Mülheim. Booster-Impfung: Ärzte merken hohes Interesse. Mehrere hundert Anfragen gab’s in nur einer Mülheimer Praxis. Über lokale Lösung wird nachgedacht.

Steigende Infektionszahlen besorgen viele Bürgerinnen und Bürger, die sich eine dritte, eine Booster-Impfung, wünschen. Der noch amtierende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat unlängst mehr Tempo bei den Auffrischungsimpfungen gefordert. Das merken in diesen Tagen vor allem die niedergelassenen Ärzte. Auch in Mülheim. „Der Druck auf die Praxen nimmt zu“, sagt Dr. Stephan von Lackum, Hausarzt und Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) in Mülheim. Zwar gibt es inzwischen genug Impfstoff, aber die Praxen haben gar nicht die personellen und auch nicht die zeitlichen Kapazitäten, um jeden Impfwunsch kurzfristig erfüllen zu können.

„Am Dienstag nach dem langen Wochenende hatte ich in meiner Speldorfer Praxis rund 400 Anfragen nach einem Impftermin“, so Hausarzt von Lackum. Er erinnert an die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko), dass zunächst alle über 70-Jährigen sechs Monate nach der zweiten Impfung ein drittes Mal geimpft werden sollten. „Das sind in Mülheim schon über 16.000 Menschen“, so von Lackum.

Der Mülheimer KV-Vorsitzende weiß natürlich um den Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz, nun allen ab 60 Jahren eine Booster-Impfung zu ermöglichen. Und auch, dass das Bundesgesundheitsministerium grundsätzlich alle, deren letzte Impfung länger als sechs Monate her ist, bald zum dritten Mal geimpft sehen will. Der Ansturm Impfwilliger auf die Praxen ist von Lackums Ansicht nach „politisch motiviert“. Doch: „Eine politische Impfempfehlung ist für uns Ärzte nicht bindend“, verweist Dr. von Lackum auf die Empfehlung der Stiko. „Darüber kann sich die Politik nicht einfach hinwegsetzen.“

Ausnahme sei allerdings die Booster-Impfung nach der Gabe des Einmal-Impfstoffs von Johnson & Johnson. Hier wünscht die Politik eine Auffrischung nach vier Wochen. Und das, so Stephan von Lackum, gehe auch einher mit der Empfehlung des Robert-Koch-Instituts (RKI), dass Johnson & Johnson-Impflinge nach vier Wochen einen Booster bekommen sollten.

Mülheimer Arzt erinnert: Stiko-Impfempfehlung nur für bestimmte Personengruppen

Bei den unter 70-Jährigen mit Vorerkrankungen, für die die aktuelle Impfempfehlung der Stiko ebenfalls (ein halbes Jahr nach der letzten Impfung) gelte, wisse man noch gar nicht, wie viele davon auf die Mülheimer Praxen zukämen, so Dr. von Lackum. Dazu gehören zum Beispiel auch Menschen mit Asthma, Diabetes, Bluthochdruck oder auch Herzschwäche, zählt der Arzt auf. Geimpft werden sollen laut Stiko zum dritten Mal auch die Bewohner von Altenheimen sowie pflegendes/medizinisches Personal und andere Mitarbeitende mit Kontakt zu Patienten und Menschen in medizinischen und in Pflege-Einrichtungen.

Dr. von Lackum appelliert daher an die Impfwilligen, die nicht unter die genannten Empfehlungen der Stiko fallen, noch um Rücksicht und Geduld, damit zunächst alle die Menschen versorgt werden könnten, für die es besonders dringlich ist.

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Die Impfungen gegen das Corona-Virus werden auch in Mülheim nicht nur in Arztpraxen (nach Terminvergabe) durchgeführt, sondern derzeit auch regelmäßig montags und mittwochs von 10 bis 18 Uhr am Diagnosezentrum (Haus 3) an der Mintarder Straße 55, auf dem ehemaligen Saarner Kirmesplatz. Dort kann man, ohne Terminvergabe, seine Erst-, Zweit- und Drittimpfungen bekommen (Biontech / Johnson & Johnson).

Die Koordinierende Corona-Impfeinheit (KoCI), die das Impfen außerhalb der niedergelassenen Arztpraxen in Mülheim plant, erwägt bereits, diese Impftage in Saarn zu erweitern. Dr. von Lackum, der die KoCI als Impfarzt berät, geht davon aus, dass es bereits ab der kommenden Woche mehr Gelegenheiten gibt, sich in Saarn im „Impfzentrum light“ ohne Termin impfen zu lassen. Über Einzelheiten dazu wird die KoCi am Freitag beraten und sich dann am Montag mit dem Krisenstab abstimmen.

Wo man sich außerhalb von Arztpraxen ohne Voranmeldung täglich impfen lassen kann, veröffentlicht die Stadtverwaltung Mülheim regelmäßig auf der Seite www.muelheim-ruhr.de. Dies sind die nächsten Termine: Freitag, 5. November, 12 bis 16 Uhr, DRK-Altentagesstätte (Bürgertreff), Prinzeß-Luise-Straße 115; Freitag, 5. November, 12 bis 18 Uhr, am Diagnosezentrum (Haus 3), Saarn, Mintarder Str. 55, (der Termin war ursprünglich am Rhein-Ruhr Zentrum geplant); Samstag, 6. November, 13 bis 20 Uhr, Galopprennbahn, Akazienallee 80.