Mülheim. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten warnt davor, dass Fachkräfte der Gastronomie in Mülheim den Rücken kehren. Was sind die Gründe?

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) warnt davor, dass Gastro-Beschäftigte in Mülheim beim Einkommen abgehängt werden. „Sie arbeiten dann, wenn andere frei haben, kommen mit ihrem Lohn aber kaum über die Runden“, sagt Martin Mura, Geschäftsführer der NGG-Region Ruhrgebiet. Köche, Servicekräfte und Hotelangestellte verdienten nach Ansicht der NGG auch in Mülheim weit unterdurchschnittlich – und könnten aus Geldsorgen ihrer Branche immer häufiger den Rücken kehren.

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Einkommensunterschiede zum Durchschnitt von mehr als 40 Prozent

Einer Analyse der Hans-Böckler-Stiftung zufolge kommen Beschäftigte aus dem nordrhein-westfälischen Gastgewerbe, die eine Vollzeitstelle haben, auf ein mittleres Monatseinkommen von aktuell nur 1.979 Euro brutto. Zum Vergleich: Branchenübergreifend liegt der Median bei Vollzeit in NRW bei 3.487 Euro.

Nach Einschätzung der Gewerkschaft dürfte sich der Einkommensunterschied auch in Mülheim auf eine vierstellige Summe belaufen. „Viele von ihnen mussten monatelang mit dem Kurzarbeitergeld auskommen, ein Teil der Beschäftigten ist noch immer darauf angewiesen. Das sind harte Einbußen bei einem ohnehin niedrigen Einkommen“, sieht Martin Mura die Gefahr, dass es in vielen Hotels, Gaststätten und Cafés schon bald nicht mehr genügend Personal geben werde.

NGG fordert Anpassung des Lohn-Niveaus und bessere Arbeitsbedingungen

An den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Nordrhein-Westfalen appelliert die NGG, die Branche über einen neuen Tarifvertrag für die Zukunft aufzustellen. Bei den für diesen Herbst geplanten Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft habe der Dehoga NRW die Chance, die Betriebe gegen den Fachkräftemangel zu wappnen.

Über tarifliche Standards müsse das Lohn-Niveau angehoben und die Arbeitsbedingungen verbessert werden. Es sei nun wichtig, „am Verhandlungstisch zu Lösungen zu kommen, damit die Beschäftigten nach dieser schwierigen Zeit endlich eine Perspektive haben“, betont Mura. Dazu gehörten armutsfeste Löhne sogar „deutlich über dem gesetzlichen Mindestlohn“ – auch wenn dieser im Bund auf zwölf Euro pro Stunde steigen sollte.

Berufsausbildung müsse sich verbessern, um Fachkräfte zu erhalten

Überdies seien viele Berufsbezeichnungen wie „Demi Chef de Cuisine“ oder „Concierge“ veraltet und führten dazu, dass Beschäftigte in einer Lohngruppe landeten, in der sie weniger verdienten, als ihnen zustehe. Auch bei der Berufsausbildung müsse mehr für die Qualität getan werden.

Nach Beobachtung der NGG kommt es immer häufiger zu sogenannten Mitgliedschaften „ohne Tarifbindung“. Dieser Trend müsse gestoppt werden, um flächendeckend nicht nur faire Arbeitsbedingungen für das Personal zu haben – sondern auch faire Wettbewerbsbedingungen für die Firmen.