Mülheim. Immer mehr Beschäftigte im öffentlichen Dienst sehen sich verbaler oder körperlicher Gewalt ausgesetzt. Eine Ausstellung in Mülheim rüttelt wach.
„Ich fahre dich im Bus nach Hause und du verprügelst mich?“ Diese Satz steht auf einem der Plakate, die seit Montag bis Monatsende im Mülheimer Rathaus ausgestellt sind und mit denen der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) auf die immer weiter zunehmende Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst aufmerksam machen will.
67 Prozent der Beschäftigten im öffentlichen Dienst haben in den vergangenen Jahren Beleidigungen, Bedrohungen oder sogar tätliche Angriffe erlebt. Allein die Polizei hat im vergangenen Jahr nur in NRW 18.140 Delikte gegen ihre Beamte gezählt.
Ziel des DGB: Öffentliches Bewusstsein für das Gewaltproblem schaffen
„Wir wollen dieses Thema in die Öffentlichkeit tragen“, sagt Dieter Hillebrand, DGB-Geschäftsführer für Mülheim, Essen und Oberhausen. Er weiß sehr wohl, dass ein paar Plakate an der Situation wenig bis nichts ändern werden. „Wir müssen aber das Bewusstsein dafür schaffen, dass hinter diesen angegriffenen Menschen auch Familien stecken, die auch darunter leiden“, sagt Oberbürgermeister Marc Buchholz. Daher stellte er für die Ausstellung den Bereich des Rathauses zur Verfügung, in dem die Menschen aktuell bereits ihre Stimmen für die Bundestagswahl abgeben.
Der OB ist der Meinung, dass selbst verbale Angriffe zur Anzeige gebracht werden sollten. Dreimal hat er dies in seiner Amtszeit bereits getan. In der Verwaltung sind bereits die Arbeitsplätze so umgestaltet worden, dass schwere Tassen oder Scheren nicht plötzlich zur Waffe werden können. Mit einer Software lässt sich im Fall der Fälle schnell Hilfe bis hin zur Polizei rufen.
Polizeigewerkschafter wünscht sich eigenes Dezernat
„Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind doch gar nicht geschult, mit solchen Angriffen umzugehen“, betont Heiko Müller, Vorsitzender der Polizeigewerkschaft Essen/Mülheim. Er wünscht sich ein Dezernat für den Kampf gegen Gewalt im öffentlichen Bereich.
Ahmet Avsar, Betriebsratsvorsitzender der Ruhrbahn, bedauert, dass die Situation schon so weit fortgeschritten sei, dass gewisse Dinge als gegeben hingenommen würden. „Manches hätte man vor zehn Jahren noch gemeldet“, sagt Avsar. Gerade im Zuge der Maskenpflicht sei die Hemmschwelle gegenüber Fahrerinnen und Fahrern noch einmal niedriger geworden. „Die Leute sollten sich ins Bewusstsein rufen, dass bei uns schon um 3.30 Uhr die ersten Fahrerinnen und Fahrer anfangen, während fast alle anderen noch schlafen.“
Der Mülheimer DGB-Vorsitzende Filip Fischer führt die negative Entwicklung auf den steigenden sozialen Druck in der Gesellschaft zurück. „Viele machen sich Gedanken, was mit ihnen und ihrer Zukunft passiert“, weiß Fischer. Sein Appell: „Man sollte anderen nur das sagen, was man auch abends seinen Kindern am Bett sagen kann.“