Mülheim. Erivan Haub, langjähriger Chef der Tengelmann-Gruppe, ist gestorben. Er baute das Mülheimer Unternehmen zu einem führenden Handelskonzern aus.
Erivan Haub machte sich regelmäßig einen Spaß daraus, unangemeldet und inkognito in den Filialen der Unternehmensgruppe Tengelmann aufzutauchen. Auch wenn der Konzern immer weiter wuchs, legte er Wert auf die Nähe zu seinen Mitarbeitern. Im Jahr 2000 verabschiedete sich der Patriarch in den Ruhestand. Am 6. März starb Erivan Haub im Alter von 85 Jahren auf seiner Ranch in Wyoming. In seiner Wahlheimat USA soll er auch bestattet werden.
Als die Familie Haub im September des vergangenen Jahres in Mülheim den 150. Geburtstag der Handelsgruppe feierte, fehlte der Patriarch. Die Gesundheit ließ eine Reise ins Ruhrgebiet nicht zu. Dabei hat Haub das Unternehmen 31 Jahre lang als allein geschäftsführender Gesellschafter geprägt.
Erzrivalen Kaiser’s übernommen
Es war am 24. März 1969, als der Diplom-Volkswirt über Nacht die Nachfolge seines gerade gestorbenen Onkels Karl Schmitz-Scholl antreten musste. 1867 als Kolonialwarenhandel gegründet, trieb Haub die Expansion der Firma, die er nun in vierter Generation führte, voran. Schon zwei Jahre später gelang dem Unternehmer sein größter Coup: Tengelmann übernahm den Erzrivalen, die Viersener Supermarktkette Kaiser’s, und wurde zum größten Lebensmittelhändler Deutschlands. 1972 stieg Haub ins Discounter-Geschäft ein und brachte die Kette Plus an den Start. Er beteiligte sich am US-Supermarkt-Riesen A&P, übernahm die Mehrheit an der Baumarkt-Kette Obi und stieg 1990 mit Takko sogar ins Modegeschäft ein.
Doch als der weltweite Boom im Zuge des Falls des eisernen Vorhangs zu Osteuropa und der deutschen Wiedervereinigung abebbte, wuchsen auch die Probleme in der Tengelmann-Gruppe. Der „Gemischtwarenladen“ galt als nicht mehr steuerbar. Als Erivan Haub die Geschäftsführung im Jahr 2000 an seine drei Söhne abgab, stand das Unternehmen wirtschaftlich am Abgrund. Es folgten schmerzliche Einschnitte wie die Schließung der Mülheimer Süßwarenfabrik Wissoll, der Rückzug aus den USA, der Verkauf von Plus und der Drogeriemarktkette kd. Mit der Abgabe der Kaiser’s Tengelmann-Supermärkte Ende 2016 verabschiedete sich die Firma ganz aus dem Lebensmittelgeschäft. Europa-Chef Karl-Erivan Haub setzt nun vor allem auf den Online-Boom, den Textildiscounter Kik, die Baumarktkette Obi und den Nonfood-Händler Tedi.
Bühne der Öffentlichkeit hat Haub nie gesucht
Erivan Haub beobachtete die Neuaufstellung des Unternehmens aus der Ferne. Die Bühne der Öffentlichkeit hat er nie gesucht. Ihn prägte, dass er in den 70-er Jahren als Terrorziel auf der Liste der Roten Armee Fraktion (RAF) stand.
Auch wenn etliche Marken, die er in den goldenen 70 er Jahren zu Tengelmann geholt hatte, inzwischen verschwunden sind, bleiben die Spuren, die Erivan Haub mit seinem Engagement für den Umweltschutz hinterlassen hat. Frosch und Schildkröte sowie der Slogan „Der Umwelt zuliebe“ sind bis heute Symbole des Unternehmens. Früh nahm Haub Froschschenkel, Schildkrötensuppe und phosphathaltige Waschmittel aus den Regalen und baute eine Schiene mit Bio-Produkten auf. Dafür wurde er 1990 mit dem Titel „Öko-Manager des Jahres“ geehrt.
So leise, wie er die Geschicke von Tengelmann gelenkt hatte, so leise verabschiedete sich der Unternehmer für immer. Wenige Tage, nachdem er mit seiner Frau Helga die Diamantene Hochzeit gefeiert hatte, starb Erivan Haub unerwartet. In einem seiner seltenen Interviews hat er einmal gesagt: „Ich war immer glücklich.“