Mülheim. Das Landgericht hat den Freispruch einer Mülheimer AZ-Mitarbeiterin nun aufgehoben. Diese habe einen Beamten „geschubst“ und tätlich angegriffen.

Schlechte Nachricht für die Mitarbeiterin des Mülheimer AZ: Das Landgericht Duisburg hat ihren Freispruch des Mülheimer Amtsgerichts wegen Widerstands gegen die Polizei im vergangenen Jahr nun aufgehoben. Nach vielen Stunden der erneuten Zeugenbefragung kam das Landgericht am Montagnachmittag zu dem Urteil: Die angeklagte AZ-Mitarbeiterin habe einen Beamten „geschubst“ und damit diesen „tätlich angegriffen“.

„Geschubst“: Aussage eines Polizeipraktikanten belastet AZ-Mitarbeiterin

„Unglücklich“ nannte die Staatsanwaltschaft das Vorgehen der Polizei, die im Juni 2019 bei einem Einsatz mit äußerster Gewalt gegen die zierliche gut 1,60 große Mitarbeiterin vorging. Doch diese Festnahme sei aufgrund des Schubsers legitim gewesen. Den nun belastenden Polizei-Zeugen – einen Polizeipraktikanten – hatte die Staatsanwaltschaft jedoch überraschend erst nach dem Mülheimer Prozess und Freispruch im vergangenen Jahr als zentralen Zeugen eingebracht. Und ging damit in die Berufung.

Dieser gab an, er habe die AZ-Mitarbeiterin gar nicht nach dem Ausweis durchsuchen, sondern daran hindern wollen, in den ebenfalls gewaltsamen Zugriff auf den zweiten Mitarbeiter einzugreifen. Daraufhin habe diese ihn „geschubst“. Einen Beweis oder Zeugen konnte der Praktikant dafür nicht erbringen.

Landgericht weist widersprechende Zeugenaussage zurück

Eine widersprechende Zeugenaussage, die gesehen haben will, wie der Polizeipraktikant die AZ-Frau zu Boden geschubst habe, ließ das Gericht dennoch dabei unberücksichtigt mit der Begründung, vielleicht habe der Zeuge ja nur nicht gesehen, dass die Angeklagte zuerst geschubst habe.

Auch die Aussage des Praktikanten, den „Schubser“ habe er kaum gespürt, ändere nach Einschätzung des Landgerichts nichts daran, dass es sich um einen „tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte“ handle. Wer diesen bei einer Diensthandlung tätlich angreife, werde mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Das Gericht folgte damit allein der Aussage des Praktikanten und beschloss, die Angeklagte mit 90 Tagessätzen a 10 Euro zu verurteilen.

Verdacht der Absprache: Verteidigung hat Zweifel an der Aussage des neuen Polizei-Zeugen

Die Verteidigerin hingegen kritisierte scharf den unkritischen Umgang mit den Zeugenaussagen der Beamten, gegen die zum Teil selbst eine Strafanzeige wegen Polizeigewalt gestellt worden sei. So hatte der Polizeipraktikant in der Vernehmung freimütig eingeräumt, sich mit dem leitenden und selbst beschuldigten Beamten im Vorfeld des Revisions-Prozesses über den Fall und die bestehende „Ordnungswidrigkeit“ abgesprochen zu haben.

Im Saal löste das Urteil mehrfach ungläubiges Raunen und Tumult im Publikum aus. Die AZ-Mitarbeiterin kündigte an, gegen das Urteil Widerspruch einlegen zu wollen.