Easy Software AG geht schon zum Jahresende

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Zwischenzeitlich ist bekannt geworden, dass der Mietvertrag für die Hauptpost Ende 2023 ausläuft. Ähnliches dürfte für die Postbank gelten. Noch dazu ist nun mit der Easy Software AG einer von drei Mietern der Twin Towers abgängig. Das Software-Unternehmen verlässt Mülheim nach 29 Jahren und verlegt seine Zentrale schon zum Jahreswechsel ins Funke Medienhaus am Jakob-Funke-Platz in Essen, um sich dort in Zeiten des mobilen Arbeitens auf 2150 Quadratmetern Bürofläche deutlich kleiner zu setzen.

Absehbar verbleiben vor Ort folglich allein die Sparda Bank und die Sozialagentur als Mieter in einem der Twin Tower. Doch Skizzen für Investitionspläne gibt es weiterhin nicht. Eine SWT-Sprecherin vertröstete diesbezüglich unlängst noch einmal: „Es verzögert sich alles, die Entscheidung ist noch nicht gefällt“, sagte sie auf Anfrage dieser Redaktion.

Schwieriger Baugrund mit verzweigten ÖPNV-Tunneln ist zu untersuchen

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In Mülheims Amt für Stadtplanung und Stadtentwicklung kennt man wohl den Hauptgrund für die Verzögerungen: Die Investorin muss für Neubau- oder Erweiterungsvorhaben Baugrunduntersuchungen vorlegen. Doch der Baugrund an dieser Stelle hat es im wahrsten Sinne des Wortes in sich: In ihm verlaufen laut Amtsleiter Felix Blasch die Tunnel für die Bahnen der Linien U18 und 102. Die Tunnelröhren verzweigen sich hier in ihre jeweiligen Richtungen gen Heißen und Oberdümpten.

Um hier ein neues Gebäude zu gründen oder etwa das Bestandsgebäude aufzustocken, sind umfangreiche statische Berechnungen nötig. Allein die Suche nach Bauakten gestaltet sich schwierig. Jedenfalls lagern diese nicht – wie sich herausstellte – in vollem Umfang bei der Stadtverwaltung. Das liegt wohl daran, dass das Postgebäude einst als Bundesgebäude errichtet worden ist. Solche Genehmigungsverfahren werden federführend von der Oberen Bauaufsicht bei der Bezirksregierung geführt.

Hauptpost-Areal soll befreit werden vom Hinterhof-Charme

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Stadtplaner Blasch jedenfalls gibt aktuell zu Protokoll, auch „noch nichts wieder gehört“ zu haben von der SWT. So war die Stadt Mülheim auch bei der Gewerbeimmobilienmesse „Expo Real“ im Oktober noch nicht mit dem Hauptpost-Areal am Markt. Die Vermarktungsbroschüre sparte das spannende Entwicklungsgebiet zwischen Hochhäusern und Einkaufszentrum Forum auf der einen und Hauptbahnhof auf der anderen Seite gänzlich aus.

Immerhin verkündeten unlängst Stadtverwaltung und Ruhrbahn, dass ein Schritt zur Öffnung des Hauptpost-Areals hin zur Eppinghofer Straße bis Mitte Mai 2024 gegangen sein soll: Zwischen Forum und Hauptbahnhof wird das 1979 errichtete, brandschutztechnisch unzureichende Durchgangsgebäude niedergelegt. Die Passage wird künftig nur mehr durch gekrümmtes Glas überdacht sein. Starten soll das sage und schreibe zehn Millionen Euro schwere Bauprojekt im Januar.

„Wohnen an der Stelle wird schwierig, es wäre eine Herausforderung“

Easy Software äußert sich zum Wegzug

Die Easy Software AG hat sich am Tag eins nach der Berichterstattung dieser Zeitung zu ihrem Umzug nach Essen geäußert. Der alte Standort im Easy Tower am Hauptbahnhof mit seiner traditionellen Büroarchitektur mit kleinen Räumen, langen Gängen und vielen Etagen werde den „kollaborativen Prozessen“ des im Aufbruch befindlichen Unternehmens nicht mehr gerecht, hieß es.

„In der modernen Arbeitswelt dienen Büros zwar nicht mehr als einziger Treffpunkt, aber umso mehr als Haupttreffpunkt. Und dieser Aufgabe müssen sie gerecht werden, ohne dass sie die Belegschaft über etliche Etagen und 100 Räume verstreuen“, so Easy-Vorstand Andreas Zipser. „Unsere Mitarbeitenden lieben die Vorteile mobiler Arbeit. Deshalb können wir es kaum erwarten, diese Mobilität auch in den neuen Büros zu ermöglichen.“

Was dahinter in Zukunft mal sichtbar sein wird, ist derweil noch völlig unklar. Die angestrebten Baugrunduntersuchungen lassen vermuten, dass SWT gerne in die Höhe bauen würde, was angesichts der Hochhäuser nebenan wohl baurechtlich nicht auf allzu große Hürden stoßen dürfte. Voraussetzung ist in jedem Fall ein neuer Bebauungsplan, allein schon deshalb, weil das Hauptpost-Areal derzeit als „Gemeinbedarfsfläche“ allein für Zwecke der ehemaligen Bundespost bestimmt ist.

Stadtplaner Blasch glaubt, dass sich vor Ort, mit Anbindung an Bahn und Radschnellweg, ein sehr guter Bürostandort entwickeln ließe. „Wohnen an der Stelle wird schwierig, es wäre eine Herausforderung“, sagt er mit Blick auf den Lärm, der vom Verkehr am Hauptbahnhof und umliegenden Straßen ausgeht.

Stadtplaner zu Mülheims Hauptpost: „Vielleicht lässt sich die Grundstruktur nachnutzen“

Blasch hofft aus Gründen der Nachhaltigkeit, dass die Investorin womöglich ein saniertes, umgebautes Gebäude der Hauptpost in ihre Planungen integriert. „Vielleicht lässt sich zumindest die Grundstruktur nachnutzen“, hofft er für die Klimabilanz des Bauprojektes.

Jetzt heißt es weiterhin: Abwarten! Blasch bringt seine Hoffnung zum Ausdruck, im Laufe des Jahres 2022 Pläne von SWT präsentiert zu bekommen. Damit es vorangeht – und das Hauptpost-Gebäude ab Ende 2023 nicht allzu lange leer steht.