Mülheim. Die Mülheimer Feuerwehr versorgt jetzt Menschen in Eschweiler mit Trinkwasser. Erster echter Einsatz für ein deutschlandweit einmaliges System.
Während sich die Lage in Mülheim am Wochenende entspannt hat, ist die Feuerwehr in schlimmer betroffenen Regionen gefragt. Sie wurde am späten Samstagabend angefordert, um die Trinkwasserversorgung der Stadt Eschweiler zu sichern.
Mülheimer Feuerwehrleute helfen mit Spezialfahrzeugen in Eschweiler
Dort ist in Folge der Flutkatastrophe die Strom-, Wasser- und Gasversorgung ausgefallen. Am Sonntag war nach Auskunft der Feuerwehr die gesamte Eschweiler Innenstadt betroffen. Die Mülheimer Berufsfeuerwehr verfügt über ein System zur Trinkwassernotversorgung und rückte unmittelbar nach Alarmierung in die Städteregion Aachen ab.
In Eschweiler hatte das THW schon eine mobile Trinkwasseraufbereitungs- und Desinfektionsanlage in Betrieb. Mehrere provisorische Versorgungsstellen waren eingerichtet. Die Mülheimer Einsatzkräfte füllten drei Tankbehälter mit einem Gesamtvolumen von 45.000 Litern und versorgen die Bevölkerung jetzt an drei zentral gelegenen Punkten mit Wasser.
Wie lange der Einsatz dauert, ist am Sonntag noch offen
Die Feuerwehr Mülheim verfügt seit Ende 2019 über das System zur Trinkwassernotversorgung. Nach mehreren Probephasen ist dies jetzt der erste echte Einsatz für das System, das in dieser Form deutschlandweit einmalig ist. Wie lange die Mülheimer in Eschweiler gebraucht werden, ist am Sonntag noch nicht absehbar.
Mülheimer Naturbad dicht wegen des Hochwassers
Auch das Naturbad in Styrum ist vom Hochwasser betroffen – deshalb musste das Bad schließen. Erst am Mittwoch (14.7.) hatte das Naturbad nach einer dreieinhalb wöchigen Zwangspause wegen problematischer Wasserwerte wieder öffnen können. Jetzt also, nur wenige Tage später, die nächste Schließung. Ursache nun ist das Hochwasser der Ruhr – das Technikgebäude war voll gelaufen und am schlimmsten von den Auswirkungen der Wassermassen betroffen, die Wasseraufbereitung sei zurzeit komplett außer Betrieb, meldet das Team. Im Laufe des Samstags sei das Wasser im Technikhaus aber glücklicherweise zurückgegangen, freuen sich die Betreiber.
Der Rückgang des Wassers ermögliche nun, dass Fachfirmen ab Montag nach Styrum kommen können, um die Pumpen und die geflutete Elektronik zu begutachten und zu überprüfen. Erst danach könne beurteilt werden, inwieweit die Anlage beschädigt wurde und wann sie wieder in Betrieb genommen werden kann, ordnet das Naturbad-Team die Situation ein. Wann das Bad wieder öffnen kann, ist offen.
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Am Freitag trat das Wasser den Rückzug an
Am Freitagmorgen (16.7.) nach dem Hochwasser meldet die Stadtverwaltung aus dem Krisenstab eine Entspannung der Situation. Der Pegel der Ruhr sei über Nacht deutlich gesunken. Auch die gesperrten Straßen in der Innenstadt werden nach und nach wieder freigegeben. „So wie es aussieht, hat sich die Lage in allen Bereichen entspannt“, sagte Stadtsprecherin Anke van Löchtern.
Als sich das Waser zurückzieht, wird an mancher Stelle erst das Ausmaß der Zerstörung sichtbar. Auf der Schleuseninsel sind durch die Fluten Teile des asphaltierten Weges der Zufahrt Richtung Wasserbahnhof an der westlichen Seite abgesackt, Bäume sind umgestürzt, Leitungen – darunter zwei Starkstromkabel – freigelegt.
