Mülheim. . Mehr WM-Dekoration als bei Thomas Sass (52) gibt es nirgendwo in Mülheim. Doch bei dem Mega-Fan ist die Stimmung (noch) etwas getrübt.
Den Empfang auf Thomas Sass’ Grundstück übernimmt Jogi Löw – als Puppenversion, versteht sich. Unverwechselbar, im Gegensatz zum gesichtslosen Klinsmann. „Dabei haben beide Puppen schon so viel überstanden“, sagt der Hausherr. Selbst den Pfingststurm Ela überlebten sie, gar auf dem Garagendach – standhaft wie Thomas Sass’ Fanliebe. Kein Haus in Mülheim dürfte üppiger in Schwarz-Rot-Gold getränkt sein als seines: Gummiadler, Spielerposter, Windräder und natürlich: Flaggen.
Bei diesem Anblick scheint es unvorstellbar, dass die WM-Stimmung auf der Fanmeile Sass am Nachbarsweg in diesem Jahr etwas getrübt ist. „Es kommen einfach mehrere Sachen zusammen“, erklärt der 52-Jährige seine gemäßigte Euphorie. „Der Videobeweis nimmt die Emotionalität aus den Spielen heraus, alles wird immer mehr kommerzialisiert, die Ausrichtung in Russland hat einen Beigeschmack.“ Und dann ist da noch die Sache mit Mesut Özil und Ilkay Gündogan. . .
„Spieler müssen sich mal ihrer Vorbildfunktion klar werden“
„Vom Grundsatz her sind wir alle Menschen und wir machen Fehler“, sagt Sass. Trotzdem hätte er sich mehr Konsequenzen nach dem Foto mit dem türkischen Präsidenten Erdogan gewünscht. „Die Spieler müssen sich doch mal ihrer Vorbildfunktion klar werden.“ Ansonsten trennt Sass Politik und Sport streng. „Bei den Fahnen würde ich mir nie etwas denken.“
Die einen finden seinen üppigen Fanschmuck großartig, andere gucken skeptisch. „Wir sind halt so bekloppt und das muss man akzeptieren.“ Und die Fußballbesessenheit geht durch Familie und Freundeskreis. „Jedes Spiel gucken wir bei mir zusammen, am Wochenende sogar mit 20 bis 30 Leuten“, sagt Sass, der auch beim Vereinssport leidenschaftlich mit dabei ist. „Ich bin 16 Jahre lang zu jedem Spiel des MSV Duisburg gegangen.“
Über die Hecke in den Pool des Nachbarn gesprungen
Für die Partys in seinem WM-Quartier hat Sass ein sechs Meter großes Zelt im Hinterhof aufgebaut. Seit 2006 steigt das Rudelgucken bei ihm – und dabei kann er auf den einen oder anderen legendären Abend zurückblicken. „Nach dem 4:1-Sieg gegen England bei der WM 2010 sind wir einfach über die Hecke in den Pool meines Nachbarn gesprungen.“ Häufig geht die Party nach den Spielen auch vor dem Haus weiter, wo sich die Triumph-Hupen der Autokorsos besser genießen lassen.
Gute Zeiten also. Und mit jeder WM-Party wachsen die Berge an Innen- und Außendekoration. „Hier wird noch genäht“, sagt Sass und zeigt auf eine weitere Riesen-Flagge, die neben WM-Zwergen, Pokalen und Maskottchen auf ihre Fertigstellung wartet. „Und auch das ganze Zelt wird noch schwarz-rot-gold.“ Die richtige Stimmung kommt dann sicher auch noch. „Wenn der Ball erst mal rollt. . . “