Mülheim. Was blüht Mülheimer Kunden, wenn sie sich am ersten Samenspender-Automaten versuchen? Die Macher von Mode Wichtig hatten eine fruchtbare Idee.

Na ja sicher, auch Gordon Wienkötter kann ein kurzes Auflachen nicht verbergen, wenn der Chef des Mülheimer Szene-Ladens „Mode Wichtig“ über seinen neusten Coup spricht, den Samenspender-Automaten. Bevor aber die Fantasie die Schaumweinkorken knallen lässt: Die Sache ist erheblich nüchterner als das Kopfkino. Denn besagte Samen stammen, wenn auch in Handarbeit erstellt, nicht direkt aus menschlicher „Produktion“.

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Sondern von Wildblumen und heimischen Pflanzen. Und die stecken wiederum in kleinen Kapseln eines umgerüsteten „Kaugummi-Automaten“ – gerade so, wie man ihn von ganz früher in kindlich unschuldiger Erinnerung hat – vor dem Geschäft an der Bachstraße 7. Einen Euro steckt man jeweils links und rechts in einen Schlitz, dreht mechanisch an einem „silbernen“ Knopf – und mit schnarrendem „Ratsch“ und einem „Klunck“ landet zwar kein Kaugummi, dafür aber eine Samenkapsel in dem darunter liegenden Fach.

Ansonsten handelt das Geschäft mit feinem Zwirn für die Gothic-, Schwarzkittel- und Punk-Gemeinde im Ruhrgebiet. Vor einigen Monaten aber entdeckte der 47-Jährige einen solchen Samen-Automaten in einem Gartencenter und war sofort in seine Kindheit zurückversetzt. „Wir hatten sofort Spaß daran, an dem Rad zu drehen.“

Die Samenspender-Automaten sind für Mode Wichtig zum Türöffner geworden

Der Dreh mit dem Dreh: Kindliche Faszination üben die Saatgut-Spender für viele noch immer aus wie früher die Kaugummi-Automaten.
Der Dreh mit dem Dreh: Kindliche Faszination üben die Saatgut-Spender für viele noch immer aus wie früher die Kaugummi-Automaten. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Und offenbar nicht nur er: Die Faszination hat offenkundig einige erfasst, die seinen Laden ansonsten nicht so ohne weiteres betreten hätten. „Auch ältere Leute bleiben stehen und lachen über den ,Samenspender-Automaten’“, hört Wienkötter sie von drinnen. Und manche kaufen anschließend sogar Shirts und Hosen in dem ‘finsteren’ Geschäft – für ihre Enkelinnen und Enkel.

Die Automaten sind nicht nur ein häufiger Gag und gelegentlicher Türöffner. Tatsächlich steckt auch Ernst drin. Die Kapseln werden per Handarbeit gefüllt mit – nach Angaben der Spender – ausgesuchten, regionalen Wildblumen-Samen. Wienkötter war das wichtig, tatsächlich nützliche und heimische Pflanzensaat in Umlauf zu bringen. Wer Genaueres über die Mischung wissen will, schaut auf der Website der „Garten-Piraten“ vorbei, mit denen Mode Wichtig kooperiert: www.garten-piraten.com/samenspender.

Die Wildblumen-Samen stammen aus der Region – das war den Machern wichtig

Denn Glockenblume, Kornblume, Wilde Möhre, Wiesenmargerite und viele heimische Pflanzen mehr sollen Wildbienen und Schmetterlinge unterstützen. Eine Kapsel enthält rund 4 Gramm und reicht für den Blumentopf oder einen Viertel Quadratmeter Vorgarten. Den Samen kann man übrigens auch wirklich spenden und andere Menschen damit glücklich machen, meint Wienkötter.

Der Dreh mit dem Dreh macht nicht reich, sagt der 47-Jährige, der nach 20 Jahren Geschäft in Duisburg nach Mülheim ging und sich hier angekommen fühlt. Aber dafür viel Freude. Schon tüfteln er und seine Partnerin Lara Uecker an einer weiteren Variante: Bald sollen Wildblumenzwiebeln den Kunststoff-Zylinder des Automaten füllen. Spannend bleibt, mit welchem Gag die Zwiebel an ihren Besitzer kommt – der Samenspender-Automat wird bis dahin noch ein Weilchen seine Dienste tun.