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Starkstromkabel, die das Wasserkraftwerk versorgen, waren in Gefahr
Mit Fingerspitzengefühl müssen Feuerwehrleute eine umgestürzte Linde entfernen, die genau auf den Starkstromkabeln liegt. Würde diese Stromleitung beschädigt, erklärt Stadtsprecher Volker Wiebels, könnte das Wasserkraftwerk ausfallen, das genau durch diese Kabel mit Energie versorgt wird. Fiele das Wasserkraftwerk aus, würden die Schleusen stillstehen und die Wassermassen würden sich davor stauen. Um das zu vermeiden, habe die Feuerwehr ein Ersatzstromkabel zum Wehr gelegt, verdeutlicht Wiebels. Die Gefahr auf der Schleuseninsel scheint gebannt.
Am Freitagabend meldet die Stadt, dass sowohl Ruhrpromenade als auch Hafenbecken und der Zugang zum Ruhrkristall wieder zugänglich seien. Andere Strecken aber, wie etwa die Mintarder Straße, müssen noch gesperrt bleiben.
Allerdings ist noch nicht überall der Strom wieder da. Mintard etwa ist am Freitagmorgen noch stromlos. Dort mussten am Vorabend 15 Menschen und sechs Katzen per Schlauchboot aus ihren Häusern gerettet werden: Sie waren von den Wassermassen eingeschlossen worden. Der sonst so harmlose Alpenbach wurde zum Strom, setzte einige Häuser in der Straße Durch die Aue unter Wasser.
Der Saarner Damm an der Mintarder Straße hat die Wassermassen gehalten, er wird derzeit nur noch im vorderen Teil in Richtung Saarn von der Feuerwehr überwacht. Daher ist die Mintarder Straße noch gesperrt. Doch auch diese Sperrung soll im Laufe des Tages abgebaut werden.
Der Pegel an der Mülheimer Schloßbrücke ist am Freitagmorgen gefallen
Der Ruhrpegel an der Schloßbrücke in der Innenstadt maß am Donnerstagabend um 20 Uhr 35,20 Meter über Normalnull (NN), sagte Stadtsprecherin Anke van Löchtern; am Freitagmorgen lag er bei 34,40 Meter. In der Stadtmitte ist die Schollenstraße am Morgen wieder freigegeben worden. Auch in Richtung Delle seien die Straßen wieder frei. Die Tiefgarage an der Schloßstraße ist schon wieder frei, die beiden Tiefgaragen am Rathausmarkt und an der Stadthalle sollen ab Montag wieder benutzbar sein.
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Die evakuierten Mintarder Bürgerinnen und Bürger seien wohl bei Freunden und Nachbarn untergekommen, so Stadtsprecherin Anke van Löchtern. Die Stadt habe Notunterkünfte, etwa die ehemaligen Flüchtlingsunterkünfte in Saarn, bereitgestellt. Aber auch die SWB hat ihre Hilfe angeboten und stellt leerstehenden Wohnungen und die Gästewohnungen am Hans-Böckler-Platz als Bleibe auf Zeit zur Verfügung für jene, die aufgrund des Unwetters derzeit keine Wohnung haben (Kontakt: 0208 45002-115).
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Stadt Mülheim und SWB haben Notunterkünfte bereitgestellt
Das Rathaus ist am Freitagmorgen erreichbar. Stromlos ist aber noch das Gesundheitsamt, so van Löchtern, dort ist derzeit noch niemand zu erreichen. Das Sozialamt im alten Thyssen-Schachtbau-Gelände hat auch noch keinen Strom. Die Mitarbeitenden dort sind auf andere Gebäude verteilt worden, Notdienste sind eingerichtet. Für den Bereich des SGB II stehen die Dienststellen Eppinghofer Straße 50 und Styrum zur Verfügung. Für den Bereich Asylbewerberleistungen und Grundsicherung im Alter wird ein Notdienst ebenfalls dort eingerichtet. Der Kommunale Soziale Dienst (KSD) ist für den Bereich der Innenstadt über seine Außenstellen erreichbar.
Mit rund 300 ehrenamtlichen sowie hauptamtlichen Einsatzkräften wurden am Donnerstag von der Mülheimer Feuerwehr fast 100 Hochwasser-Einsätze gefahren. Dazu kamen 162 Rettungsdienst- und Krankentransporteinsätze. Die Schwerpunkte der Einsätze lagen in der Räumung von Häusern und Einrichtungen, bei der Sicherung von Gebäuden gegen eine Überflutung und bei der Eindeichung von gefährdeten Bereichen mit Sandsäcken. Die Feuerwehr wurde und wird vom THW, den Hilfsorganisationen und auswärtigen Feuerwehren unterstützt.