Wiesbaden/Mülheim. Ein Brief aus der Sammlung des früheren Mülheimer Tengelmann-Chefs Erivan Haub wurde für 145.000 Euro versteigert. Was das Papier wertvoll macht.

Ein einmaliger Brief ist bei der Versteigerung der Briefmarkensammlung des früheren Mülheimer Tengelmann-Chefs Erivan Haub für 145.000 Euro unter den Hammer gekommen. Es handelt sich um einen Auslandsbrief, der 1861 von Hannover aus nach Chile geschickt wurde. Das Startgebot bei der Auktion am Samstag lag bei 50.000 Euro.

Der Wert des Briefes ergebe sich aus seiner Einzigartigkeit, teilte das Briefmarkenauktionshaus Heinrich Köhler in Wiesbaden mit, wo die Versteigerung stattfand. Zwei Bieter hätten sich ein Gefecht geliefert. Zuletzt sei der Brief 2013 im gleichen Auktionshaus für 76.000 Euro versteigert worden, sagte ein Sprecher.

Brief aus der Sammlung des ehemaligen Mülheimer Firmenchefs Haub auf abenteuerlicher Reise

Der sogenannte Ersttagsbrief, den der Versender am ersten Gültigkeitstag der verwendeten hannoverschen Briefmarken aufgab, gelangte den Angaben zufolge auf einer abenteuerlichen Reise bis nach Chile: Er fuhr unter anderem mit der Panama Railway von der Atlantikküste zur Pazifikküste Südamerikas und von dort weiter mit dem Schiff.

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Unter den Hammer sollte auch ein Brief des Oldenburger Kunstvereins mit den Briefmarken des Herzogtums Oldenburg von 1861, verschickt nach Zürich, kommen. Das Startgebot lag bei 20.000 Euro.

Teile der Briefmarkensammlung des früheren Tengelmann-Chefs bereits versteigert

Die Briefmarkensammlung des früheren Tengelmann-Chefs wird seit mehreren Jahren nach und nach in Wiesbaden versteigert. Ein anonymer Bieter gab etwa 2019 genau 1,26 Millionen Euro für die Briefmarke „Baden-Fehldruck 9 Kreuzer“ aus der Sammlung von Haub aus. Beim Druck der Marke aus dem Jahr 1851 wurde versehentlich zu grünem statt rosafarbenem Papier gegriffen und damit eine philatelistische Berühmtheit geschaffen.

Auch ein Briefumschlag aus dem Ostseebad Heiligendamm, adressiert an Madame Auguste Barleben in Berlin, gehört zur Briefmarkensammlung des ehemaligen Mülheimer Tengelmann-Chefs Erivan Haub, die jetzt in Wiesbaden unter den Hammer gekommen ist. Der Umschlag mit historischen Marken wurde für 30.000 Euro als Startgebot aufgerufen. Der Zuschlag erfolgte laut Auktionshaus bei 60.000 Euro.
Auch ein Briefumschlag aus dem Ostseebad Heiligendamm, adressiert an Madame Auguste Barleben in Berlin, gehört zur Briefmarkensammlung des ehemaligen Mülheimer Tengelmann-Chefs Erivan Haub, die jetzt in Wiesbaden unter den Hammer gekommen ist. Der Umschlag mit historischen Marken wurde für 30.000 Euro als Startgebot aufgerufen. Der Zuschlag erfolgte laut Auktionshaus bei 60.000 Euro. © Heinrich Köhler Auktionshaus/dpa

Der frühere Tengelmann-Chef Haub war 2018 im Alter von 85 Jahren auf seiner Ranch in seiner Wahlheimat Wyoming gestorben. Der Milliardär hatte das Unternehmen mit Sitz in Mülheim mehr als 30 Jahre geführt und Tengelmann zu einem international tätigen Handelskonzern ausgebaut. Erivan Haub hatte 1969 die Nachfolge seines verstorbenen Onkels Karl Schmitz-Scholl antreten müssen.

1867 als Kolonialwarenhandel gegründet, trieb Haub die Expansion der Firma, die er in vierter Generation führte, voran, übernahm die Supermarktkette Kaiser’s und wurde zum größten Lebensmittelhändler Deutschlands. 1972 stieg Haub mit der Kette Plus ins Discounter-Geschäft ein und beteiligte sich am US-Supermarkt-Riesen A&P, übernahm die Mehrheit an der Baumarkt-Kette Obi und stieg mit Takko ins Modegeschäft ein.

Erivan Haub im Jahre 2008 in seinem Büro. Damals erhielt der langjähriger Chef der Tengelmann-Gruppe den Ehrenring der Stadt Mülheim.
Erivan Haub im Jahre 2008 in seinem Büro. Damals erhielt der langjähriger Chef der Tengelmann-Gruppe den Ehrenring der Stadt Mülheim. © WAZ | HÖPPING, Ilja

Als Erivan Haub die Geschäftsführung im Jahr 2000 an seine drei Söhne abgab, stand das Unternehmen wirtschaftlich am Abgrund. Es folgten schmerzliche Einschnitte wie die Schließung der Mülheimer Süßwarenfabrik Wissoll, der Rückzug aus den USA, der Verkauf von Plus und der Drogeriemarktkette kd. Mit der Abgabe der Kaiser’s Tengelmann-Supermärkte Ende 2016 verabschiedete sich die Firma ganz aus dem Lebensmittelgeschäft.

Weitere Auktionen weltweit für die Versteigerung der Erivan-Sammlung geplant

Für die Versteigerung der gesamten Erivan-Sammlung sind weitere Auktionen weltweit geplant. Der Unternehmer hat nach Einschätzung von Experten im Laufe seines Lebens eine der bedeutendsten Sammlungen der vergangenen Hundert Jahre zusammengetragen.

Zu den Highlights der Auktion am Samstag gehörte auch ein Brief aus Deutschlands ältestem Seebad Heiligendamm mit einem Startgebot von 30.000 Euro. Der Zuschlag dafür erfolgte laut Auktionshaus bei 60.000 Euro. Auch neu entdeckte Funde waren dabei, darunter ein angebrannter Brief aus dem im amerikanischen Lakehurst bei der Landung explodierten Zeppelin „Hindenburg“. Der Brief wurde 1937 trotz der Beschädigungen in einer Cellophanhülle an die Empfängerin zugestellt. (dpa)