Mülheim. Spuren jüdischen Lebens in Mülheim lassen sich zurückverfolgen bis ins Jahr 1620. Hier fassen wir wir die wechselhafte Geschichte zusammen.

Jüdisches Leben ist in Mülheim seit Jahrhunderten tief verwurzelt. Nach dem unfassbaren Leid und dem Holocaust während des Nationalsozialismus etablierte sich die Jüdische Gemeinde nach dem Zweiten Weltkrieg neu. Ein geschichtlicher Überblick.

1620: Erste urkundliche Erwähnung jüdischer Mülheimer, die eine Schutzsteuer zahlen müssen.

1750: Errichtung des Jüdischen Friedhofs an der Gracht

1870: Erste Synagoge an der heutigen Friedrich-Ebert-Straße

1907 wird am Viktoriaplatz in Mülheim eine neue Synagoge eingeweiht

1907: Zweite Synagoge am Viktoriaplatz/heute Synagogenplatz

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1918-1933: Die Jüdische Gemeinde zählt rund 650 Mitglieder und hat ein eigenes Gemeindehaus an der Löhstraße. Außerdem gibt es einen christlich-jüdischen Fahrradclub.

1933: Der Stadtrat schließt jüdische Unternehmen von städtischen Aufträgen aus. Außerdem werden jüdische Beamte aus dem Dienst entlassen und jüdische Geschäfte mit einem Boykott belegt.

1934 nimmt Mülheims Jüdische Gemeinde Abschied von Menschen, die ins Exil gehen

1934: Im Gemeindehaus finden die ersten Abschiedsfeiern für Gemeindemitglieder statt, die ins Exil gehen.

1935: Mit den Nürnberger Rassegesetzen werden christlich-jüdische Ehen und Liebesbeziehungen verboten. Immer mehr Vereine schließen ihre jüdischen Mitglieder aus.

1936: Jüdische Schüler werden vom Unterricht an öffentlichen Schulen ausgeschlossen. Auch werden die jüdischen Kaufhausinhaber Tietz und Alsberg im Rahmen der sogenannten Arisierung enteignet.

Die brennende Mülheimer Synagoge am 9. November 1938.
Die brennende Mülheimer Synagoge am 9. November 1938. © Stadtarchiv | Stadtarchiv Mülheim

1938: Die an die Stadtsparkasse zwangsverkaufte Synagoge am Viktoriaplatz wird auf unter Leitung des Feuerwehrchefs Alfred Freter in der Reichspogromnacht niedergebrannt. Jüdische Geschäfte und Wohnungen werden verwüstet. Polnische Gemeindemitglieder werden nach Polen ausgewiesen.

1941: Jüdische Bürger müssen einen „Judenstern tragen. Sie werden in „Judenhäusern“ interniert und von dort aus mit Unterstützung der Polizei und der Reichsbahn in die Vernichtungslager deportiert.

Bis Kriegsende 1945 werden 270 Mülheimer Juden von den Nazis ermordet

1945: Bis Kriegsende werden 270 jüdische Mülheimer im Rahmen des Holocaust ermordet

1960: 80 Mitglieder gründen die Jüdische Gemeinde neu und treffen sich in einem Betsaal an der Kampstraße.

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1965: Gründung einer Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit.

1979: Gerhard Bennertz beginnt mit der Aufarbeitung der Jüdischen Geschichte Mülheims.

1983: Erstmals besuchen ehemalige jüdische Mitbürger, die 1933 ins Exil gegangen waren, ihre alte Heimatstadt.

Jüdische Gemeinde erlebt in der 90er-Jahren einen Mitglieder-Boom durch Zuwanderung

1990: Mit der jüdischen Einwanderung aus der Sowjetunion steigt die Mitgliederzahl der Jüdischen Gemeinde von 100 auf mehr als 2500 an.

1999: Die Stadt Mülheim unterstützt den Neubau des Jüdischen Gemeindezentrums in Duisburg.

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2009: Der Viktoriaplatz wird in Platz der ehemaligen Synagoge umbenannt.

2020: Die Stadt ernennt den langjährigen Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde, Jacques Marx, zu ihrem Ehrenbürger.